Bitcoin: gute Absicherung gegen geldpolitisches Dilemma

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Die jüngsten Verbraucherpreisindexdaten aus den USA legen die Vermutung nahe, dass die US-Notenbank (FED) die Zinssätze weiter anheben wird. Dies dürfte aufgrund der zunehmenden Zinssensitivität von Bitcoin den Kurs weiter belasten. Worauf muss sich der Markt einstellen und welche Faktoren sollten Bitcoin-Anleger im Blick behalten? Der aktuelle Marktkommentar von James Butterfill, Head of Research bei CoinShares

Bitcoin: Ölpreis, FED und Luna
Der aktuelle Ölpreis sowie die damit einhergehende Rezessionsgefahr sprechen aktuell für einen begrenzen Zins-Spielraum für die FED. Zudem dürften die aktuellen Zinserwartungen bereits im aktuellen Bitcoin-Kurs eingepreist sein. Infolge der Luna- und UST-Stablecoin-Krise ist zudem der Druck auf digitale Vermögenswerte weiter gestiegen. Der Wert, der im Terra-Ökosystem vernichtet wurde, war zwar beträchtlich (über 40 Mrd. USD), aber nicht systemisch für den gesamten Kryptowährungs-Markt, da dieser weniger als 2% des Stablecoin-Marktes repräsentierte.

Korrelation von Bitcoin mit Gold hat abgenommen
Bitcoin weist heute eine deutlich erkennbare umgekehrte Korrelation zum USD auf. Dies ist aufgrund seiner aufkommenden Wertaufbewahrungseigenschaften sinnvoll, macht ihn aber auch extrem empfindlich gegenüber Zinsbewegungen. Der Bitcoin-Kursrückgang der letzten sechs Monate lässt sich im Großen und Ganzen als direkte Folge der zunehmend restriktiven Rhetorik der US-Notenbank erklären. Die Erklärungen des Offenmarktausschusses (Federal Open Markets Committee, FOMC) sind ein guter Indikator dafür, und wir können einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Erklärungen des FOMC und der Bitcoin-Kursentwicklung feststellen. Dahingegend hat die Korrelation von Bitcoin mit Gold abgenommen. Die Korrelation mit Aktien, insbesondere zinssensiblen Aktien wie Wachstumswerten ist dahingegen deutlich gestiegen. In gewisser Weise ist dies eine korrekte Interpretation durch den Markt, da zinslose Vermögenswerte durch Zinserhöhungen belastet werden.

Den Ölpreis im Blick
Dennoch sollten wir uns davon nicht dazu verleiten lassen, Bitcoin nur als Wachstumswert zu betrachten. Bitcoin ist sowohl ein Wachstumswert als auch ein aufstrebendes Wertaufbewahrungsmittel, das durch sein vorhersehbares und begrenztes Angebot definiert ist, weshalb sich seine Korrelation zu Aktien wahrscheinlich verringern dürfte. Für die Investoren von Bitcoin besteht die größte Herausforderung darin, festzustellen, wie nachhaltig die USD-Stärke sein wird. Man könnte argumentieren, dass ein Großteil der Markterwartungen in Bezug auf US-Zinserhöhungen bereits vollständig eingepreist ist. Einige Wirtschaftsdaten, wie das Lohnwachstum und die Einkaufsmanagerindizes, beginnen sich zu überschlagen, aber der vielleicht besorgniserregendste Indikator liegt im Einfluss des Ölpreises auf die USA und die Weltwirtschaft.

In der Vergangenheit folgten auf einen starken Anstieg der Ölnachfrage fast immer wirtschaftliche Rezessionen in den Vereinigten Staaten. So gesehen bei den großen Ölkrisen wie der Jom Kippur Krieg 1973, die iranische Revolution 1978-79, der erste Irak-Krieg 1990 und die Terroranschläge vom 11. September 2001.

Der Preis für die Inflationsbekämpfung
Die bisherige Zurückhaltung der FED in Bezug auf die Inflation zeigt sich heute in einer ungleich aggressiveren Vorgehensweise. Dies geschieht zu einem unglücklichen Zeitpunkt, da das Wachstum der Staatsverschuldung von 30% des BIP auf heute über 100% den politischen Spielraum, den die FED in den 1980er Jahren zur Inflationsbekämpfung hatte, stark eingeschränkt hat. Der Anstieg der Verbraucherpreise in den USA ist heute so hoch wie seit 1975 nicht mehr, und wenn sich dies auf die Gesamtwirtschaft auswirkt, sei es in Form geringerer Unternehmensgewinne oder steigender Güterkosten, wird dies ein erhebliches Wachstumshemmnis darstellen. Die FED steht damit vor der Herausforderung, eine weiche Landung herbeizuführen und gleichzeitig die Inflation zu dämpfen. Diese Aufgabe ist besonders herausfordernd, da sich viele der damit verbundenen Faktoren ihrer Kontrolle entziehen, wie z.B. der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Ölpreise und die mit COVID verbundenen Lieferkettenprobleme. Die Inflation kann wahrscheinlich eingedämmt werden, aber zu welchem Preis? Die Vergangenheit zeigt, dass der Preis eine wirtschaftliche Rezession sein wird.

Ein Ausblick
Auch wenn wir es für wahrscheinlich halten, dass die US-Notenbank die Zinsen bis zum Sommer weiter anheben wird, gehen wir davon aus, dass sie im Anschluss einen moderateren Konjunkturausblick geben wird, was eine erhebliche Dollarschwäche nach sich ziehen sollte. Die Kursentwicklung von Bitcoin war angesichts einer aggressiven FED bislang schwach, doch könnte die aktuelle Schwächephase sehr wohl von kurzer Dauer sein. Aus unserer Sicht ist ein geldpolitischer Fehlentscheid sehr wahrscheinlich, bei dem die Bitcoin-Kurse von den Wachstumsaktien abweichen werden, wobei erstere wahrscheinlich von einer zurückhaltenden FED und einem schwächeren US-Dollar profitieren werden, während letztere angesichts einer Rezession oder Stagflation unterdurchschnittlich abschneiden dürften. Wir sind der Meinung, dass die USA und der Rest der Welt im Jahr 2023 in einen wirtschaftlichen Abschwung abrutschen werden, auch wenn es noch viele Unbekannte gibt. Möglicherweise wird es eine Stagflation sein, die dann in eine Rezession übergeht? Da die Liquiditätsfalle die Zentralbanken zunehmend in Bedrängnis bringt, glauben wir, dass Bitcoin eine gute Absicherung gegen dieses geldpolitische Dilemma darstellt.

James Butterfill, CoinShares

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