EU Green Bond – Diskussionen über die Ausgestaltung grüner Anleihen

Dr. Anne de Boer (li), Anne-Sophie Karg, RAs, Heuking

Die Law Corner von Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Anne-Sophie Karg, Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Spätestens seit 2021 diskutieren die EU-Gremien Standards für einen EU Green Bond (EUGB) als Goldstandard für grüne Anleihen und es wird spannend, wie diese final aussehen werden. Aktuell liegt ein Vorschlag der Kommission vom Juli 2021 vor, den ECON/das Parlament im Mai 2022 sowie der Rat im April 2022 kommentiert haben. Eine Übersicht der unterschiedlichen Positionen wurde durch den Rat für das Trilog-Verfahren veroffentlicht1. Die Positionen der Kommission, des Rats und des Parlaments / ECON sind dabei teilweise recht unterschiedlich.

Logisch ist bzw. wäre, dass die EUGB sich hinsichtlich der Mittelverwendung an der EU-Taxonomie und bei den Transparenzregelungen an der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ausrichten, um ein konsistentes Regelwerk zu schaffen. Es wird wichtig sein, hohe Standards für grüne Anleihe zu setzen2 bei einer Komplexität, die der Markt auch akzeptiert und tatsächlich umsetzen kann.

Für die Ausgestaltung grüner Anleihen ist insbesondere Teil II des Entwurfs der EUGB relevant. In den weiteren Teilen sind neben Definitionen Regelungen zu den Sachverständigen und Befugnisse der Aufsichtsbehörden zu finden. Ausgewählte wesentliche Diskussionspunkte der Ausgestaltung grüner Anleihen nach den EUGB-Standards sind wie folgt:

Freiwillige oder verbindliche Regelungen
Nach dem Entwurf der Kommission für EUGB-Standards sollten diese freiwillige Goldstandards für grüne Anleihen begründen. Die bewährten Green Bonds Principles oder Sustainability-Linked Bond Principles der ICMA3 (beispielhaft) sollen weiterhin daneben anzuwenden sein. Insofern wird diskutiert, ob die EUGB-Standards in ca. fünf Jahren verbindlich werden sollen oder von Anbeginn zumindest ergänzende Transparenzregelungen für grüne Anleihen, die nicht als EUGB qualifizieren, enthalten sollen4. Ziel der erweiterten Transparenzregelungen ist, dass grüne Anleihen vergleichbar sind.

Es ist zu befürchten, dass eine Verbindlichkeit der EUGB-Standards für alle grünen Anleihen insbesondere kleineren Unternehmen den Zugang zum Markt für nachhaltige Finanzierung erschweren wird.

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EU-Taxonomie und Grandfathering
EUGB müssen bei der Mittelverwendung der EU-Taxonomie und deren Standards entsprechen. Grundsätzlich müssen die Regelungen bei der Emission erfüllt sein. Inwieweit allerdings spätere Änderungen des Regelwerks der EU-Taxonomie Einfluss auf die Anleihebedingungen und deren Einhaltung haben, ist für technische Umsetzungen umstritten5.

Ebenso wird diskutiert, ob und in welcher Frist das grüne Ziel erreicht werden kann und ob bestimmte Beträge wie Kosten oder ein bestimmter Prozentsatz der Erlöse nicht den strengen Regeln der Verwendung nach der EU-Taxonomie unterliegen6.

Anleiheerlöse, die in einem Drittland verwendet werden, können gegebenenfalls nach den Nachhaltigkeitsregelungen des Drittlandes eingesetzt werden, sofern diese als mit der EU-Taxonomie gleichwertig eingestuft wurden7.

Einhaltung der Regelungen – Sanktionen und Haftung
Grüne Anleihen enthalten derzeit – anders als zum Beispiel Immobilienanleihen – in den Anleihebedingungen regelmäßig keine Regelungen, nach denen sich die Emittenten gegenüber den Investoren ausdrücklich verpflichten, die Erlöse der Anleihen für grüne Zwecke und Ziele zu verwenden oder eventuelle Ratings während der Laufzeit aufrechtzuerhalten. Entsprechende Ausführungen sind aktuell in den ergänzenden Rahmenwerken zu finden. In der Folge ist unklar, ob bei Verstößen Kündigungsrechte oder Schadensersatzanspruche bestehen. Emittenten begründen dies damit, dass der Rufverlust einen ausreichenden Schaden darstellt. Verbindliche Regelungen bei der (noch) dynamischen Entwicklung der Anforderungen an Nachhaltigkeit mit der Folge von Kündigungen und Schadensersatz wären zu riskant.

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Die Diskussion zum Entwurf der EUGB-Standards greift dies auf. So soll die Emission von EUGB, die die Standards nicht einhalten, untersagt werden können8. Von ECON/dem Parlament wird gefordert, dass die nationalen Gesetzgeber vorsehen, dass der Emittent oder das Management für die Verwendung der Mittel entsprechend der Taxonomie verantwortlich sind und eine zivilrechtliche Haftung für Schäden bei Anlegern bei Verstoß gegen die Mittelverwendung greift9.

Nach dem Vorschlag des Rats sollen dagegen die Anleihebedingungen eine Zusicherung des Emittenten gegenüber den Investoren enthalten, dass der Emittent die Regelungen des Teil II der EUGB in wesentlicher Hinsicht einhält10. Der Umfang einer Schadensersatzhaftung ist dabei jedoch unklar und es wird eine ausufernde Haftung befürchtet. Unabhängig davon, wie die Regelung final ausgestaltet wird, müssen sich die Emittenten auf eine umfassendere Haftung einrichten.

Transparenz
Zudem sehen die EUGB im Entwurf umfassende Reportingpflichten sowohl bei der Emission mit dem Green Bond Factsheet11 als auch während der Laufzeit mit dem European Annual Allocation und Impact Reports12 vor. Aufgrund der Diskussionen, ob u.a. Atomkraft grün genug ist, wird gefordert, dass gesondert darauf hinzuweisen ist, wenn in Atomkraft oder fossiles Gas investiert werden soll13.

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Das Green Bond Factsheet soll voraussichtlich in den Prospekt integriert werden14 und die Veröffentlichungen sollen teilweise der Prüfung durch externe Sachverständige unterliegen15. Diese Sachverständige sollen dabei bei der ESMA registriert und von dieser überwacht werden16.

Es ist davon auszugehen, dass die Transparenzregelungen mit den Pflichten unter der CSRD vereinheitlicht werden.

Fortgang
Es ist zu hoffen, dass die EUGB-Standards zeitnah final verabschiedet werden und attraktive Standards setzen. Allerdings sollte die EU beim Kampf gegen Greenwashing darauf achten, dass die Anforderungen nicht zu hoch und komplex sind, um vor allem mittelständische Emittenten nicht abzuschrecken. Auch sollte den Emittenten ausreichend Flexibilität gewährt werden, um auf schwierige Marktsituationen und Fortschreibungen der EU-Taxonomie reagieren zu können.

1 https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9834-2022-INIT/en/pdf
2. Dabei geht es um mehr, als nur Greenwashing zu vermeiden, sondern auch um die zielgerichtete Verwendung der Erlöse.
3 https://www.icmagroup.org/sustainable-finance/theprinciples-guidelines-and-handbooks/
4 Vgl. Regelungen in Einleitung Abs. 36 a, Art. 7c, Art. 63 a UAbs. 2 gem. Übersicht des Rates in Fn. 1
5 Vgl. Art. 6, 7 gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
6 Vgl. Art. 6 gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
7 Vgl. Art. 7e gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
8 Vgl. Art. 37 Abs. 1 gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
9 Vgl. Einleitung Abs 12 b gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
10 Vgl. Art. 12 Abs. 2b gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
11 Vgl. Art. 8 gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
12 Vgl. Art. 9, 10 gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
13 Vgl. Einleitung Abs. 7b, Ausführungen zum European Green Bond Factsheet.
14 Vgl. Art. 12 Abs. 2 gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
15 Vgl. Art. 9, 10, Teil III gem. Übersicht des Rates Fn. 1.
16 Vgl. Teil III gem. Übersicht des Rates Fn. 1.

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