Unternehmensanleihen mit Investment Grade bieten 2023 Potenzial

Der Gegenwind für qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen wird 2023 voraussichtlich abflauen. Von Maria Stäheli*

Da die führenden Zentralbanken in ihrem Zinserhöhungszyklus bereits weit vorangeschritten sind und eine gewisse Verlangsamung der Inflation zu erwarten ist, rechnen wir mit einem schrittweisen Rückgang der Zinsvolatilität und einer weiteren Stabilisierung der Staatsanleihemärkte.

Die Investment Grade (IG) Credit Spreads wiesen in der Vergangenheit unabhängig von den geldpolitischen Rahmenbedingungen eine starke Korrelation zur Zinsvolatilität auf. Seit dem Ende der Pandemie hat diese Korrelation sogar noch zugenommen. So haben sich die Credit Spreads ausgeweitet, als die Zentralbanken eine restriktivere Gangart an den Tag legten und die Zinsvolatilität entsprechend stieg.

Eine Normalisierung der Zinsvolatilität, die wir im Hinblick auf eine langsamere Straffung der Geldpolitik erwarten, dürfte unseres Erachtens auch zu einer Einengung der IG Credit Spreads führen. Nachdem die Renditen kräftig gestiegen sind und die Duration von IG-Unternehmensanleihen gesunken ist, bietet das Segment nun einen viel größeren Puffer gegen einen weiteren Renditeanstieg.

Bei unserem Zinsausblick für 2023 bleiben wir so lange vorsichtig, bis wir wiederholt positive Inflationssignale oder eine Änderung der Zentralbank-Rhetorik aufgrund schwächerer Konjunkturdaten sehen. Da sich der Fokus am Markt von der Zinsvolatilität zunehmend auf das fehlende Wachstum verlagert, rechnen wir 2023 mit einer Outperformance des IG-Segments bei Unternehmensanleihen, da die Spreadausweitung von High Yield- gegenüber IG-Anleihen für die Märkte ein relevantes Thema wird.

Auf Sektorebene bevorzugen wir in Anbetracht der Abkühlung des makroökonomischen Umfelds nicht-zyklische Sektoren angesichts ihres besseren Risiko-Renditeprofils. Das Spreadniveau von zyklischen gegenüber nicht-zyklischen Titeln bewegt sich seit der Finanzkrise bei A- und BBB-Anleihen selbst dann am unteren Ende der Spanne, wenn der Energiesektor mit seiner kräftigen Outperformance 2022 ausgeklammert wird.

Die Spreads zyklischer Sektoren werden unseres Erachtens unter Druck kommen und es ist mit Ausweitungen zu rechnen, da die schwächere weltweite Nachfrage und höhere Kosten die Margen erodieren. Wir sehen allerdings weiterhin Potenzial bei Energietiteln, weil die Energiepreise auf ihrem aktuellen Niveau anhaltend hohe Cashflows generieren und zu einer Verbesserung der Kreditqualität beitragen werden.

Im Finanzsektor könnte es nach der vergleichsweise schwachen Entwicklung 2022 bei ausgewählten Titeln ebenfalls Renditepotenzial geben. Die höheren Zinsen werden die Profitabilität der Banken voraussichtlich weiter stärken.

Am anderen Ende des Spektrums sehen wir zunehmenden Gegenwind für gewisse Emittenten wie etwa Versorger. Ihnen machen der Anstieg der Energiepreise und der Druck der Regulierungsbehörden zu schaffen, die Weitergabe der Kostensteigerungen an die Kunden aufzuschieben. Der Immobiliensektor hat ebenfalls unter dem kräftigen Zinsanstieg gelitten.

Da die Risiken einer Energiekrise in Europa besonders akut sind, dürfte sich die Herabstufung der Gewinnprognosen im Gleichschritt mit dem Rückgang der regionalen Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor beschleunigen. Die Gefahr einer schnelleren Verschlechterung der Fundamentaldaten und Kreditqualität ist bei europäischen Unternehmen unseres Erachtens besonders groß, was durchaus zu einer Enttäuschung von Anleihe- und Aktieninvestoren gleichermaßen führen könnte.

Maria Stäheli sieht Chancen v.a. bei Unternehmensanleihen mit US-Bezug

Aus diesen Gründen setzen wir bei unserer Anleihen-Allokation bevorzugt auf IG-Anleihen von US-Unternehmen. Aufgrund der Underperformance von Euro-Anleihen und den entsprechend attraktiven Bewertungen bieten ‚Reverse Yankees‘ (Euro-Anleihen, die von US-Emittenten begeben werden) unseres Erachtens das Beste aus beiden Welten. Daher haben wir diese Papiere übergewichtet.

IG-Corporates (EUR hedged) werden unserer Einschätzung nach 2023 mittlere einstellige Renditen erzielen, wobei der Carry wegen der deutlich höheren Ausgangsrenditen den stärksten Performancebeitrag liefern dürfte. Daneben sind auch positive Spread-Renditen durchaus möglich, wobei dieses Szenario von der Intensität und Länge des von den Zentralbanken verursachten Abschwungs abhängt.

*) Maria Stäheli ist Senior Portfolio Managerin bei Fisch Asset Management

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