„Wirklich großer Erfolg für den SV Werder Bremen“

D. Bruss (li), SV Werder Bremen, und I. Wegerich, Luther

Das Law Corner-Interview mit Daniel Bruss, Direktor Finanzen der SV Werder Bremen GmbH & Co KG aA, und Ingo Wegerich, Rechtsanwalt und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, über die Anleihe des SV Werder Bremen, die Luther rechtlich begleitet hat.

BondGuide: Herr Bruss, Herr Wegerich, zunächst: herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Transaktion! Immerhin habe ich gewissermaßen Recht behalten – bereits Mitte April hatte ich die Werder-Anleihe in meinem Interview mit der Bremer Deichstube als „Pfund“ bezeichnet und eine erfolgreiche Debütanleihe vorhergesagt.
Bruss: Herr Bozicevic, herzlichen Dank – ich hatte Ihr damaliges Interview gelesen. In der Tat ist die Transaktion unter dem sportlichen Umfeld ein wirklich großer Erfolg für die SV Werder Bremen GmbH & Co KG aA und eine Bestätigung für alle Beteiligten. Trotz des Abstiegs in die 2. Liga hat die Emission eine Nachfrage bei institutionellen Investoren und Privatanlegern verzeichnet. Insgesamt wurden 17,0 Mio. EUR platziert.

BondGuide: Sind es Fans des Clubs oder eher institutionelle Investoren?
Bruss: Wer die Berichte zu der Anleihe genau studiert hat, weiß, dass ein wirklich großer Anteil der Investoren institutionelle Investoren sind. In der ersten Zeichnungsphase, die ausgesuchten institutionellen Investoren sowie Freunden und Sponsoren des Clubs vorbehalten war und die einen Mindestzeichnungsbetrag von 100 TEUR vorsah, erhielt der Club bereits Zusagen im zweistelligen Millionenbereich. Anders als Fans schauen sich institutionelle Anleger das Unternehmen und die Strukturierung der Anleihe sehr genau an, bevor sie investieren. Diese Investoren waren mit einem Zinssatz von 6,5% und damit am eher unteren Ende der Zeichnungsspanne von 6,0 bis 7,5% einverstanden.

BondGuide: Der finale Zinssatz ist ein Erfolg und eine Bestätigung für Werder Bremen. Mitte April hatten wir auf einen finalen Zinssatz zwischen 6,25 bis 7,0% spekuliert – das war jedoch lange vor dem Abstieg. Sie differenzieren zwischen institutionellen Investoren und Fans. Bremen hat sich bewusst gegen eine Fan-Anleihe entschieden. Können Sie uns kurz die Unterschiede erläutern?
Wegerich: Ich denke, auch die Fan-Anleihe hat grundsätzlich ihre Berechtigung. Die Fan-Anleihe richtet sich primär an den emotional motivierten Fan. Bei der Fan-Anleihe sieht man auch kleinere Stückelungen in der Regel von 100 EUR aufwärts. Ein Großteil der Fan-Anleihen ist nicht durch eine Globalurkunde, sondern durch physisch ausgegebene Schmuckurkunden verbrieft. Hier spekuliert der Verein in der Regel darauf, dass der Fan die an der Wand hängende Schmuckurkunde und die Zinsscheine mit dem Emblem des Vereins als Andenken behalten will und nicht einlöst. Die Fan-Anleihe hat zudem schuldnerfreundlichere Anleihebedingungen als die klassische Unternehmensanleihe. Financial Covenants wie bei Unternehmensanleihen sieht man bei Fan-Anleihen nicht.
Bruss: Der SV Werder Bremen hat sich sehr bewusst für die gewählte Finanzierungsform entschieden.

BondGuide: Den Ball würde ich gerne aufnehmen: Können Sie etwas genauer erläutern, warum Sie dieser Form der Finanzierung den Vorzug gegeben haben?
Bruss: Nach intensiver Prüfung verschiedener Finanzierungsalternativen sind wir zum Entschluss gekommen, dass der Gang an den Kapitalmarkt mit einer Anleihe der richtige nächste Finanzierungsschritt für die Gesellschaft ist. Nach der bisher ausschließlich klassischen Bankenfinanzierung sind wir diesbezüglich nun breiter aufgestellt und haben mit der Platzierung der Anleihe auch Voraussetzungen geschaffen, zukünftig bei passenden Konstellationen weitere Kapitalmarktfinanzierungen anzugehen.

BondGuide: Und die Covenants bei der Werder-Anleihe?
Wegerich: Hier sind zahlreiche klassische Covenants vorgesehen. Negativverpflichtung, Pari Passu, Drittverzug (Cross Acceleration), Kontrollwechsel, Pflicht zur Reinvestition und Transparenzpflichten. Der Emittent hat sich in den Anleihebedingungen verpflichtet, während der Laufzeit Konzernabschlüsse und Konzern-Halbjahresabschlüsse zu veröffentlichen. Werder Bremen orientiert sich hier am Transparenz-Segment SCALE der Deutschen Börse. So viel Transparenz bietet kein anderer Fußballproficlub, der eine Anleihe emittiert hat. Das ist geradezu vorbildlich.
Bruss: Die Anleihebedingungen sehen zudem mit einem positiven Eigenkapitalausweis auch einen Financial Covenant vor. Kann der Emittent im Konzernjahresabschluss 2023/24 bzw. im Konzern-Halbjahresabschluss kein positives Eigenkapital ausweisen, verpflichtet sich der Emittent zur Zahlung eines um 0,75 Prozentpunkte erhöhten Zinssatzes in der Zinsperiode 2025/26.

BondGuide: Ein Fußballverein am Kapitalmarkt ist keine alltägliche Transaktion. Was war aus Ihrer Sicht bemerkenswert?
Wegerich: Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich ist ein Fußballverein auch ein Wirtschaftsunternehmen. Von daher ist vieles vergleichbar mit klassischen Unternehmensanleihen. Die Platzierung der Anleihe lief wie bei Mittelstandsanleihen üblich über Roadshowtermine, die in dieser Zeit nun mal ausschließlich virtuell stattfanden. Was mich persönlich vielleicht überrascht hat, war das große Presseecho. Ein Fußballproficlub steht doch ganz anders im Mittelpunkt als ein mittelständisches Wirtschaftsunternehmen. Ganz Deutschland hat sich den Wertpapierprospekt angeschaut. Der einzige Vorwurf, der gemacht wurde, war die große Transparenz im Prospekt. Für einen Anwalt ist das ein großes Kompliment und das ist doch auch das, was der Kapitalmarkt verlangt und einfordert: Transparenz.

WERDER BREMEN ANL. 2021/26 (WKN: A3H3KP)

BondGuide: In der allgemeinen Presse wurde jedoch auch das Insolvenzrisiko thematisiert …
Wegerich: Dazu nur so viel: Die Prospektverordnung schreibt vor, die Risiken von wesentlicher Bedeutung zu nennen. Die Wesentlichkeit der Risikofaktoren beurteilt sich danach auf der Grundlage der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens und des zu erwartenden Umfangs ihrer negativen Auswirkungen. Unter dem zweiten Aspekt ist natürlich das Insolvenzrisiko bei jedem Unternehmen immer ganz vorne zu nennen. Es findet sich kein Wertpapierprospekt, in dem nicht auf das Insolvenzrisiko eingegangen wird. Prospektrechtler wissen auch, Relativierungen sind innerhalb der Risikofaktoren nicht zulässig. Von daher ist es nicht erlaubt, Risiken durch mildernde Faktoren zu relativieren.

BondGuide: Welche Auswirkungen hatte der zunächst drohende, dann sich manifestierende Abstieg auf die Transaktion aus rechtlicher Sicht?
Wegerich: Werder Bremen hatte leider eine lange Niederlagenserie, die den Club Spieltag für Spieltag dichter an die Abstiegsplätze geführt hat. Zum Zeitpunkt der Prospektbilligung stand der SV Werder Bremen noch auf dem 15. Tabellenplatz, einem Nichtabstiegsplatz. Da ein Abstieg immer möglicher wurde, haben wir den Prospekt in den letzten Wochen vor der Billigung noch einmal umstrukturiert und sind auch detailliert, insbesondere im Risikoteil, auf ein mögliches Abstiegsszenario eingegangen. Wir haben uns hier sehr eng mit der CSSF in Luxemburg abgestimmt.

BondGuide: Wird Werder nun auch frühzeitig über Transfers per Ad-Hoc-Meldung berichten und auch dabei Details offenlegen?
Wegerich: Nach Auffassung der BaFin dürften Umstände, die ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential bei Anleihen begründen können, im Grundsatz seltener anzunehmen sein als bei börsengehandelten Aktien. Zu den in Bezug auf Anleihen potenziell kurserheblichen Umständen dürfte z.B. gehören, wenn der Emittent seiner mit dem Finanzinstrument verbundenen Verpflichtung, z.B. Rückzahlung, Zinszahlung, nicht mehr nachkommen kann oder diese aufgrund der der Information zu Grunde liegenden Umstände beeinträchtigt wäre. Ein Transfer dürfte diese Kriterien nicht erfüllen.

BondGuide: Da haben wir wieder etwas gelernt … Herr Bruss, Herr Wegerich, herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch: Nach der erfolgreichen Transaktion von Werder Bremen werden womöglich weitere Fußballproficlubs diesem Beispiel folgen und auf Sie, Herrn Wegerich, zukommen.

Das Interview führte Falko Bozicevic.

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