Law Corner: Flexibilisierung des Sprachenregimes für Wertpapierprospekte

Dr. Christian Becker (li) und Dr. Lutz Pospiech, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Christian Becker, Partner, und Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Zum 21.07.2018 sind Gesetzesänderungen in § 19 WpPG in Kraft getreten, die es für Emittenten einfacher machen, einen erforderlichen Prospekt in Deutschland auch in englischer Sprache zu erstellen. So soll es einerseits inländischen Emittenten erleichtert werden, einen internationalen Anlegerkreis anzusprechen. Andererseits ist beabsichtigt, Drittstaatenemittenten einen vereinfachten Zugang zum deutschen Kapitalmarkt zu ermöglichen.

Bisherige Praxis
Ein Emittent, der für ein öffentliches Angebot seiner Wertpapiere (z.B. Anleihen) in Deutschland einen englischsprachigen Prospekt mit einer deutschsprachigen Zusammenfassung nutzen wollte, musste die betreffenden Wertpapiere nach der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin zu § 19 WpPG a.F. zugleich auch in einem anderen Staat des EWR öffentlich anbieten. In der Praxis erfolgten daher öffentliche Angebote oftmals parallel in Deutschland und Luxemburg.

Angepasste Sprachenregelung in § 19 WpPG n.F.
Nach § 19 Abs. 1 S. 2 n.F. WpPG kann die BaFin aber die Erstellung des Prospekts in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache (d.h. in englischer Sprache) gestatten, sofern der Prospekt auch eine Übersetzung der Zusammenfassung in die deutsche Sprache enthält und eine ausreichende Information des Publikums gewährleistet erscheint. Die bisherige Einschränkung „im Einzelfall unter Berücksichtigung der Art der Wertpapiere“, die in der alten Fassung des § 19 Abs. 1 S. 2 WpPG noch enthalten war, hat der Gesetzgeber ersatzlos gestrichen.

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Zudem hat der Gesetzgeber in § 19 WpPG folgenden Abs. 1a eingeführt: „Wird für Wertpapiere, für die der Herkunftsstaat des Emittenten die Bundesrepublik Deutschland ist, im Inland ausschließlich die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt beantragt, ist der Prospekt in deutscher oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache zu erstellen. Ist der Prospekt nicht in deutscher Sprache erstellt, muss auch eine Übersetzung der Zusammenfassung in die deutsche Sprache enthalten sein.“

Der Gesetzgeber begründet diese Änderungen in § 19 WpPG u.a. damit, dass der fortschreitenden Internationalisierung der Kapitalmärkte und dem Ziel der Schaffung eines Binnenmarktes für Wertpapiere auf europäischer Ebene Rechnung getragen werden soll (Reg- Begr. BT-Drucks. 19/2435, S. 46).

Reine Zulassungsprospekte
Ein Prospekt, der ausschließlich für die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt in Deutschland dient, kann nunmehr gem. § 19 Abs. 1a WpPG ohne weiteres in englischer Sprache mit einer deutschsprachigen Zusammenfassung erstellt werden. Eine im Ermessen der BaFin stehende Gestattung ist hierfür nicht erforderlich. Der bisher in der Praxis regelmäßig gewählte Weg über Luxemburg ist nun entbehrlich.

Foto: © grafikplusfoto – stock.adobe.com

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Prospekte für öffentliche Angebote nur in Deutschland
Beabsichtigt ein Emittent mit Sitz in Deutschland Wertpapiere ausschließlich in Deutschland mit einem englischsprachigen Prospekt öffentlich anzubieten, benötigt er hierfür zwar weiterhin die Gestattung der BaFin. Allerdings hat die Gesetzesänderung u.E. zu einer Ermessenreduzierung geführt, sodass die BaFin bei Vorliegen einer „internationalen Komponente“ in Bezug auf den Emittenten und die jeweilige Kapitalmarkttransaktion einen englischsprachigen Prospekt für ein öffentliches Angebot nur in Deutschland zu gestatten hat.

Ein Kriterium für die erforderliche internationale Komponente kann etwa die Gruppenstruktur als eine deutsche Holding mit operativen Tochtergesellschaften im Ausland sein. Gleiches gilt für die Konzernrechnungslegung nach Maßgabe der IFRS. Für die Internationalität der geplanten Kapitalmarkttransaktion kann u.a. die Zusammenstellung des Bankenkonsortiums sprechen, um einen internationalen Anlegerkreis anzusprechen. Ebenso kann u.U. angeführt werden, dass neben dem öffentlichen Angebot auch Privatplatzierungen an institutionelle Investoren in bestimmten Ländern außerhalb von Deutschland erfolgen sollen.

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