Law Corner: Besicherung von Immobilienanleihen durch Abtretung von Miet- oder Pachtforderungen

Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Köln und Sven Radke, LL.M., Salaried Partner, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Köln

Von Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Köln und Sven Radke, LL.M., Salaried Partner, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Köln

Immobiliengesellschaften müssenim Rahmen von Anleiheemissionen Bewertungsgutachten in den Wertpapierprospekt aufnehmen, wenn für die Anleihe Sicherheiten an den Immobilien bestellt werden. Die Erstellung dieser Bewertungsgutachten ist oftmals zeit- und kostenintensiv. Durch eine Anleihebesicherung in Form der Abtretung von Miet- oder Pachtforderungen kann jedoch die Aufnahme eines Bewertungsgutachtens vermieden werden.

Bewertungsgutachten bei immobilienbesicherten Anleihen
Nach der EU-Prospektverordnung sind die nationalen Aufsichtsbehörden berechtigt, von speziellen Emittenten die Aufnahme weiterer Informationen in den Prospekt zu verlangen, um den jeweiligen unternehmerischen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Hierzu gehören auch Immobiliengesellschaften.

Auf Grundlage dieser Ermächtigung empfiehlt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen durch Immobiliengesellschaften die Aufnahme von Bewertungsgutachten im Prospekt, falls die Anleihen durch Immobilien besichert sind. Diese Gutachten müssen von einem unabhängigen Experten erstellt und dürfen zum Zeitpunkt der Prospektbilligung maximal ein Jahr alt sein.

Grundsätzlich keine Bewertungsgutachten bei Forderungsabtretung
Aus Sicht der Emittenten ist das verpflichtende Bewertungsgutachten sowohl finanziell als auch zeitlich enorm belastend. Daher stellt sich die Frage nach einer alternativen Anleihebesicherung, die nicht zu einer verpflichtenden Aufnahme von Bewertungsgutachten führt.

Eine solche Alternative kann insbesondere die Abtretung der Miet- oder Pachtforderungen an die Anleihegläubiger darstellen. Denn nach den ESMA-Empfehlungen sollen Bewertungsgutachten dann aufgenommen werden, wenn die Anleihen „durch die Immobilien besichert“ sind. Daran fehlt es, wenn eine Besicherung nur durch die Abtretung von Miet- oder Pachtforderungen erfolgt, d.h. nicht gleichzeitig auch durch die Immobilien selbst.

Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass sich auch bei einer Abtretung von Miet- oder Pachtforderungen im Einzelfall eine Pflicht zur Aufnahme eines Bewertungsgutachtens aus allgemeinen Prospektgrundsätzen ergeben kann. Eine vorherige Abstimmung mit der BaFin ist daher auch in diesen Fällen dringend zu empfehlen.

Besondere Praxisrelevanz von Forderungsabtretungen
In der Praxis kann eine Anleihebesicherung durch Forderungsabtretung allerdings auch über den Aspekt einer Prospekterleichterung hinaus attraktiv sein: Die Forderungsabtretung kann nämlich zum Beispiel auch dann erfolgen, wenn der Emittent bereits vor der Anleiheemission Sicherheiten an den Immobilien zu Gunsten anderer Gläubiger (häufig Banken) bestellt hat.

In diesem Fall ist allerdings zu bedenken, dass der wirtschaftliche Wert einer Forderungsabtretung für den Anleihegläubiger bei anderweitiger Bestellung von Immobiliarsicherheiten stark beeinträchtigt wird. Denn durch die Forderungsabtretung soll der Anleihegläubiger vor einem Ausfall des Emittenten geschützt werden. Im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung in die Immobilien oder der Insolvenz des Emittenten hat allerdings der immobilienbesicherte Gläubiger umfangreiche Rechte, die denen des Anleihegläubigers vorgehen und damit den wirtschaftlichen Wert der Forderungsabtretung deutlich schmälern.

Fazit
Die von der ESMA geforderte Aufnahme von Bewertungsgutachten für immobilienbesicherte Anleihen stellt eine finanzielle und zeitliche Belastung für den Emittenten dar. Mit einer Anleihebesicherung in Form der Abtretung von Miet- oder Pachtforderungen kann grundsätzlich die Aufnahme von Bewertungsgutachten vermieden werden. Der wirtschaftliche Wert einer Forderungsabtretung für die Anleihegläubiger wird allerdings beeinträchtigt, falls bereits für andere Gläubiger Sicherheiten an den Immobilien bestellt wurden. 

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