Law Corner: Rückerwerb von Mittelstandsanleihen durch Gesellschafter oder Dritte

Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Köln und Sven Radke, LL.M., Salaried Partner, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Köln
Dr. Mirko Sickinger (li) und Sven Radke,
Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Der Law Corner Beitrag von Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, Sven Radke, LL.M., Salaried Partner, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Anleiherückkäufe werden häufig von Emittenten vorgenommen, um ihre Fremdkapitalstruktur neu zu ordnen. Allerdings bieten sich für den Emittenten auch dann Möglichkeiten, wenn die Anleihen durch einen Gesellschafter des Emittenten oder einen gesellschaftsfremden Dritten erworben werden.

Wenn die Anleihen eines Emittenten unter ihrem Nennwert notieren, kann hierin die Chance für den Emittenten liegen, im Zuge eines Rückkaufs seine Fremdkapitalfinanzierung neu zu strukturieren. Allerdings kann auch ein Gesellschafter des Emittenten (bzw. im Falle einer AG ein Aktionär) oder ein gesellschaftsfremder Dritter die Anleihen erwerben, etwa über ein öffentliches Erwerbsangebot oder über die Börse. Auch in diesen Fällen bieten sich Optionen für den Emittenten:

Debt-to-Equity-Swap
Um die Finanzierung des Emittenten zu restrukturieren, kann nunmehr ein sogenannter Debt-to-Equity-Swap vorgenommen werden. Dabei bringt der Gesellschafter bzw. der Dritte die Anleihen im Rahmen einer Erhöhung des nominellen Gesellschaftskapitals des Emittenten als Sacheinlage in den Emittenten ein. Im Gegenzug erhöht der Gesellschafter seinen Anteil am Kapital des Emittenten bzw. wird der gesellschaftsfremde Dritte erstmals Gesellschafter des Emittenten.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass in Abhängigkeit der Rechtsform des Emittenten ggf. ein Gutachten über den Wert der Sacheinlage (sprich der Anleihen) beizubringen ist (so z.B. bei einem Emittenten in der Rechtsform der AG).

Fortbestehen der Anleiheforderung bei Verbriefung
Sofern die eingebrachten Anleihen nicht verbrieft sind, erlöschen die Forderungen aus den Anleihen automatisch, da Schuldner und Gläubiger der Anleihen identisch sind. Sofern die eingebrachten Anleihen dagegen verbrieft sind, erlöschen die Forderungen nicht automatisch, sondern erst mit Entwertung der Wertpapierurkunde. Der Emittent hat es daher in der Hand, die Anleihen weiter wie fremde Wertpapiere zu bilanzieren oder die Forderungen erlöschen zu lassen.

Sonstige Einbringung
Alternativ zu der Erhöhung des nominellen Kapitals des Emittenten kann ein Gesellschafter die Anleihen auch als Leistung in die freien Kapitalrücklagen der Gesellschaft einbringen, d.h. als Einlage ohne die Ausgabe neuer Anteile. In diesem Fall erhöht sich das bilanzielle Eigenkapital des Emittenten, woran der Gesellschafter (mittelbar) partizipiert.

Ein Dritter kann der Gesellschaft die Verbindlichkeiten aus den Anleihen erlassen, etwa im Gegenzug gegen Gewährung eines neuen Darlehens. Dieses neue Darlehen wird regelmäßig zu anderen Konditionen als den Konditionen der Anleihe gewährt.

Gleichbehandlungsgrundsatz
Allerdings ist zu beachten, dass den vorstehend beschriebenen Maßnahmen im Hinblick auf weitere (verbleibende) Anleiheinhaber eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots entgegenstehen könnte:

Für im Regulierten Markt notierte Anleihen ist mit § 30a WpHG ein gesetzliches Gleichbehandlungsgebot statuiert: Grundsätzlich widerspricht daher ein Debt-to-Equity-Swap oder eine sonstige Einbringung dem Gleichbehandlungsgebot, wenn diese Möglichkeit nicht zugleich auch allen anderen Anleiheinhabern angeboten wird. Ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen sich diese Ungleichbehandlung rechtfertigen, ist von der Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht aufgegriffen worden und lässt sich daher nicht vorhersagen.

Sofern die Anleihe allerdings nur im Freiverkehr notiert ist, gilt das Gleichbehandlungsgebot des § 30a WpHG nicht, so dass der Vornahme eines Debt-to-Equity-Swaps oder einer sonstigen Einbringung grundsätzlich kein Gleichbehandlungsgebot entgegensteht.

Fazit
Auch bei einem Erwerb der Anleihen durch einen Gesellschafter oder einen gesellschaftsfremden Dritten bieten sich für den Emittenten Möglichkeiten, seine Finanzierungsstruktur neu zu ordnen.

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