Law Corner: Wesentliche Aspekte des Wirtschaftsstabilisierungsfonds

Dr. Christian Becker (li) und Dr. Lutz Pospiech, GÖRG

Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben zu erheblichen Einschränkungen des sozialen und des wirtschaftlichen Lebens in Deutschland und der Welt geführt. Die wirtschaftlichen Folgen sind dramatisch und werden die der Finanzkrise 2008/09 bei weitem in den Schatten stellen. Der Bund hat zur Abmilderung dieser Auswirkungen auf die Wirtschaft in Deutschland viele Maßnahmen beschlossen und Schutzschirme aufgespannt – auch das Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG).

Grundlagen des WStFG

Das WStFG regelt die Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) einschließlich möglicher Maßnahmen zur Stabilisierung von Unternehmen der Realwirtschaft. Zudem beinhaltet das WStFG mit seinem Beschleunigungsgesetz für die Umsetzung staatlicher Hilfsmaßnahmen befristete Änderungen des Gesellschaftsrechts.

Der WSF hat ein Volumen i.H.v. insgesamt 600 Mrd. EUR. Davon sind für mögliche staatliche Garantieübernahmen 400 Mrd. EUR und für Rekapitalisierungsmaßnahmen 100 Mrd. EUR vorgesehen. Ferner kann der Bund weitere Kredite i.H.v. 100 Mrd. EUR für die Refinanzierung von Sonderprogrammen der KfW aufnehmen. Der WSF steht nur Unternehmen der Realwirtschaft offen, Unternehmen aus dem Finanzsektor können keine Förderung aus dem WSF beantragen.

Antragsberechtigt sind grundsätzlich Unternehmen der Realwirtschaft, die in den letzten beiden Geschäftsjahren vor dem 1.1.2020 mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: (1) Bilanzsumme von mehr als 43 Mio. EUR, (2) Umsatzerlöse von mehr als 50 Mio. EUR und (3) Arbeitnehmeranzahl im Jahresdurchschnitt von mehr als 249.

Gefördert werden können unabhängig vom Vorliegen der vorgenannten Kriterien auch Unternehmen, die ein für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Geschäftsbetrieb haben, sowie Start-up-Unternehmen, die seit dem 1.1.2017 eine Finanzierung mit einer Unternehmensbewertung von mindestens 50 Mio. EUR (post money) abgeschlossen haben.

Mögliche Stabilisierungsmaßnahmen

Zweck des WSF ist die Stabilisierung von Unternehmen durch (i) die Überwindung von Liquiditätsengpässen und (ii) die Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Kapitalbasis, wenn eine Bestandsgefährdung dieser Unternehmen erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte.

Als mögliche Stabilisierungsmaßnahmen sieht § 21 WStFG Garantien vor. Der WSF kann für ab Inkrafttreten des Gesetzes und bis zum 31.12.2021 begebene Schuldtitel und begründete Verbindlichkeiten eines Unternehmens der Realwirtschaft Garantien übernehmen, um Liquiditätsengpässe zu beseitigen und die Refinanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen.

Darüber hinaus ist in § 22 WStFG geregelt, dass sich der WSF zu marktgerechten Bedingungen an der Rekapitalisierung von Unternehmen mit der Zuführung wirtschaftlichen oder echten bilanziellen Eigenkapitals beteiligen kann. Dies kann etwa durch den Erwerb von nachrangigen Schuldtiteln, Hybridanleihen, Wandelanleihen, Genussrechten, stillen Beteiligungen, Anteilen an Unternehmen oder u.U. auch durch die Übernahme sonstiger Bestandteile des Eigenkapitals der jeweiligen Unternehmen erfolgen.

Für eine Förderung durch den WSF müssen Unternehmen stets auch folgende Voraussetzungen erfüllen: – Anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung. – Liquiditäts- und Kapitalbedarf geht auf COVID-19-Pandemie zurück. – Durch die Stabilisierungsmaßnahmen besteht eine klare und eigenständige Fortführungsperspektive nach Überwindung der COVID-19-Pandemie. – Unternehmen bietet Gewähr für eine solide und umsichtige Geschäftspolitik. – Unternehmen leistet Beitrag zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

Angemessene Vergütung

Der WSF verlangt für seine Finanzierungsmaßnahmen eine angemessene Vergütung. Bei der zu vereinbarenden Vergütung ist auch die Krisensituation des Unternehmens mit Risikoaufschlägen zu berücksichtigen. Zudem soll die Vergütungsstruktur bei Rekapitalisierungsmaßnahmen Anreize für einen raschen Ausstieg des WSF schaffen; dies führt zu einem Ansteigen der Vergütungen mit zunehmender Beteiligungsdauer des WSF.

Zusätzliche Anforderungen

Im Zusammenhang mit den Stabilisierungsmaßnahmen durch den WSF werden Unternehmen regelmäßig umfangreiche Verpflichtungen gegenüber dem WSF eingehen. Diese können insbesondere die folgenden Punkte umfassen:

  • Aufnahme weiterer Kredite
  • Mittelverwendung,
  • Untersagung von Dividendenausschüttungen,
  • Untersagung von Dividendenausschüttungen,
  • Begrenzung der Vergütung der Mitglieder der Geschäftsleitung auf die Grundvergütung zum 31.12.2019,
  • Untersagung einer Beteiligung von mehr als 10 % an Wettbewerbern bzw. vor- und nachgelagerten Unternehmen,
  • umfassende Berichtspflichten
  • Entwicklung einer Ausstiegsstrategie für die Staatsbeteiligung.

Änderungen des Gesellschaftsrechts

Das Beschleunigungsgesetz enthält erhebliche gesellschaftsrechtliche und sonstige rechtliche Erleichterungen, die die Umsetzung der Rettungsmaßnahmen durch den Staat beschleunigen. Neben der Erleichterung von Kapitalmaßnahmen ist diesbezüglich insbesondere die erleichterte Ausgabe von Genussrechten und Schuldtiteln an den WSF zu nennen.

Fazit

Der Bund hat mit dem WSF ein schlagkräftiges Instrumentarium geschaffen, um Unternehmen, die Corona-bedingt in die Krise geraten sind, zu stabilisieren. Es bleibt zu hoffen, dass der WSF jetzt schnell operabel wird, um den Unternehmen die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen gewähren zu können.

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Hinweis: Dieser Artikel ist aus dem aktuellen BondGuide 12-2020 von letztem Freitag.