Die Law Corner von Dr. Mirko Sickinger, LL.M, Partner, und Franziska Decker, M.A., Associate, Heuking Kühn Lüer Wojtek PartGmbB, Köln
„Treue fest verzinst. Liebe verzinst sich“ – Unter diesem Motto legte der 1. FC Köln 2012 die FC-Anleihe 2012/17 auf. Und auch 2016 bewarb der Fußballclub die Neuauflage der Anleihe mit demselben Motto. Das Ziel: Die Ablösung kurz- und mittelfristiger Darlehen.[1] Medienberichten zufolge zahlte der 1. FC Köln Ende Juli 2024 die Anleihe zurück.[2] Eine weitere Neuauflage ist nicht geplant. Aber warum eigentlich nicht?
Ausweislich der Finanzkennzahlen der Deutschen Fußball Liga für das Geschäftsjahresende 2023 haben rund 15 der 36 Fußballclubs der 1. und 2. Bundesliga in der Saison 2024–25 einen Jahresfehlbetrag zu verzeichnen.[3] Ungeachtet dessen haben Profivereine einen vielfältigen Finanzierungsbedarf: Sicherung von Lizenzen, Ausbau und Instandhaltung von Stadien, Finanzierung von Spielertransfers und Nachwuchsförderung sind nur einige Bereiche, für die stetig neues Kapital benötigt wird.
Dabei können Fußballclubs auf diverse Formen der Finanzierung zurückgreifen. Eine davon erfreute sich in der Vergangenheit einer kurzfristigen Beliebtheit: Die „Fan-Anleihe“. Seit Anfang der 2000er Jahre, angefangen mit Hertha BSC, begaben mehrere Profivereine Fan-Anleihen, um Kapital von Fans und Unterstützern einzusammeln. Nicht nur Hertha BSC und der 1. FC Köln nutzten Fan-Anleihen, sondern auch 1860 München, der FC St. Pauli und der 1. FC Schalke 04.
Das Volumen von Fan-Anleihen lag zumeist zwischen 3 und 15 Mio. EUR; die Höhe der Verzinsung betrug zwischen 3,5 und 7,0%.
Während für den üblichen Anleger Kriterien wie Strategien des Managements, Finanzkennzahlen und ein nachhaltiges Wachstum der Emittentin vorrangig sind, standen bei der Begebung von Fan-Anleihen andere Aspekte im Vordergrund.
Ausgestaltung und Bewerbung der Anleihen setzten auf Emotionalität: Die Stückelung war oft bewusst niedrig gehalten, um gerade Fans und Unterstützern den Erwerb einer Fan-Anleihe zu ermöglichen. Zudem wurde eine Stückelung in Anlehnung an das Gründungsjahr des jeweiligen Fußballclubs gewählt. Das Herzstück der meisten Fan-Anleihen war die „Schmuckurkunde“: Ein kunstvoll gestaltetes Dokument, das die Verbundenheit zum jeweiligen Verein manifestierte.
Auch der 1. FC Köln setzte bei der Begebung seiner Anleihen auf die emotionale Bindung zu seinen Fans: Die Schmuckurkunden wurden von einem Künstler entworfen. Die Urkunden waren in den Stückelungen 1.948, 1.000 und 100 EUR zur Zeichnung verfügbar. Auf allen Urkunden prangte der Geißbock, das Vereinstier des 1. FC Köln, die höchste Stückelung reflektiert das Gründungsjahr des Fußballclubs.
Durch die Gestaltung setzten die Fußballclubs auf einen Vertrieb innerhalb des vereinseigenen Fankreises. Die Fan-Anleihe wurde als exklusives Investment präsentiert, das die Loyalität zum eigenen Verein greifbar macht. Die emotionale Verbundenheit zum eigenen Verein wurde damit monetarisiert. Häufig war die Anleihe gar dergestalt aufgelegt, dass die Inhaber für die Zinsforderungen einen Zinsschein von der Schmuckurkunde ablösen und bei der Bank als Einlösungsstelle vorlegen mussten.[4] Die damit einhergehende Beschädigung der Schmuckurkunde – undenkbar für einen echten Fan. Da verzichteten viele lieber auf ihre Zinsansprüche.
Fan-Anleihen sind allerdings für den Erwerber häufig wenig lukrativ; das Geschäft zudem risikobehaftet: Die Finanzen eines Vereins sind mit der sportlichen Zukunft desselbigen verknüpft. Gerät der Verein in eine finanzielle Schieflage, droht der Totalverlust des Investments. Fan-Anleihen sind außerdem nicht besichert.
Lukrativer erscheinen da sog. Immobilienanleihen, die mit einem konkreten Zweck, z.B. dem Ausbau eines Stadions, verknüpft werden können. Sie bieten den Vorteil, dass für sie eine Immobilie als Sicherheit dient. Für den Fall der Fußballvereine könnte dies das Stadion sein. Auch hier ließe sich die Fantreue durch die Kopplung an den Zweck, wie beispielsweise der Ausbau oder die Sanierung des eigenen Stadions, nutzen.
Jenseits der Fan-Anleihen gibt es jedoch mittlerweile auch andere Möglichkeiten der Finanzierung mit einem Hauptaugenmerk auf Fans und Unterstützer, wie das Crowdfunding. 2015 startete z.B. die Faninitiative von Fortuna Düsseldorf 95 ein Crowdfunding zur Unterstützung des Neubaus eines Nachwuchsleistungszentrums.[5] Das Finanzierungsziel betrug 300.000,00 EUR und als Gegenleistung wurden die Sponsoren namentlich genannt. Auch im Rahmen des Crowdfundings können die Fans als maßgebliche Interessenten angesprochen werden. Verbreitet werden solche Initiativen vor allem über die sozialen Medien.
Für die Zukunft ist damit zu rechnen, dass immer weniger Fußballclubs Anleihen begeben oder diese nur noch als Notlösung zur Finanzierung wählen. Die Konditionen für die Fans sind wenig lukrativ, die Umsetzung für den Verein häufig aufwendig.
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[1] Website des 1. FC Köln, https://fc.de/anleihe-2016-2024 (zuletzt abgerufen am 5.8.2024).
[2] Bericht Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 177, 1.8.2024, S. 27.
[3]Finanzkennzahlen der Clubs der Bundesliga, https://www.dfl.de/de/hintergrund/lizenzierungsverfahren/finanzkennzahlen-der-proficlubs/ (zuletzt abgerufen am 5.8.2024).
[4] Schneider, in: Stopper/Lentze, HdB Fußball-Recht, 2. Auflage 2018, Kapitel 24, Rn. 15.
[5] Bericht Rheinische Post vom 16.9.2015, https://rp-online.de/sport/fussball/fortuna/fans-sammeln-geld-fuer-fortunas-nachwuchs_aid-9685899 (zuletzt abgerufen am 5.8.2024).