Law Corner: Neue kapitalmarktrechtliche Sanktionen auch für Anleiheemittenten

Dr. Daniel Rubner, Assoziierter Partner, Lutz Pospiech, Rechtsanwalt, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München
Dr. Daniel Rubner (li), Lutz Pospiech, REs, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Daniel Rubner, Assoziierter Partner, Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

In zahlreichen vorangegangen Beiträgen in der Rubrik „Law-Corner“ – u.a. zuletzt im BondGuide #6/2016wurde bereits ausführlich auf das Wirksamwerden der Bestimmungen der EU-Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) am 3.7.2016 und die einschneidenden Folgen insbesondere für Anleiheemittenten hingewiesen. Neben der Vereinheitlichung des Marktmissbrauchsrechts in den EU-Mitgliedstaaten zielt das neue Marktmissbrauchsrecht auf die Verschärfung der verwaltungs- und strafrechtlichen Sanktionen. Im Hinblick auf das neue Sanktionsrecht sind bis zum 3.7.2016 die Mindestvorgaben der MMVO und auch die Vorgaben der EU-Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (MMSanktionsRL) in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzung der Vorgaben der MMVO und der MMSanktionsRL vollzieht der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (1. FiMaNoG).

1. FiMaNoG
Nachdem das 1. FiMaNoG am 14.4.2016 vom Bundestag verabschiedet worden ist (BT-Drucks. 18/8099), hat am 13.5.2016 auch der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt (BR-Drucks 180/16). Im 1. FiMaNoG folgt der Gesetzgeber grundsätzlich dem Prinzip der „1:1-Umsetzung“, an einigen Stellen geht er indes sogar über die europarechtlichen Vorgaben zur Verschärfung der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen hinaus.

Verwaltungsrechtliche Sanktionen
Die drastische Verschärfung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen zeigt sich insbesondere in der Ausweitung des Bußgeldrechts.

Bei Insidergeschäften und bei Marktmanipulation droht natürlichen Personen künftig eine Geldbuße bis zu 5,0 Mio. EUR. Für juristische Personen bemisst sich der Bußgeldrahmen nach dem höheren der Beträge von 15 Mio. EUR und 15% des (Konzern-)Gesamtumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres.

Bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten ist für natürliche Personen ein Bußgeldrahmen bis zu 1,0 Mio. EUR geregelt. Juristischen Personen droht insoweit eine Geldbuße bis zum höheren der Beträge von 2,5 Mio. EUR und 2% des (Konzern-)Gesamtumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres.

Bei Verstößen gegen sonstige Pflichten (Führen von Insiderlisten, Einschränkungen und Veröffentlichungspflichten bei Directors‘ Dealings) kann natürlichen und juristischen Personen ein Bußgeld in Höhe von 1,0 Mio. EUR auferlegt werden.

Über die zuvor genannten Beträge hinaus ist künftig sowohl für natürliche als auch für juristische Personen eine noch weitergehende verwaltungsrechtliche Sanktionierung in Form der Vorteilsabschöpfung bis zur dreifachen Höhe des aus dem Verstoß gegen das Marktmissbrauchsrecht gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geregelt. Unter wirtschaftliche Vorteile fallen hierbei neben erzielten Gewinnen auch vermiedene Verluste.

Bei Verstößen gegen das Marktmissbrauchsrecht hat die BaFin künftig mit der Intention der Abschreckung die ergangenen Bußgeldentscheidungen unter Offenlegung von Art und Charakter des Verstoßes und der Identität der betroffenen Person für fünf Jahre auf ihrer Homepage zu veröffentlichen (naming and shaming).

Strafrechtliche Sanktionen
Vorsätzliche Rechtsverstöße im Bereich des Insiderrechts und/oder der Marktmanipulation sind strafbar. Der deutsche Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang keine durchgehende Beschränkung der Strafbarkeit auf schwerwiegende Fälle vorgenommen. Natürlichen Personen droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe – und damit mehr als die MMSanktionsRL verlangt (dort: Höchststrafe von vier Jahren). Auch juristische Personen können für Straftaten künftig zur Verantwortung gezogen werden.

Fazit
Die MMVO und die sie flankierende drakonische Verschärfung der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen durch das 1. FiMaNoG führen zu einem Paradigmenwechsel für die Anleiheemittenten – sie sind dringend aufgerufen, ihre internen Organisationsstrukturen und ihre kapitalmarktrechtliche Compliance der neuen Rechtslage anzupassen.

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