Law Corner: Bausteine zur Erhöhung der Transaktionssicherheit bei der Restrukturierung

Dr. Christian Becker (li) & Dr. Lutz Pospiech

Der Law Corner Beitrag von Dr. Christian Becker, Partner, Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Im Gesamtsanierungskonzept eines Bond-Emittenten in der Krise kommt der Restrukturierung der Anleihe regelmäßig zentrale Bedeutung zu. Oftmals stellen die Anleihegläubiger eine der größten Gläubigergruppen des Emittenten dar, der ein substanzieller Sanierungsbeitrag abverlangt wird. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, den Blick auf mögliche Maßnahmen zu lenken, die Anleihegläubiger aktiv in den Restrukturierungsprozess einzubinden und umfänglich zu informieren.

Info-Memo „light“
Um Anleihegläubigern eine umfassende Informationsgrundlage zu bieten, sollten u.E. ausführliche Informationen über den Emittenten in Form eines komprimierten Info-Memos in der Einladung zur AGV zur Verfügung gestellt werden. Darzustellen sind insb. das Geschäftsmodell, die Gründe für die wirtschaftliche Krise, aktuelle Finanzkennzahlen (u.U. auch vorläufige, ungeprüfte) sowie das Gesamtsanierungskonzept und die einzelnen Sanierungsmaßnahmen.

Gerade in Restrukturierungssituationen hat es sich in der Praxis als vorteilhaft erwiesen, die Anleihegläubiger durch ein komprimiertes Info-Memo transparent zu informieren und sie somit in die Lage zu versetzen, über das vorgeschlagene Konzept zu entscheiden.

Hypothetische Insolvenzquotenprognose
Zudem empfehlen wir einem Emittenten grundsätzlich, eine im Insolvenzrecht spezialisierte Kanzlei mit der Erstellung einer Prognose über eine mögliche Insolvenzquote in einem hypothetischen Insolvenzverfahren des Emittenten zu beauftragen.

Wenn die Anleihegläubiger das vorgeschlagene Restrukturierungskonzept ablehnen, entfällt regelmäßig die positive Fortführungsprognose: Der Emittent wäre dann verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen. Um Anleihegläubigern einen Ansatz für ihre Recovery-Quote in einem Insolvenzverfahren im Verhältnis zu dem vorgeschlagenen Restrukturierungskonzept zu geben, empfiehlt es sich, ihnen eine Insolvenzquotenprognose in einem hypothetischen Insolvenzverfahren des Emittenten zur Verfügung zu stellen.

Aufgrund der Unsicherheiten über (i) den tatsächlichen Ablauf, die Dauer und Kosten eines Insolvenzverfahrens, (ii) die noch zu erzielenden Umsätze und (iii) die Verwertungserlöse der Vermögensgegenstände kann die Prognose über eine Insolvenzquote nur auf der Grundlage der getroffenen Annahmen erfolgen. Dennoch stellt sie für die Anleihegläubiger eine wichtige Information dar, warum sie im Falle einer erfolgreichen Umsetzung der geplanten Anleiherestrukturierung (hoffentlich) besser stehen als in einem Insolvenzverfahren des Emittenten.

Sanierungsgutachten
Die umfangreiche Information der Anleihegläubiger durch ein Info-Memo „light“ und die hypothetische Insolvenzquotenprognose kann noch flankiert werden durch ein Sanierungsgutachten eines Wirtschaftsprüfers – idealerweise in Form eines Gutachtens nach Maßgabe des Standards IDW S6. In dem Gutachten können das Sanierungskonzept des Emittenten und seine Planung ausführlich erläutert und vom WP zugleich plausibilisiert werden.

Durch ein solches Sanierungsgutachten erhalten die Anleihegläubiger weitere Hintergrundinformationen und auch Planzahlen des Emittenten, die ihnen eine Bewertung des vorgeschlagenen Konzepts zur Anleiherestrukturierung und der einzelnen Maßnahmen ermöglichen.

Offene und transparente Kommunikation
Eine offene und transparente Kommunikation des Emittenten ist ein ganz wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Anleiherestrukturierung. Neben Investoren-Calls und Hintergrundgesprächen mit Pressevertretern kann ein Emittent u.a. durch Corporate News/Pressemitteilungen und Veröffentlichungen auf der Website (z.B. FAQs, die fortlaufend aktualisiert werden) den Anleihegläubigern weitergehende Informationen zur Verfügung stellen. Durch die umfassende Kommunikation erreicht der Emittent möglichst viele Anleihegläubiger, um diese zur Teilnahme an der Beschlussfassung zu motivieren und das Beschlussfähigkeitsquorum (50 bzw. 25% der ausstehenden Schuldverschreibungen) zu erreichen.

Fazit
Um die erforderlichen Quoren und Mehrheiten der Anleihegläubiger zu erreichen, hat ein Emittent ein faires und marktgängiges Restrukturierungskonzept vorzuschlagen. Entscheidend ist nach unseren Erfahrungen zudem, dass der Emittent den Prozess möglichst transparent für seine Anleihegläubiger gestaltet. Durch die Erstellung eines Info-Memos ‚light‘, einer hypothetischen Insolvenzprognose und eines Sanierungsgutachtens lässt sich die Transaktionssicherheit bei der Restrukturierung einer Anleihe u.E. deutlich erhöhen.

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