Law Corner: Stellschrauben bei Wandelanleihen

Der Law Corner Beitrag von Dr. Thorsten Kuthe, Meike Dresler-Lenz, Rechtsanwälte, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln.

Wandelanleiheemissionen erfreuen sich gerade in Zeiten volatiler Kapitalmärkte zunehmender Beliebtheit: Im Vergleich zu Kapitalerhöhungen oder einfachen Anleiheemissionen sind die Gestaltungsspielräume bei Wandelanleihen wesentlich größer. Wir zeigen nachstehend einige typische Stellschrauben aus der Praxis auf.

Bei den Bedingungen einer Wandelanleihe gibt es zunächst die gleichen typischen Standardregelungen wie bei einer Unternehmensanleihe. Als eigenkapitalähnliches Instrument wird eine Wandelanleihe dabei typischerweise selten mit strengen Anlegerschutzklauseln („Covenants“) oder sonstigen Auflagen versehen. Die Unterschiede in der Praxis konzentrieren sich vielmehr auf die Ausgestaltung des Wandlungsrechts.

Im Fokus steht hier im ersten Schritt der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis. Hier wird zwischen einem festen und einem variablen Wandlungsverhältnis unterschieden. Das feste Wandlungsverhältnis orientiert sich meist am Börsenkurs im Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung und sieht einen Aufschlag hierauf vor.

Variable Wandlungsverhältnisse (die im Vergleich seltener vorkommen) orientieren sich hingegen am Börsenkurs im Zeitpunkt der Ausübung des Wandlungsrechts. Rechtlich ist dabei zu beachten, dass als Untergrenze zum einen jeweils der Preis von 1 EUR je Aktie zu bedenken ist und zum anderen die im Hauptversammlungsbeschluss in aller Regel aufgrund aktienrechtlicher Vorgaben vorgesehene Untergrenze, die in der Praxis meistens 80% des Börsenkurses im Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung beträgt.

Schutz vor Verwässerung
Wirtschaftlich relevant und nicht selten Gegenstand langer Diskussion ist außerdem die Frage, welchen Verwässerungsschutz es gibt. Hier gibt es zwei Grundansätze: Der eine ist, dass die Inhaber von Wandelschuldverschreibungen Verwässerungsschutz genau dann erhalten, wenn auch Aktionäre Verwässerungsschutz hätten, also bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht oder aus Gesellschaftsmitteln.

Den Gegenpol bildet die Idee, Wandelschuldverschreibungsinhabern eine Absicherung ihrer Einstiegsbewertung zu ermöglichen (und sie damit noch besser abzusichern als Aktionäre) und auch dann gegen Verwässerung zu schützen, wenn Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrecht zu einem Ausgabebetrag unter dem Wandlungspreis erfolgen oder wenn Dividenden gezahlt werden.

Damit ernten Wandelanleihegläubiger quasi die Rosinen aus den Welten des Eigen- und des Fremdkapitals. Während sie einerseits sogar besser stehen als Aktionäre, haben sie andererseits als „Downside-Protection“ noch immer den Anspruch auf verzinste Rückzahlung. Entsprechende Bedingungen werden daher meistens nur dann akzeptiert, wenn die Emittenten in einer schlechten Verhandlungsposition sind.

Lieferung der Aktien
Neben der üblichen Bedienung mit Aktien aus bedingtem Kapital kann auch eine Bedienung aus bestehenden Aktien sowie eine Barzahlung in Höhe des Kurswerts im Zeitpunkt der Wandlung vorgesehen werden. Der letztgenannte Punkt ist nicht selten Gegenstand kontroverser Verhandlungen.

Schließlich werden Wandelschuldverschreibungen einerseits gelegentlich mit Nachrang ausgegeben und andererseits gelegentlich mit Sicherheiten. Beides ist (wenn auch nicht gleichzeitig) möglich. Zu beachten ist, dass der Nachrang dann unmittelbar vor der Wandlung enden muss.

Auch „umgekehrte Wandelanleihen“ mit optionalem Wandlungsrecht der Gesellschaft und Pflichtwandelanleihen, bei denen spätestens zum Ende der Laufzeit eine Wandlung erfolgen muss, sind seit langer Zeit bekannt. Die vielgenannten „Contingent Convertible Bonds“ (CoCo-Anleihen) sind nur insoweit erleichtert, als das in solchen Fällen das bedingte Kapital unter Umständen nicht mehr auf 50% des bestehenden Grundkapitals beschränkt ist.

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