Schwere Zeiten für Scholz: Die internationale Recyclinggruppe muss ihre Finanzverbindlichkeiten restrukturieren – vorher gibt’s kein frisches Geld von potenziellen Neuinvestoren! In diesem Zusammenhang werden auch die Bondholder, die für rund ein Fünftel der Konzernschulden stehen, wohl mit einem Sanierungsbeitrag zur Beteiligung gebeten – in welcher Form, ist noch nicht bekannt!
Bei der hauptsächlich noch familiengeführten Scholz Holding GmbH stehen umfassende finanzielle Restrukturierungsmaßnahmen ins Haus. Wie der Recyclingkonzern mitteilte, gebe es bei dem seit September vorigen Jahres laufenden Investorenprozess „im Grundsatz großes Interesse von Investoren“, neues Eigenkapital zuzuführen.
Allerdings würde ein Engagement voraussetzen, dass Scholz die „umfassende Restrukturierung der derzeitigen Kapital- und Schuldenstruktur“ angehe. Laut Konzernhalbjahresbilanz beliefen sich die Finanzschulden zum 30. Juni 2015 noch auf knapp 900 Mio. EUR – darin enthalten, die offiziell im Frühjahr 2017 endfälligen Schulden der ausstehenden 8,5%-Unternehmensanleihe (2012/17) über nominal 182,5 Mio. EUR.
Hierfür würden gegenwärtig gemeinsam mit allen Fremdkapitalgebern und Hauptfinanzgläubigern geeignete Mittel und Wege diskutiert. Ziel sei es, das bereits weitgehend restrukturierte operative Geschäft durch entsprechende Maßnahmen mit einer wieder nachhaltig soliden Kapitalbasis zu unterlegen, so Scholz. Das dürfte auch die Restrukturierung der ausstehenden Anleihe einschließen. Welche konkreten Schritte hierfür mitunter ins Auge gefasst werden, ist noch nicht bekannt, wurde BondGuide auf Anfrage aus Unternehmenskreisen mitgeteilt. Inzwischen sei auf Antrag von Scholz aber ein Kurator nach dem österreichischen Kuratorengesetz bestellt worden.
Eine etwaige Anleiherestrukturierung dürfte nicht vollständig einfach zu bewerkstelligen sein. Der Scholz-Bond ist immerhin nach österreichischem Recht begeben, was u.a. bedeutet, dass es keinen gemeinsamen Anleihevertreter gibt, sondern mitunter lediglich einen den Gläubigern vorstehenden sog. Kurator. Dieser nicht von den Bondinhabern zu wählende Kurator wird von einem Gericht bestellt und ist an keine etwaigen Gläubigerbeschlüsse gebunden. Vielmehr hat er die Interessen aller Gläubiger gleichermaßen zu berücksichtigen und dann eine eigene Entscheidung zu treffen.
In puncto Anleiherestrukturierung einen gemeinsamen Konsens zu finden, dürfte damit schwerer fallen, insbesondere je größer und heterogener der zuzustimmende Investorenkreis in der Scholz-Anleihe ist.
Unklar ist in diesem Zusammenhang auch, inwieweit mögliche Restrukturierungsmaßnahmen bzw. die angestrebte Neuaufnahme von Investoren die in den Anleihebedingungen festgeschriebene Kontrollwechselklausel berühren. Denn für den unwahrscheinlichen Fall, dass im Zuge dessen die CoC-Klausel von den Beteiligten unberücksichtigt bleibt und dadurch ggf. die Kontrollmehrheit der Familie Scholz zusammen auf unter 50,1% des Stammkapitals sinkt, ist jeder Bondinhaber berechtigt, seine TSV zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung zum Nennbetrag zzgl. aufgelaufener Zinsen zu verlangen. Ein Szenario, dass u.a. bei einem Kassenstand von zuletzt 40,2 Mio. EUR (H1/2015) tunlichst vermieden werden sollte.
Aus Fondskreisen erfuhr BondGuide auf Nachfrage, ‚man habe die Nase voll, die Weichen seien jetzt ziemlich eindeutig gestellt‘. Bisher hatten sich institutionelle Adressen auf die Unantastbarkeit des Scholz-Bonds gestützt – und verlassen. Der massive Kursverlust heute, vor allem im frühen Handel, dürfte auf große Adressen zurückgehen.
Unterdessen wurden Geschäftssitz, Geschäftsführung und Geschäftstätigkeit der Scholz Holding nach London verlegt und die Leitung der Gesellschaft, die sich künftig auf die Umsetzung der finanziellen Restrukturierung konzentrieren soll, teilweise neu besetzt. Der Schritt werde dahingehend interpretiert, dass sich der Konzern unter englischem Restrukturierungsrecht deutlich schneller und „effektiver“ als hierzulande restrukturieren könne. Oliver Scholz bleibe CEO der Holding. Die beiden neu bestellten Geschäftsführer Michael Thomas und Neil Robson von der Restrukturierungsberatung Talbot Hughes McKillop sollen den anstehenden Prozess begleiten.
Die neu gegründete Scholz Management Service GmbH mit Sitz in Essingen hat indes alle Aufgaben für die Steuerung der operativen Geschäfte der Gruppe übernommen. Die Geschäftsführung der 100%-Tochter obliegt ebenfalls Oliver Scholz (CEO) sowie CFO Parag-Johannes Bhatt und Dr. Kay Oppat, der als COO tätig ist. Scholz betont, dass „ungeachtet dieser Maßnahmen auf Ebene der Scholz Holding die operativen Geschäfte der Gruppe von der geplanten finanziellen Restrukturierung unberührt sind und ohne Veränderungen weiterlaufen“.
Fazit
Nach der operativen Restrukturierung sieht sich Scholz nun gezwungen, auch seine Passivseite von der erheblichen Schuldenlast zu befreien. Erst nach einer „erfolgreichen“ Entschuldung des Scholz-Konzerns können sich potenzielle Neuinvestoren einen Einstieg vorstellen. Allerdings dürfte die Restrukturierung nicht ganz einfach werden. Das dachten sich wohl auch der Scholz-Miteigentümer Toyota Tsusho Corporation, der frühzeitig erklärte, seine Beteiligung nicht weiter auszubauen und somit eher eine mögliche Verwässerung seiner Anteile in Kauf zu nehmen, und die Bondholder, die am Morgen vermehrt Scholz-Anleihen aus ihrem Depot warfen.
Michael Fuchs