LR Global: „Stolz, uns mit unserem Kapitalmarktprodukt ‚Anleihe‘ auch selbst weiterentwickelt zu haben“

Vor einem Jahr war die Nachrichtenlage zu Anleiheemittent LR Global nicht so richtig gut – Visibilität: praktisch Null. Dann verbesserten sich die 2022er Zahlen zunehmend. Warum und wodurch, u.a. dazu sprach BondGuide mit CEO Dr. Andreas Laabs.

BondGuide: Herr Laabs, zunächst zum Auftakt zu Ihnen selbst: Bis zum überraschend zeitnahen Ausscheiden von Ex-Kollege CEO Friesch vor rund einem Jahr waren Sie bereits CFO und COO bei der LR. Was ist ihr persönlicher Hintergrund?
Laabs: Ich bin klassischer Diplom-Kaufmann und habe Wirtschaftswissenschaften studiert. Meine Stationen über viele Jahre in kaufmännischer Funktion waren Bertelsmann und Gruner & Jahr. Anschließend war ich für Thalia in Hagen tätig, wo der Aufbau des E-Commerce-Geschäfts ein Schwerpunkt war. Seit nunmehr neun Jahren bin ich bei der LR-Gruppe, seit einem Jahr nun Vorstandsvorsitzender.

BondGuide: In derselben Meldung hieß es vor einem Jahr zugleich, die LR Gruppe erwäge eine Anpassung der Financial Covenants der Anleihe 2021/25. Nun besserten sich die Zahlen indes im Jahresverlauf 2022 – ist die Sache vom Tisch?
Laabs: Wir haben nur einen Maintenant Covenant in der Anleihe, und der betrifft den Leverage – also das Verhältnis der verzinslichen Nettoverschuldung zum Group EBITDA. Anfang 2022 war die Lage wahnsinnig schwer zu prognostizieren für uns – denn gerade hatte der Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen, während immerhin die Pandemie sich ihrem Ende entgegen neigte. Trotzdem: Die Visibilität war praktisch gleich Null zu dem Zeitpunkt, daher hatten wir eine Anpassung des Covenants vorsorglich in Betracht gezogen.

BondGuide: …aber dann verlief 2022 doch wieder vermehrt in geregelten Bahnen.
Laabs: Das ließ sich damals nur erhoffen, aber nicht sicher einplanen. Von Hause aus sind wir eher konservativ unterwegs. So haben wir zweimal eine Guidance für das Gesamtjahr abgegeben und beide Male haben wir diese erreicht, wobei wir die jüngste Prognose für das EBITDA reported mit 31,3 Mio. EUR sogar übertreffen konnten. Damit steht LR im Wettbewerbervergleich gut dar, denn das hat 2022 nicht jeder bewerkstelligt. Wenn die Visibilität auf den weiteren Ausblick vor einem Jahr Null war, so ist sie inzwischen immerhin ‚gering‘ – die Marktbedingungen bleiben weiter herausfordernd. Angesichts der recht ordentlichen Zahlen für 2022 hat das Thema mögliche Covenant-Anpassung keinen Bedarf mehr.

BondGuide: 2022 blieb in der Tat nur wenige Prozentpunkte unter dem Vorjahr. Welche Lehren haben Sie denn aus der Pandemie und den geopolitischen Verwerfungen gezogen?
Laabs: Wir haben intern etwas umgesteuert und das Thema ‚zusätzliche Einkommensmöglichkeit‘ als LR-Partner stärker in den Vordergrund gerückt. Die Anzahl unserer Karriereentwicklungen hat zwischen Juni 2022 und Januar 2023 um 38% zugenommen – ganz sicher hat dieser Zuwachs unseren Umsatz im vergangenen Jahr stabilisiert. Das Social Selling[1] als zusätzliche Einkommensmöglichkeit für unsere Partner hat uns in dieser Zeit sehr geholfen. Wir haben auch große internationale Partner wie zum Teil Bruce Willis oder Guido Maria Kretschmer, aber der ganz, ganz überwiegende Teil sind normale Menschen, denen ein Produkt gefällt und dieses weiterempfehlen. Davon abgesehen haben wir während der Pandemie unsere Bestände etwas hochgefahren, um möglichen Lieferengpässen vorzubeugen.

BondGuide: Neulich kam eine Meldung den Markteintritt in UK betreffend. Ist das ein wichtiger Markt für die LR Gruppe?
Laabs: Ganz gewiss: Das ist ein erfolgversprechender Markt mit 70 Mio. Bürgern und langer Historie im Direktvertrieb. Diese Chance war jetzt da und wir versuchen sie, nun zu nutzen. Um als LR in diesem Markt Fuß zu fassen, werden wir verstärkt auf das Cross-Sponsoring setzen, das heißt: Wir wollen das länderübergreifende Netzwerk der Partner gezielt nutzen.

BondGuide: Wo geht denn am meisten und wo gar nichts im Online-Direktvertrieb?
Laabs: Stark sind traditionell die DACH-Region, Osteuropa und eben UK. Gar nicht gibt es so nicht – da fällt mir wirklich kein Land ein. Wichtig ist überall, dass wir unsere Partner mit vielfältigen Maßnahmen bei ihren Aktivitäten unterstützen und es ihnen erleichtern, bei LR eine Karriere zu starten.

Aloe Vera @ LR

BondGuide: Wie steht es mit der Umsetzung einer ESG-Strategie – wie kompliziert ist die in Ihrem Metier?
Laabs: Wir haben in diesem Jahr zum ersten Mal einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. In allen drei Bereichen haben wir einen guten ersten Stand. Stolz sind wir darauf, im Bereich G, also Governance, uns mit dem Kapitalmarktprodukt der Anleihe selbst weiterentwickelt zu haben – beispielsweise durch ein TÜV-zertifiziertes Compliance-Management-System. Wir haben uns anspruchsvolle Ziele gesetzt und möchten diese auch erreichen.

BondGuide: Sie haben ja mitunter globale Lieferketten. Ist da die Transparenz überall gewährleistet, wie es heutzutage erwartet wird, wenn nicht sogar vorgeschrieben ist?
Laabs: Das ist in unserem Falle zum Glück nicht sehr kompliziert. Acht bis neun unserer Top-Lieferanten sind in Deutschland beheimatet. Aloe Vera, das wir vor allen Dingen für unsere Produkte in hoher Qualität benötigen, wächst in den Hochregionen von Mexiko. Wir haben uns den Anbau vor Ort angeschaut und greifen auf zertifizierte Zulieferer zurück. Der Großteil unserer Produkte zeichnet sich somit durch Made in Germany aus.

Dr. Andreas Laabs, LR Global

BondGuide: Was ist Ihre aktuell größte Sorge, auch mit der Lehre aus den letzten Jahren?
Laabs: Mit der Erfahrung der letzten Jahre sind es ganz klar externe Einflüsse, die nicht vorhersehbar waren. Wir haben kurzfristig reagiert und uns für die Zukunft im Hinblick auf unsere Lieferketten variabler aufgestellt. Ich schaue seither demütig auf die Wucht, die solche Themen entfalten können.

BondGuide: Herr Dr. Laabs, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die tollen Erläuterungen!

Interview: Falko Bozicevic

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