„Convertible Bonds bedienen klassische Crossover-Investoren“

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Das Jahr 2022 war auch für Convertible Bonds (=Wandelanleihen) ein schwieriges – aber die Ausgangslage hat sich verändert. BondGuide im Exklusiv-Interview mit Davide Basile*

BondGuide
: Herr Basile, vielleicht zum Einstieg einige Worte von Ihnen selbst über sich – und welchen oder welche Fonds managen Sie?

Basile: Meine Karriere habe ich bei Morgan Stanley gestartet, im Jahre 2001 – bis 2009, also dem Ende der damaligen Finanzkrise. Mit Wandelanleihen bin ich bisher lebenslang verbunden. Angefangen hatte ich als Analyst, bin dann aber schon bald auf die Management-Seite für Bonds gewechselt. Damals bot sich die Gelegenheit, zu Redwheel zu wechseln, das eine ziemlich gute Reputation im Bereich Convertibles hatte – so bin ich, wo ich heute bin.

BondGuide: Und bei Redwheel haben Sie die Aufsicht über mehrere Wandelanleihen-Fonds?
Basile: Wir haben drei Fonds, jedenfalls in meinem Team: Global Convertibles Fund als größter, der Asia Convertibles Fund mit Exposure nur in Asien und schließlich – schon seit fünf Jahren, also wir waren wirklich früh dran – einen ESG-konformen Convertibles Fund.

BondGuide: Kommen wir gleich zu einer unangenehmen Frage: Wie schlimm war das Jahr 2022?
Basile: Da gibt es keine zwei Meinungen… Ich betrachte aber lieber die letzten drei Jahre, also die drei Corona-Jahre 2020 bis 2022. Auch wenn 2022 in Prozentzahlen schlimmer war, das schwierigste Jahr für uns war 2021, als wir 3 ½% Minus erlitten im größten Fonds.

BondGuide: Das überrascht mich in der Tat ein wenig. Was war denn so besonders an 2021? – also zwischen dem sowohl besten als auch schlechtesten Jahr seit der Finanzkrise 2008.
Basile: 2020 waren ein außergewöhnlich gutes Jahr, sowohl für Aktien als auch Anleihen. Jedenfalls nach dem Corona-Schock im ersten Halbjahr. 2022 hat unser Hauptfonds zwar auch ein Minus von knapp 18% verkraften müssen, aber trotzdem war dies besser als diverse Vergleichsindices. Aber 2021 war frustrierend: Die Rahmendaten waren genau so, dass ein Convertible Bonds underperformen musste.

BondGuide: 2020 hingegen war ein sehr gutes für Convertible Bonds. Warum – was war wiederum in dem Jahr?
Basile: Das Jahr startete mit dem Beginn der Pandemie – ein Selloff brach vom Stapel, der stärkste der letzten soundso viel Jahre oder gar Jahrzehnte. Im Anschluss erholten sich aber die Aktien sehr schnell, während gleichzeitig die Zentralbanken den Anleihemärkten zu Hilfe sprangen – beides extrem gut für Wandelanleihen. Zugleich wurden die Wandelpreise der neuen Emissionen dieses ersten Corona-Jahres sehr attraktiv – ganz besonders bei denjenigen Branchen, die durch Covid am härtesten betroffen waren, z.B. Hotels, Airlines, Touristik etc., um nur einige zu nennen. Aufgrund der Emissionsflut in dem Jahr gab es auch reichlich Auswahl, und die Emittenten mussten daher einen ansprechenden Kupon für Investoren bieten. Es ist deshalb überaus nachvollziehbar, dass 2020 für Investoren in Convertible Bonds ein sehr, sehr gutes wurde.

BondGuide: Das hat sich mit dem Beginn von 2021 dann jedoch in sein Gegenteil verkehrt.
Basile: Genau so kam es. Die Bewertungen Ende 2020 waren stark angestiegen. Es gab jetzt eine Flut an Neuemissionen. Wer bei Neuemissionen dabei sein möchte, muss ältere Bestände erst einmal verkaufen – das drückt bestehende Kurse. Zu allem Überfluss gab es noch eine ziemliche Verschiebung in Richtung High Tech, die sich als nicht sonderlich gesund herausstellte. In der Summe blutete unsere Anlageklasse das gesamte Jahr 2021 hindurch.

BondGuide: Wir haben beobachtet, dass die Emissionstätigkeit bei Wandlern schon angezogen hat. Wird die nahe Zukunft denn Rückenwind für Wandelanleihen bereithalten bzw. wird dies erwartet?
Basile: Der Hintergrund ist einfach. Nach dem letztjährigen Selloff im Tech-Sektor – genauer: im ersten Halbjahr – haben wir es bei Wandelanleihen aus diesem Auflagezeitraum nunmehr mit einer quasi risikobereinigten Anlageklasse zu tun, da die Wandlungspreise so viel niedriger ausfallen. Insofern verhalten sich Wandelanleihen derzeit wie normale Anleihen, nur dass man das Upside-Potenzial noch zusätzlich erhält. Nach 2021 haben wir zudem einen Paradigmenwechsel im Vergleich zu den letzten Jahren: Plötzlich gibt es nämlich überhaupt erst wieder Kupons: Intern nennen wir das ‚New Deal‘. Vor wenigen Jahren waren das schon mal Nullkupon-Wandelanleihen. Vor diesem Hintergrund werden in nächster Zeit sicherlich interessante Emissionen mit attraktiven Kupons kommen – Refinanzierungsbedarf lässt sich schließlich nicht unendlich aufschieben, bis die Leitzinsen eines schönen Tages womöglich wieder bei Null sein werden wie im letzten Jahrzehnt.

BondGuide: In Bezug auf Wandelanleihen höre ich oft, das Anlageuniversum sei klein – für viele Fonds zu klein. Stimmt das, hat sich inzwischen etwas geändert oder kann man da nur als kleinerer Fonds investieren?
Basile: Das ist eine Frage der Perspektive. Die Asset-Klasse Wandelanleihe mag weltweit ca. 600 Mrd. USD groß sein, also vielleicht 1/50 der Größe aller Unternehmensanleihen. Für einen Fonds mit einem Volumen von vielleicht bis zu 3 Mrd. USD gibt es kein Problem – für einen großen Pensionsfonds könnte das Convertibles-Anlageuniversum tatsächlich zu klein sein. Damals bei Morgan Stanley stießen wir ebenfalls an diese Größe. Ein zu großer Fonds kann sich mit dem sog. Delta dann nicht mehr vom Markt abheben, da er jede Emission mitnehmen muss.

BondGuide: Und ist die Anlageklasse liquide genug oder ist sie nur etwas für Profis?
Basile: Der Vorteil unserer Anlageklasse ist, dass sie die klassischen Crossover-Investoren bedient – also diejenigen, die eine klassische Mischung ihrer Assets aus Aktien und Anleihen suchen, wie es die traditionelle Theorie vorsieht. Daher ist unser Markt doch einigermaßen liquide und es gibt zahlreiche Mitbewerber, die hier unterwegs sind – das kann ich Ihnen aus erster Hand garantieren.

Davide Basile

BondGuide: Kommen wir aber auch zur geografischen Ausrichtung: Welche Regionen mögen Sie am liebsten in Bezug auf Wandelanleihen?
Basile: Technisch ist Asien am günstigsten. Daher hatten wir auch einen eigenen CB-Fonds für Asien nachgelegt. Der Grund ist folgender: In den entwickelten Märkten kann man den Convertible Bond in seine Einzelteile Aktie plus Anleihe zerlegen und sich mit Optionsgeschäften absichern, z.B. indem man das Basisinstrument shortet. Das geht auf den asiatischen Märkten jedoch entweder nicht oder kommt zu teuer. Auch sind die Emissionsvolumina in Asien traditionell niedriger, d.h. einige CB-Fonds können sich aus den eben besprochenen Gründen nicht beteiligen. Dies führt in der Summe dazu, dass der asiatische Markt für Wandelanleihen durchaus günstig und attraktiv ist. Den US-Markt mögen wir traditionell, zuletzt jedoch haben wir Europa einige Prozente höher gewichtet.

BondGuide: Herr Basile, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die Einblicke!

Interview: Falko Bozicevic

*) Davide Basile stieß 2010 von Morgan Stanley zu Redwheel, wo er das Convertible Bonds Team leitet.

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