Umgekehrte Wandelanleihen und Pflichtwandelanleihen – Finanzierungsalternativen für Unternehmen

Im Rahmen einer Novelle zum Aktiengesetz sollen erstmals gesetzliche Regelungen für sogenannte „umgekehrte Wandelanleihen“ eingeführt werden. Diese gewähren dem Emittenten ein Recht zur Wandlung der Anleihen in Aktien und können, ebenso wie Pflichtwandelanleihen, eine interessante Finanzierungsalternative für Unternehmen darstellen.

Zulässigkeit umgekehrter Wandelanleihen
Nach dem herkömmlichen Verständnis gewährt eine Wandelanleihe dem Anleger ein Recht zur Wandlung. Auch wenn es bislang gesetzlich nicht geregelt ist, war es schon bisher allgemein anerkannt, dass auch dem Emittenten ein Wandlungsrecht eingeräumt werden kann. Umstritten war aber, ob für solche „umgekehrten Wandelanleihen“ ein bedingtes Kapital geschaffen werden kann. Mit einer Novelle des Aktiengesetzes soll nunmehr die Zulässigkeit klargestellt und die Möglichkeit der Schaffung eines bedingten Kapitals gesetzlich normiert werden.

Möglicher Anwendungsbereich: Vorsorge für künftige Notsituationen
Der Vorteil für den Emittenten bei der Ausgabe umgekehrter Wandelanleihen liegt darin, dass ihm die Möglichkeit eröffnet wird, gewissermaßen „auf Vorrat“ Fremdkapital von Anleihegläubigern in Eigenkapital umzuwandeln („Debt-to-Equity-Swap“). Von einer solchen Möglichkeit kann der Emittent z.B. in einer künftigen Notsituation, insbesondere in insolvenznahen Situationen, kurzfristig Gebrauch machen. Sofern das bedingte Kapital ausschließlich zur Abwendung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beschlossen wird, darf die ansonsten geltende Höchstgrenze für bedingte Kapitalia von 50% des Grundkapitals sogar überschritten werden.

Pflichtwandelanleihen und „CoCo-Bonds“
In diesem Zusammenhang ist auch die sogenannte Pflichtwandelanleihe als weitere Variante zu erwähnen. Bei dieser ist für bestimmte vordefinierte Ereignisse die Wandlung in Aktien zwingend vorgesehen. Sowohl umgekehrte Wandelanleihen als auch Pflichtwandelanleihen sind insbesondere für Kreditinstitute interessant, da sie mit diesen Finanzierungsinstrumenten die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an ihre regulatorische Eigenkapitalausstattung sicherstellen können. So begeben insbesondere Banken in der Praxis immer häufiger Pflichtwandelanleihen, sogenannte „CoCo-Anleihen“ (Contingent Convertible Bonds), die eine Wandlung in Aktien z.B. bei Unterschreiten einer bestimmten Eigenkapitalquote vorsehen.

Chancen und Risiken für die Anleger
Umgekehrte Wandelanleihen und Pflichtwandelanleihen sind für den Anleger von Interesse, da sie im aktuellen Niedrigzinsumfeld höhere Renditechancen bieten. Dem steht allerdings das Risiko gegenüber, dass der Anleger bei Eintritt des Wandlungsereignisses vom Fremdkapitalgeber zu einem Aktionär bzw. Eigenkapitalgeber wird, ohne dies verhindern zu können. Die Eignung für Privatanleger wird sich daher in der Praxis noch zeigen müssen. Die BaFin hält z.B. die von den Banken emittierten CoCo-Bonds  grundsätzlich nicht für den Vertrieb an Privatkunden geeignet. Denn dem Privatanleger sei oft nicht möglich, das Risiko angemessen einzuschätzen und zu beurteilen, ob der Zinssatz das Risiko tatsächlich ausreichend kompensiert. Es wird daher darauf ankommen, ob es den Unternehmen bei Ausgabe von umgekehrten Wandelanleihen gelingen wird, durch ausreichende Transparenz den Anlegern das übernommene Risiko angemessen zu verdeutlichen.

Fazit
Umgekehrte Wandelanleihen und Pflichtwandelanleihen stellen für Unternehmen interessante Finanzierungsalternativen dar, insbesondere um für künftige Notsituationen vorzusorgen. Anlegern eröffnen sich zwar höhere Renditechancen, jedoch sollten sie sich stets des erhöhten Risikos der Umwandlung ihres eingesetzten Fremdkapitals in Eigenkapital bewusst sein.

Sven Radke, Heuking

Sven Radke, Heuking