Law Corner: Komplexe Finanzierungen unter Einbeziehung von Anleihen – Das ist zu beachten

Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek
Dr. Anne de Boer, HKLW

Unternehmen sind zunehmend daran interessiert, unterschiedliche Finanzierungselemente zu kombinieren. Sie möchten sich dadurch von einer bestimmten Finanzierungsform wie z.B. Banken unabhängig machen oder Konditionen optimieren. Banken fordern teilweise inzwischen zur Risikostreuung und aus aufsichtsrechtlichen Gründen, dass unterschiedliche Finanzierungen aufgenommen werden.

Stabile Strukturen
Bei komplexen Finanzierungsstrukturen ist darauf zu achten, dass sie stabil aufgesetzt werden, fortbestehen und nicht vorzeitig ungewollt in eine Schieflage geraten. Daher müssen die unterschiedlichen Finanzierungen und Sicherungsstrukturen genau aufeinander abgestimmt sein und sich wechselseitig zulassen.

Insbesondere Bankenfinanzierungen sehen regelmäßig Kündigungsrechte vor, wenn Finanzkennzahlen nicht eingehalten werden. Die definierten Kennzahlen müssen dabei die gesamte und auch die zukünftige Finanzierungsstruktur berücksichtigen. Über einen sogenannten cross default – Kündigungsrecht für andere Finanzierungen, wenn eine Finanzierung fällig wird – gewinnen diese häufig auch für diejenigen Finanzierungen an Bedeutung, die nicht selbst Finanzkennzahlen vorsehen.

Sofern eine Anleihe als Finanzierung einbezogen wird, können die Anleihebedingungen einschließlich der Kündigungsrechte nur durch eine Vereinbarung mit sämtlichen Anleihegläubigern oder einen Beschluss der Gläubigerversammlung geändert werden. Daher sollte bei der Strukturierung möglichst sichergestellt werden, dass die Forderungen aus der Anleihe erfüllt werden können, und geprüft sein, unter welchen Voraussetzungen den Anleihegläubigern Kündigungsrechte auch bei einem cross default eingeräumt werden.

Zahlungsreihenfolge und Sicherheiten

Ebenso ist bei komplexen Finanzierungsstrukturen für den Fall zu geringer Liquidität und Vermögen zu regeln, in welcher Reihenfolge die vorhandenen Mittel ausgezahlt werden und wem welche Sicherheiten zustehen.

Wasserfall- und Rangabreden legen fest, in welcher Reihenfolge Forderungen bestehen und bedient werden. Sofern eine vorrangige Forderung eine längere Laufzeit hat als eine nachrangige Forderung, kann dies die Rang- und Wasserfallabrede umdrehen. Finanzierungen, die Gesellschaftern gewährt werden, sind dabei automatisch wirtschaftlich nachrangig gegenüber Finanzierungen, die den operativen Gesellschaften gewährt werden. Falls mehrere Finanzierungen besichert werden sollen, sind die Sicherheiten unter diesen aufzuteilen, bei Anleihen in der Regel über den Weg eines Treuhänders.

Die Rang- und Wasserfallabreden sowie die wechselseitigen Regelungen zur Verwertung von Sicherheiten werden in einem Intercreditor Agreement vereinbart, das auch nur interne Wirkung zwischen den Finanzierern haben kann. Teilweise werden dabei auch sämtliche Sicherheiten – auch bei Einbeziehung einer Anleihe – für alle Finanzierer bei einem einheitlichen Treuhänder bestellt1, die Banken sind hier zurückhaltend geworden. Sofern eine Anleihe im Rahmen einer Gesamtfinanzierung in ein Intercreditor Agreement einbezogen werden soll, besteht bei börsengehandelten Anleihen die Herausforderung, das Intercreditor Agreement in die Dokumentation zu verzahnen.

Fazit
Die Kombination von Finanzierungen auch unter Einbeziehung von Anleihen muss genau abgestimmt und strukturiert sein, damit die Finanzierung nicht ungewollt in eine Schieflage gerät. Bei besicherten Anleihen ist zudem festzulegen, dass echte Verwertungsrechte bestehen.

1) Bei sogenannten CMBS-Strukturen zu finden.