Law Corner: BaFin äußert sich zur aufsichtsrechtlichen Einordnung sogenannter Initial Coin Offerings (ICOs)

I. Wegerich und E. Recklin, Luther RAs
I. Wegerich und E. Recklin, Luther RAs

Die BaFin prüft bei Token im Einzelfall, ob es sich um ein Finanzinstrument i.S.d. Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) handelt. Bei der Einstufung als Finanzinstrument kommt für Token je nach Ausgestaltung ggf. eine Einordnung als Wertpapier i.S.d. Wertpapierprospektgesetzes (WpPG), als Anteil an einem Investmentvermögen i.S.d. Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), als Vermögensanlage i.S.d. Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) oder auch unter bestimmten Voraussetzungen eine Einordnung als Basiswert für ein derivatives Geschäft in Betracht.

Voraussetzung für ein Wertpapier ist u.a. die Handelbarkeit am Finanzmarkt bzw. Kapitalmarkt. Diesbezüglich stellt die BaFin in ihrem Hinweisschreiben klar, dass Kryptowährungs-Handelsplattformen aus hiesiger Sicht grundsätzlich als Finanzmärkte bzw. Kapitalmärkte i.S.d. Wertpapier-Definition angesehen werden können. Weiter stellt die BaFin klar, dass eine Verbriefung des Token in einer Urkunde keine zwingende Voraussetzung eines übertragbaren Wertpapiers sei. Ausreichend sei vielmehr, dass der Inhaber des Token, beispielsweise anhand der Distributed Ledger- oder Blockchain-Technologie oder anhand vergleichbarer Technologien, jeweils dokumentiert werden kann.

Liegen bei einem Token die Voraussetzungen eines Finanzinstruments i.S.d. WpHG oder eines Wertpapiers i.S.d. WpPG vor, kann dies die Anwendung der im Bereich der Wertpapieraufsicht anwendbaren Rechtsnormen und der in ihnen vorgesehenen aufsichtsrechtlichen Vorgaben auf einen Marktteilnehmer zur Folge haben.

ICOs GRAFIK 3 Luther RAs Law CornerJe nach Ausgestaltung steht der Handel mit Token als Bankgeschäft, namentlich Finanzkommissionsgeschäft oder Emissionsgeschäft, oder als Finanzdienstleistung, namentlich als Anlagevermittlung, Anlageberatung, Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, Platzierungsgeschäft, Abschlussvermittlung, Finanzportfolioverwaltung, Eigenhandel oder Anlageverwaltung unter Erlaubnisvorbehalt da.

Wer ohne Erlaubnis Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bei der Einschaltung eines Dritten (etwa einer Internet-Plattform, die als Tauschinstanz des virtuellen Geldes in gesetzliche Zahlungsmittel fungiert), kommt neben dem Betrieb eines multilateralen Handelssystems außerdem eine Erlaubnispflicht wegen des Erbringens von Zahlungsdiensten in Betracht.

ICOs GRAFIK 4 Luther RAs Law CornerNur noch 23% Prozent aller ICOs erreichten im November 2017 (verglichen mit noch 93% im Juni 2017) ihr Finanzierungsziel – wie eine internationale Studie zeigt.

Ein Grund hierfür ist sicherlich auch die bestehende Rechtsunsicherheit bei ICOs und eine fehlende generelle rechtliche Regelung. Eine gefestigte Verwaltungspraxis besteht nicht. Die Einzelfallbetrachtung und das Abstellen auf den Einzelfall sind sicherlich nicht förderlich und führen eher zu mehr Rechtsunsicherheit. Hier bedarf es gesetzlicher Regelungen und eines Tätigwerdens des Gesetzgebers: Es müssen rechtliche Standards für ICOs entwickelt werden.

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