Law Corner: Aktuelles BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung der Anleiherestrukturierung

Dr. Lutz Pospiech und Dr. Daniel Rubner, GÖRG, München
Dr. Lutz Pospiech (li.) und Dr. Daniel Rubner, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, Dr. Daniel Rubner, Assoziierter Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Schon 2016 hatte der Bundesfinanzminister festgelegt, dass ein Forderungsausfall eines Anleihegläubigers keine Veräußerung darstelle und die Anschaffungskosten für den Erwerb der betreffenden Anleihe einkommensteuerrechtlich insoweit ohne Bedeutung seien – mit anderen Worten: Der Anleihegläubiger kann seine Verluste steuerlich nicht geltend machen.

Auch das aktuelle BMF-Schreiben vom 10.5.2017 regelt für den Fall einer Anleiherestrukturierung durch die Kombination von Teilverzicht, Nennwertreduktion und Teilrückzahlung, dass in Höhe des Teilverzichts nur ein einkommensteuerrechtlich bedeutungsloser Forderungsausfall vorliegt.

Steuerrechtliche Grundlagen/Problemaufriss
Ein Anleihegläubiger hat grundsätzlich seine Zinszahlungen aus der Anleihe zu versteuern (Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag, ggf. Kirchensteuer). Gleiches gilt für Gewinne aus der Veräußerung von Anleihen. Veräußerungsverluste führen hingegen zu einer Reduzierung der Steuerlast.

Wenn ein Emittent nun in der Krise mit seinen Anleihegläubigern vereinbaren kann, dass (i) sie auf einen Teilbetrag der Forderungen aus der Anleihe verzichten, (ii) auf einen Teilbetrag eine (vorzeitige) Rückzahlung vorgenommen wird und (iii) für den Restbetrag eine Nennwertreduzierung vorgenommen wird, so stellt sich die Frage, wie diese Restrukturierungsmaßnahmen einkommensteuerlich für die Anleihegläubiger zu bewerten sind. Wirtschaftlich erleiden sie bei einer Anleiherestrukturierung zumeist einen herben Verlust.

Das BMF-Schreiben vom 10.5.2017
Der Bundesfinanzminister stellt in seinem Schreiben an die obersten Finanzbehörden der Länder klar, dass die teilweise (vorzeitige) Rückzahlung der Forderung aus einer Anleihe zu Einkünften aus Kapitalvermögen führe.

Die Nennwertreduktion führt danach zu keiner Veräußerung der Anleihe. Anleihegläubiger können mithin ihre wirtschaftlichen Verluste nicht als Veräußerungsverluste steuerlich geltend machen. Allerdings seien das Anschaffungsdatum und die anteiligen Anschaffungskosten („AK“) der reduzierten Nominalforderung zu berücksichtigen.

Folgende Beispiele aus dem BMF-Schreiben:

Beispiel:
A erwirbt am 15.1. für 100 EUR eine Anleihe zum Nominalwert. Gemäß einer Restrukturierungsvereinbarung wird am 15.2. der Nominalwert der Forderung auf 30 EUR reduziert, auf den ursprünglichen Nominalwert (100) werden 20 EUR zurückbezahlt und i.H.v. 50 EUR ein Forderungsverzicht vereinbart.

Lösung:
Aufgrund der Teilrückzahlung erzielt A keinen Veräußerungsgewinn (Rückzahlungsbetrag gleich Anschaffungskosten). Die anteiligen, auf den Teilverzicht entfallenden AK von 50 EUR sind nicht zu berücksichtigen. Die anteiligen, auf den reduzierten Nominalwert von 30 EUR entfallenden AK betragen 30 EUR. Das Anschaffungsdatum ändert sich nicht, die AK der Anleihe (100 abzgl. 20, abzgl. 50) werden mit 30 EUR fortgeführt.

Abwandlung:
A erwirbt die gleiche Forderung am 15.1. für 10 EUR mit einem Nominalwert i.H.v. 100 EUR.

Lösung:
Aufgrund der Teilrückzahlung erzielt A einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 18 EUR (20 abzgl. anteiliger AK von 2 EUR). Die anteiligen, auf den Teilverzicht entfallenden AK von 5 EUR sind nicht zu berücksichtigen. Die anteiligen, auf den reduzierten Nominalwert von 30 EUR entfallenden AK betragen 3 EUR. Das Anschaffungsdatum ändert sich nicht, die AK der Anleihe (10 abzgl. 2, abzgl. 5 EUR) werden mit 3 EUR fortgeführt.

Fazit
Aus steuerrechtlicher Sicht haben Anleihegläubiger bei Restrukturierungen im Einzelfall abzuwägen, ob nicht der Verkauf der betreffenden Anleihe die geeignete Maßnahme darstellt, um wirtschaftlichen Verluste zu begrenzen – anders als (Teil-)Verzichte und Forderungsausfälle können Veräußerungsverluste zur Minderung der Steuerlast genutzt werden.

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