ESG – Umwelt, Soziales und die Unternehmensführung mit großen Schritten

Dr. Anne de Boer, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Law Corner von Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Im Jahre 20181 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Aktionsplan für nachhaltiges Finanzwesen mit zehn Schritten. Anschließend hat sie zudem das Ziel ausgerufen, dass die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsraum der Welt werden soll. Diese Ziele erfassen Umwelt, Soziales und die Unternehmensführung. Nunmehr werden immer mehr Regelungen in diesem Bereich veröffentlicht. Wesentliche Aspekte sind Transparenz, einheitliche Begriffe und Anforderungen an nachhaltige Produkte. Im Ergebnis der Regulierung sollen Finanzströme in nachhaltige ökonomische Aktivitäten gelenkt werden. Wesentliche Regelungen sind dabei die Folgenden, allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Taxonomie Verordnung ab 1. Januar 2022
Die Taxonomie-Verordnung2 bildet ein Klassifizierungssystem für nachhaltige ökonomische Aktivitäten. Durch einheitliche Begriffe und Verständnisse soll die Gefahr eines Green Washing reduziert werden. Ziele nach der Taxonomie Verordnung sind Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung der Umweltverschmutzung und Biodiversität.

Damit eine Tätigkeit als nachhaltig gelten kann, muss sie vier Kriterien erfüllen: substantieller Beitrag zu einem der Ziele, keine erhebliche Verletzung eines anderen Ziels, Mindestanforderungen an Governance, Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte werden erfüllt sowie Compliance mit den durch die EU Kommission vorgegebenen Technical Screening Criteria. Ergänzend können auch Unterstützungsaktivitäten (z.B. Datenservice) und Übergangstätigkeiten (bessere Alternativen) unter bestimmten weiteren Voraussetzungen als nachhaltig Tätigkeit eingestuft werden.

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Eine einheitliche Klassifizierung bzw. Terminologie soll Transparenz über den Nachhaltigkeitsgrad von Unternehmen und Finanzprodukte schaffen. Zudem werden Offenlegungspflichten definiert, dies gilt insbesondere für kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern.

Details vor allem im Hinblick auf die einzelnen Ziele werden in Umsetzungsregelungen ausgeführt, wovon die ersten für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel bis 31.12.2020 erwartet werden.

Offenlegungsverordnung ab 10. März 2021
Die Offenlegungsverordnung3 verpflichtet Marktteilnehmer, ESG bezogene Informationen zur Verfügung zu stellen. Dies trifft sowohl die Unternehmen und ihre Strategien als auch Produkte. Zudem werden Vorgaben aufgestellt, wenn Produkte mit Nachhaltigkeit beworben werden sollen und für sogenanntes Impact Investing. Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter müssen offenlegen, inwieweit Nachhaltigkeitsrisiken im Investitionsentscheidungsprozess berücksichtigt werden. Durch die Harmonisierung von offenzulegenden Informationen soll Anlegern eine Vergleichbarkeit von Finanzprodukten ermöglicht werden. Zugleich werden bestimmte Begrifflichkeiten definiert.

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Benchmark-Verordnung seit 30. April 2020
Ziel der Benchmark-Verordnung4 ist es, Mindeststandards und Indizes für unterschiedliche Klima-Benchmarks einzuführen und ebenfalls das Greenwashing zu verhindern. Dafür wird ein EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandelt und ein Paris-abgestimmter EU-Referenzwert eingeführt. Die Investoren können dann auf diese Benchmarks zugreifen.

Durchführungsregelungen
Etliche Punkte der Verordnungen werden dann noch in Durchführungsregelungen umgesetzt und konkretisiert werden. Auch wird es Anpassungen im Hinblick auf ESG in bestehenden Regelungen geben.

Produktregelungen und Handelsplattformen
Zudem konkretisieren sich immer mehr auch Regelungen für nachhaltige Produkte, die voraussichtlich ebenfalls auf EU Ebene noch weiter konkretisiert werden, was sich bereits im Entwurf des EU Green Bond Standards zeigt. So haben unter anderem die ICMA5 und LMA eine Vielzahl von Regelungen wie die Green Bond Principles, die Social Bonds Principles, die Sustainability Bond Guidelines sowie die Sustainability Linked Loan Principles etc. entwickelt. Zudem hat die Luxemburger Börse eine eigene Handelsplattform für grüne Anleihen geschaffen. Ebenso soll ein EU-Umweltzeichen für Finanzprodukte entwickelt werden.

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Fazit
Die Regelungsflut wird noch zunehmen. Auch wenn es unbestritten sinnvoll ist, nachhaltige, ökolgische und soziale Aspekte zu fördern, ist nicht immer einfach zu klären, was darunterfällt. Auch ist zu befürchten, dass die Regelungslage unübersichtlich bleibt und die Anforderungen für Mittelständler nicht immer leicht zu erfüllen sind.

1) 08.03.2018
2) Verordnung (EU) 2020/852.
3 Verordnung (EU) 2019/2088.
4 Verordnung (EU) 2019/2089.

5) https://www.icmagroup.org/green-social-and-sustainability-bonds/

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