tubesolar AG: „Meilenstein auf dem Weg zur Industrialisierung flexibler Solarzellen erreicht“

Die tubesolar AG scheint eines der innovativsten Produkte im Photovoltaik-Sektor am Markt zu haben. Jetzt gilt es, möglichst schnell Nägel mit Köpfen zu machen: Dazu auch die Ausgabe einer Wandelanleihe über bis zu 8 Mio. EUR. BondGuide sprach mit CFO Felix Mantke.

Herr Mantke, vielleicht kurz zum Aufwärmen: Was macht die tubesolar AG in Ihren eigenen Worten?
Die tubesolar ist Hersteller neuartiger und Patent-geschützter Solar-Panels, und dies in drei Hauptgeschäftsfeldern. Der erste Hauptanwendungsbereich ist die Agri-PV, also die Photovoltaik im Zusammenhang mit Landwirtschaft. Der zweite Bereich ist Green Building, d.h. Dachbegrünung plus Solar – jeweils verkürzt dargestellt. Als dritter Sektor schweben uns Überdachungen von Parkplätzen vor – oder auch bei Fußballstadien beispielsweise. Nach unserem Kenntnisstand gibt es derzeit nichts Vergleichbares am Markt. Wir haben Patentschutz in 28 Staaten inklusive den USA, weitere interessante sollen dazukommen.

Was macht Ihre Technologie so innovativ bzw. gänzlich neu?
Unser Panel besteht aus 20 Glasröhren, in die PV-Folien eingelegt sind. Unser Knowhow besteht u.a. darin, diese hauchdünnen Folien in die Glasröhren zu bekommen, so dass diese auch vor Wind und Wetter geschützt sind. Die Vorteile gegenüber klassischen Flachmodulen liegen dabei u.a. in der Licht- und Wasserdurchlässigkeit unserer Module, in einer reduzierten Traglast mit entsprechenden Statik-Vorteilen bei der Aufständerung und insbesondere in der möglichen Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen.

In Katar wird gerade ziemlich viel gebaut – und die Sonne scheint auch nicht zu knapp…
Sie werden lachen: Genau aus dieser Ecke hatten wir kürzlich tatsächlich eine Anfrage ein Fußballstadion betreffend.

Neulich kam die Meldung über die erfolgreiche Zertifizierung beim TÜV Rheinland. Die kann man als Außenstehender kaum einordnen. Ist das etwas Wichtiges?
Ja, absolut – das ist das Fundament, auf dem die Vermarktung unserer Technologie zumindest im Inland basieren soll. Den TÜV Rheinland hatten wir vor ca. zwei Jahren gewählt, da dort die hiesigen Solarspezialisten beheimatet sind. Nun war jedoch von Beginn an klar, dass es sich um ein komplett neuartiges Produkt handelt und man es nicht mit einem Referenzprodukt würde vergleichen können. Das dauert entsprechend. Wir hatten mit 2 bis 2 ½ Jahren kalkuliert – und genau so lange hat es jetzt annähernd gedauert.

In den farbig hinterlegten Feldern kann tubesolar an den Nachhaltigkeitszielen mitwirken

Ein anderer Solar-Experte hatte mir einmal erläutert, der Freistaat Bayern sei ohnehin eher prädestiniert für Solar statt für Wind, aufgrund des größtenteils zerklüfteten Landesinneren mit vielen Hängen. Stimmt das und gibt es da noch hinreichend Potenzial? – sofern die Politik mitspielt.
Prinzipiell ja. Am meisten Sinn machen Produkte wie das unsrige in niedrigen Breitengraden, also: je südlicher Richtung Äquator, desto passender. In nördlicheren Graden verliert man wie bei allen PV-Anlagen einige Punkte in der Effizienz und damit Ausbeute. Dennoch sind unsere Produkte auch in hiesigen Regionen wettbewerbsfähig und treffen auf eine große Nachfrage – nicht nur im Bereich Agri-Photovoltaik.

Okay – wofür nun die Wandelanleihe mit avisierten Einnahmen von bis zu 8 Mio. EUR?
Wir werden die automatisierte Fertigung am Standort Augsburg jetzt so schnell wie möglich hochziehen. Den ersten Output erwarten wir schon kurzfristig ab Dezember. Unser mittelfristiges Ziel liegt bei einer jährlichen Fertigungskapazität von 250 MW. Dafür die aktuelle Kapitalerhöhung im Volumen von 8 Mio. EUR wie auch die Ausgabe der Wandelanleihe.

Vom ausgelobten Bezugspreis in Höhe von 5,50 EUR liegt der Aktienkurs jedoch aktuell rund ein Viertel entfernt. Wieso hat tubesolar bisher keinen Rückenwind wie eigentlich die gesamte EE-Branche?
Sie sehen ja selbst, was an den Kapitalmärkten in diesem Jahr los ist. Meine persönliche Meinung ist, dass wir mit unserer innovativen Technologie zu einem der interessantesten Titel am Markt gehören – das ging jedoch im aktuellen Umfeld bisher komplett unter. Sie können sich also vorstellen, dass ich mit dem momentanen Aktienkurs nicht sonderlich glücklich bin. Wir müssen akzeptieren, dass wir alle gemeinsam derzeit in schwierigem Fahrwasser sind. Die tubesolar hat mit ihrem Produkt dermaßen großes Marktpotenzial, dass ich Ihnen aktuell noch gar nicht sagen kann, welches wir als das für uns attraktivste identifizieren: Agri-PV, Green Building, eine Kombination daraus oder auch etwas, an das wir noch gar nicht selbst gedacht haben.

Vergleich Stromgestehungskosten in verschiedenen Städten

Beim Weinanbau vielleicht?
In Kalifornien, Südfrankreich oder Süditalien gehen mitunter große Teile der Ernten verloren, da die Sonneneinstrahlung für die empfindlichen Reben zu intensiv wurde. Mit dem Auffangen eines Teils der Sonnenstrahlen durch unsere PV-Röhren wäre das zu verhindern – und gleichzeitig wird Strom gewonnen. Unser USP ist die duale Nutzung: Landwirtschaft betreiben und zugleich Strom erzeugen. Den Schutz der Pflanzen vor zu starker Sonneneinstrahlung, Starkregen oder Hagel gibt es dabei on top.

Wie empfinden Sie als Experte, dass aktuell gerade die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert werden, um unsere Brieftaschen zu schonen? – und natürlich Wählerstimmen zu fangen.
Fakt ist, dass der Ausbau der Erneuerbaren in den vergangenen Jahren – aus den unterschiedlichsten Gründen – nicht in dem Umfang betrieben wurde, wie es erstens hätte sein können und zweitens mit etwas Vorausplanung hätte sein sollen. Das Rad können wir nicht mehr zurückdrehen. Insofern ist unvermeidbar, dass die neue Bundesregierung erst einmal improvisieren muss, aber gleichzeitig die Weichen nun endlich richtig stellt: Und das ist ein massiver Ausbau der Erneuerbaren Energien. Bis man das Versäumte nachgeholt hat, muss diese Nachrüstung durch die erwähnten Maßnahmen flankiert werden. Das können wir nachträglich bedauern, aber der Energiebedarf ist nun mal da und muss irgendwie gedeckt werden, bis wir erreicht haben werden, was ursprünglich mal ohnehin die Ziele für Deutschland in punkto Energieversorgung waren.

Und wo produzieren Sie bzw. wo kommen Vorprodukte her?
Lassen Sie mich vorwegschicken, dass wir kein GreenTalking betreiben möchten. Wir fertigen am Standort Augsburg und verwenden CIGS[1]-Dünnschichtfolien, die im Gegensatz zu herkömmlichen PV-Zellen kein Silizium enthalten. Zudem haben wir gemeinsam mit dem ZSW einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Industrialisierung flexibler Perowskit-Solarzellen erzielt, die über einen besonders hohen Wirkungsgrad verfügen. Man sollte schon bei der Produktion auch an das Nutzungsende denken, also an das Recycling. Es ist nicht nur grüner, sondern nachhaltiger, wenn man einen Großteil der Rohstoffe auch wieder rückgewinnen kann. Und das ist bei unserem Produkt eindeutig der Fall.

Herr Mantke, ganz herzlichen Dank an Sie für Ihre Zeit und Ihre Erläuterungen!

CFO Felix Mantke

Interview: Falko Bozicevic

[1] CIGS = Kupfer Indium Gallium Diselenid

Über tubesolar

Die tubesolar AG hat als Spin-off die Laborfertigung von OSRAM/LEDVANCE in Augsburg übernommen und die Patente von LEDVANCE und Frau Dr. Vesselinka Petrova-Koch erworben. Die tubesolar AG nutzt diese patentgeschützte Technologie seit 2019 zur Entwicklung und Herstellung von Photovoltaik-Dünnschicht-Röhren, die zu Modulen zusammengefügt werden und deren Eigenschaften gegenüber herkömmlichen Solarmodulen zusätzliche Einsatzgelegenheiten in der Solarstromerzeugung ermöglichen.

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