Negative Zinsen sind Geschichte!

Kommentar von Andy Mulliner, Head of Global Aggregate Strategies bei Janus Henderson Investors, zu den Auswirkungen der EZB-Entscheidung

Negative Zinssätze sind in Europa nun Geschichte. Die EZB überraschte den Markt heute mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte statt der zuvor angekündigten 25 Basispunkte. Gleichzeitig kündigte sie (wie erwartet) ein neues Instrument gegen die Fragmentierung an, das Transmissionsschutzinstrument (Transmission Protection Instrument, TPI).

Die EZB relativierte ihren über den Erwartungen liegenden Schritt, indem sie ihre Prognosen für die September-Sitzung abschwächte und betonte, dass es sich bei diesem Schritt eher um eine Vorverlegung als um eine schrittweise Erhöhung der Zinssätze handele. Die EZB bestätigte auch das herausfordernde Umfeld, in dem sie sich befindet, mit offensichtlich höherem Inflationsdruck, aber auch einem schwächeren Wachstumsumfeld. Diese Kombination deutet darauf hin, dass sich die EZB sehr wohl bewusst ist, dass der vor ihr liegende Weg für die Geldpolitik tückisch ist, und dass auch die von den Mitgliedern der EZB veröffentlichten optimistischen Wachstumsprognosen auf der Kippe stehen dürften.

Quelle: Panthermedia/Petrus Bodenstaff Bodenstaff

Details zur Einführung des TPI waren bei der ersten Mitteilung eher dürftig, hauptsächlich hieß es, dass der Umfang des TPI unbegrenzt sei und seine Umsetzung ganz im Ermessen des EZB-Rates liege. Während der Pressekonferenz und in der darauffolgenden Pressemitteilung wurde bekannt gegeben, dass die Konditionalität ein Faktor sein wird, bei dem mehrere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, bevor eine Entscheidung über die Anwendung des TPI getroffen werden könne.

Auch wenn diese Bedingungen auf den ersten Blick belastend erscheinen, deutet ein Blick auf die Details darauf hin, dass die Hürde für eine Aufnahme niedrig ist. Der vage Auslöser für die Aktivierung bedeutet, dass die Märkte das Instrument nicht explizit testen können, was ebenfalls die unmittelbare Wirkung begrenzt. Doch das ist nicht der Punkt; es handelt sich nicht um ein aktives Instrument, sondern um eine Absicherung.

Ein überraschendes Element der Ankündigung war, dass die EZB versuchen wird, alle Käufe durch eine Art Sterilisierung auszugleichen, um sicherzustellen, dass die Käufe die geldpolitischen Vorgaben nicht beeinträchtigen. Diese Sterilisierung bezieht sich nicht nur auf die Geldmenge im System, sondern auch auf den Gesamtumfang des geldpolitischen Anleiheportfolios. Dies könnte darauf hindeuten, dass die EZB versuchen könnte, ihren Anteil an Kernanleihen im Rahmen dieses Programms zu verringern.

Foto: © Frank Wagner – stock.adobe.com

Während die Märkte zunächst von dem Umfang dieses Schrittes überrascht waren, wirkte die Reduzierung der Prognosen für die September-Sitzung beruhigend auf die Märkte. Die Bestätigung der schwierigen Wachstumsaussichten zusammen mit den Inflationsprognosen stellt eine nuanciertere Sichtweise dar, als dies vielleicht bei früheren Pressekonferenzen der EZB zu beobachten war. Wir sollten bei der nächsten Prognoserunde mit erheblichen negativen Korrekturen seitens der EZB-Mitglieder rechnen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass eine Stagflation für eine Zentralbank, die für 19 verschiedene Länder zuständig ist, ein Albtraum ist.

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