Draghis feste Hand und Lagardes Bringschuld

Das Negativzins-Experiment der EZB ist beendet: Kommentare von Jan-Felix Gloeckner, Katharine Neiss und Nick Chatters

Das Negativzins-Experiment ist beendet:
Kommentar von Jan Felix Gloeckner, Investment Specialist bei Insight Investment

In einer begrüßenswerten Ankündigung hat die EZB ihr Negativzins-Experiment beendet und die Zinssätze mit einer Anhebung um 50 Basispunkte wieder auf Null gebracht. Die Vorverlegung des Straffungszyklus dürfte langfristig Vorteile bringen, da sie die Flexibilität bei künftigen Sitzungen erhöht und letztlich die klare Botschaft sendet, dass die Inflation auf das Ziel zurückgeführt wird. Auch die Genehmigung des Transmissionsschutzinstruments ist eine gute Nachricht. Dabei handelt es sich um eine neue unbegrenzte Ankaufsfazilität, die zur Stabilisierung der Zinsdifferenzen zwischen den Staaten innerhalb des Euroraums eingesetzt werden kann und ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung einer tieferen langfristigen Integration zu sein scheint.

Das Zeitfenster für Zinserhöhungen verkleinert sich: Kommentar von Katharine Neiss, Europäische Chefvolkswirtin bei PGIM Fixed Income

Katharine Neiss

Die EZB ist mit einer unerwartet starken Zinserhöhung dem Vorbild der Fed gefolgt. Angesichts der sich täglich verschärfenden Energiekrise könnte die überraschende Anhebung um 50 Basispunkte aus dem negativen Bereich die Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass sich das Zeitfenster für Zinserhöhungen rasch verkleinert.

Wir alle vermissen Draghis feste Hand: Kommentar von Nick Chatters, Investmentmanager bei Aegon Asset Management

Nick Chatters

Christine Lagarde hat heute endlich getan, was sie tun musste, und die Zinsen aus dem negativen Bereich herausgeholt. In dieser Hinsicht muss man ihr zugutehalten, dass sie sich nicht an das hält, was in der Vergangenheit gesagt wurde, und bereit ist, den Markt zu überraschen. Der neue TPI sieht jedoch optisch recht schwach aus, nicht zuletzt, weil er darauf beruht, dass sich der Regierungsrat subjektiv einig ist, wenn er italienische Anleihen kaufen will. Der Markt testet die EZB, indem er die BTPS-Spreads in die Höhe treibt (der Spread zu Bundesanleihen liegt bereits bei 2,37%), woraufhin die EZB eine Sitzung einberuft und eine lange Diskussion führt, bevor sie sich auf das weitere Vorgehen einigen kann. Wir alle vermissen Draghis feste Hand an einem Tag wie diesem.

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