Energiewende und CO2-Emissionen: rapider Anstieg und keine Wende in Sicht

Die Energiewende ist, global gesehen, ein äußerst langwieriger Prozess. Die Welt muss sich auf einige Veränderungen einstellen. Von Dieter Wermuth*

Einmal im Jahr veröffentlicht BP seinen Statistical Review of World Energy. Mittlerweile in der 71. Auflage, ist es das unverzichtbare Nachschlagewerk für alle, die wissen wollen, wie es um das Klima steht und was die wichtigsten Trends sind.

Eine der vielen Tabellen enthält die Daten über CO2-Emissionen: Sie steigen weiter, nachdem sie durch die Weltrezession des Jahres 2020 um 5,6% zurückgegangen waren, und haben inzwischen wohl den Rekordwert des Jahres 2019 wieder erreicht, nämlich 39,2 Mrd. Tonnen. Die Welt steuert immer noch auf die Klimakatastrophe zu.

Im Trend haben die Emissionen in der Welt im vergangenen Jahrzehnt um 0,7% pro Jahr zugenommen: Zwar gehen sie in den reichen Ländern des Westens inzwischen zurück, vor allem in Europa (-1,8%) und Nordamerika (-0,9%) – in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien war der Rückgang im Trend fast identisch (-2,0% pro Jahr) –, die Erfolge im OECD-Bereich konnten allerdings den trendmäßigen Anstieg im asiatisch-pazifischen Raum (+1,8%), in der ehemaligen Sowjetunion (+0,7%), im Mittleren Osten (+1,8%) und in Afrika (+1,5%) nicht ausgleichen. Auf diesen Teil der Welt entfallen inzwischen 70,2% aller CO2-Emissionen.


Energiewende ?

Der Aufholprozess der ärmeren Länder bedeutet bislang, und wohl auch auf absehbare Zeit, dass sie immer mehr fossile Brennstoffe verfeuern. Weiterhin gilt für sie: steigender Wohlstand gleich steigender Verbrauch von Ressourcen und ungehemmte Zerstörung der Umwelt. Am schlimmsten ist es in China, verantwortlich für inzwischen 30,9% der globalen Emissionen: Dort betrug der Anstieg der CO2-Emissionen in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt nicht weniger als 2,7%.

BP veröffentlicht auch einige Tabellen zum Thema erneuerbare Energien. Sie sind stark im Kommen. Im Zehnjahrestrend der Welt ist ihr Verbrauch um jährlich 12,8% gestiegen und damit stärker als alle anderen Arten von Energie. Trotzdem trugen sie 2021 nur 6,7% zum Primärenergieverbrauch bei, während auf Erdöl, Gas und Kohle immer noch 82,3% entfielen; deren Anteil geht im Trend um etwa einen Prozentpunkt pro Jahr zurück. Die Energiewende ist, global gesehen, ein äußerst langwieriger Prozess.

Hinzu kommt, dass auch die Erneuerbaren irgendwann an ihre physikalischen Grenzen stoßen werden. Sie sind sehr flächenintensiv. Der Zeitpunkt, an dem das ein relevanter Faktor sein wird, mag noch lange nicht erreicht sein, trotzdem sollte sich die Welt darauf vorbereiten.

Dieter Wermuth, WAM

Auf Dauer muss angestrebt werden, die Wachstumsrate des Primärenergieverbrauchs auf Null oder auf einen negativen Wert zu senken – sie lag im vergangenen Jahrzehnt bei +1,3% pro Jahr. Themen wie „de-growth“ und eine langsamere Zunahme der Weltbevölkerung werden einen größeren Raum in der klimapolitischen Diskussion einnehmen müssen. Langfristig heißt die einzige Lösung des Klimaproblems „bescheidener leben!“.

*) Dieter Wermuth ist Economist und Partner bei Wermuth Asset Management

Über Wermuth Asset Management

Wermuth Asset Management (WAM) ist ein Family Office, das auch als BAFIN-regulierter Anlageberater tätig ist. Das Unternehmen hat sich auf klimawirksame Investitionen über alle Anlageklassen hinweg spezialisiert, wobei der Schwerpunkt auf EU-„exponentiellen Organisationen“ nach der Definition der Singularity University liegt, d.h. Unternehmen, die ein großes Problem der Menschheit profitabel lösen und exponentiell wachsen können. Das Unternehmen investiert über eigene und fremde Fonds in Private Equity, börsennotierte Anlagen, Infrastruktur und Sachwerte. WAM hält sich an die UN Principles of Responsible Investing (UNPRI) und den UN Compact und ist Mitglied der Institutional Investor Group on Climate Change (IIGCC), des Global Impact Investing Network (GIIN) und der Divest-Invest-Bewegung. Jochen Wermuth gründete WAM im Jahr 1999. Er ist ein deutscher Klimafolgeninvestor, der im Lenkungsausschuss von „Europeans for Divest Invest“ tätig war. Seit Juni 2017 ist er auch Mitglied des Anlageausschusses für den 24 Milliarden Euro schweren kerntechnischen Entsorgungsfonds (KENFO).