Kryptowährungen: die Rückkehr der Schmerzen

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Der Bitcoin hatte gerade wieder einmal ein Rekordhoch erreicht, andere Kryptowährungen wurden mitgezogen. „Da aber das menschliche Gehirn schon nicht mit Geld an sich umgehen kann, sind Kryptowährungen außerhalb jeder Verarbeitungskraft“, sagt Nikolas Kreuz, Geschäftsführer der auf Neurofinance spezialisierten INVIOS GmbH. „Der Boom findet also ohne jeden sicheren Grund statt – und basiert nur auf reflexhaften Reaktionen des menschlichen Gehirns.”

Getrieben wird das von zwei Anlegertypen: den diversifizierten Investoren und den Spekulanten. Nachdem Gold als sicherer Hafen nicht funktioniert hat, sucht ein Teil der Anleger nach einer Alternative, vor allem einer, die nicht mit anderen Anlagen korreliert. Kryptowährungen sind wie Gold in ihrer Menge limitiert. Das lässt sie als echte Alternative erscheinen. „Es handelt sich dabei aber um einen Trugschluss unseres Hirns, das gerne Ordnung schafft und versucht, Kryptowährungen anhand ihrer erkennbaren Merkmale einzuordnen“, so Kreuz. Denn das ist das Wesen des Menschen: Sie wollen Unsicherheit wegargumentieren.

„Gerade bei Kryptowährungen besteht eigentlich nur Unsicherheit, da es keine Vergangenheit gibt und die zugrunde liegende Technologie sich den wenigsten erschließt“, so Vermögensverwalter Nikolas Kreuz.

Bei der anderen Gruppe, den Spekulanten, sind es Gier und Herdentrieb, die zum Kauf von Kryptowährungen anregen. „Beides sind keine soliden Grundlagen für eine Anlageentscheidung, aber sie sind menschlich und von unserem Gehirn gesteuert“, so Kreuz. Bereits 2017 kam es zu einer gewaltigen Blase beim Bitcoin, die Belohnungsmechanismen der Menschen wurden immer weiter stimuliert. „Wie zur Jahrtausendwende bereits beim Neuen Markt oder vor fast 400 Jahren bei den holländischen Tulpenzwiebeln wollte jeder, egal ob groß oder klein, erfahren oder Anfänger, arm oder reich, dabei sein“, sagt Nikolas Kreuz. Gier in der Herde mischte sich zu einem Cocktail aus großen, positiven Emotionen.

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„Der stete Anstieg ließ die Menschen jeden Tag morgens auf ihre Depots oder in ihre Wallets schauen, um den ersten Kick des Tages zu bekommen“, sagt Kreuz. „Besser als Kaffee.“ Der Absturz kam prompt und niemand schaute mehr in die Auszüge. „Schlechte Nachrichten schmerzen – und sie schmerzen sogar mehr, als positive News Glück erzeugen“, so Kreuz.

„Der Mean-Reversions-Ansatz besagt, dass alles zu seinem inneren Wert zurückkehrt. Es ist wie ein großes Ein- und Ausatmen, wie Yin und Yang aus dem Daoismus“, sagt Kreuz. Nachdem bei Bitcoin & Co. gerade wieder heftig eingeatmet wurde, steht jetzt das große Ausatmen an. Und das vor allem, weil der innere, wirkliche Wert der Kryptowährungen nicht ermittelbar, nicht bekannt ist.

„Die Schwankung geht von einem Wert Null, weil es sich nur um eine digitale Spielerei handelt, über ein Messen am Wert des im Mining der Coins verbrauchten Stroms bis zu unendlich, weil Kryptos angeblich die Währungen der maschinenbasierten Industrie 4.0 seien“, sagt Kreuz. „Kryptowährungsanleger können sich also darauf einrichten, dass noch einige Male aus- und eingeatmet wird, bis so etwas wie ein innerer Wert sichtbar wird.“ In jedem Fall bedeutet das: Die sicherlich kommenden Verluste werden zu großen Schmerzen führen.

Nikolas Kreuz, INVIOS

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