Neuemission Behrens 2020/25: „Jetzt die Refinanzierung der Anleihe 2015/20 wie geplant erfolgreich und pünktlich realisieren“

Umtausch- und Zeichnungsfrist für die neue Anleihe der Joh. Fr. Behrens AG starteten bereits mit dem heutigen Tage. Als Industrieunternehmen waren die Norddeutschen ganz besonders von der Coronakrise wirtschaftlich betroffen – gerade jetzt muss jedoch noch eine Altanleihe refinanziert werden. BondGuide sprach mit Vorstand Tobias Fischer-Zernin.

Herr Fischer-Zernin, das angestrebte Emissionsvolumen von bis zu 15 Mio. EUR scheint ja ganz klar für die Ablösung der noch bis November laufenden 2015er Altanleihe zu sein, Restvolumen rund 16 Mio. EUR. Wie viel müssen es denn mindestens werden, direkt gefragt?
Das ist richtig, wir emittieren die neue Anleihe zur Ablösung unserer 2015er Anleihe. In erster Linie setzen wir hier zunächst auf den Umtausch der Altanleihegläubiger, die uns seit vielen Jahren am Kapitalmarkt begleiten und dies auch in Zukunft hoffentlich weiter tun. Bei unserer letzten Anleiheemission hatten wir eine erfreulich hohe Umtauschquote von rund 40%, schön wäre es, dies fortzusetzen. Über den Umtausch hinaus wäre es natürlich sehr erfreulich, wenn wir weitere Investoren und Privatanleger gewinnen können. Das Restvolumen der Anleihe 2015 sind um die 16 Mio. EUR, die wir jedoch zum Teil auch aus anderen Finanzierungsquellen zurückzahlen werden. Insofern würden uns bei der neuen Anleihe im ersten Schritt 6 bis 8 Mio. EUR aus Umtausch und Neuplatzierung reichen. Jede Zeichnung darüber hinaus ist jedoch willkommen.

Haben Sie inzwischen schon etwas bereut, im sehr guten Umfeld Mitte 2019 bei 23 Mio. EUR – und übrigens vorzeitigem Zeichnungsschluss – nicht noch die eine oder andere Million mehr eingesammelt zu haben?
Unsere letzte Anleihe 2019/24 hatte ein maximales Volumen von 25 Mio. EUR, das wir mit insgesamt 23,2 Mio. EUR nahezu ausgeschöpft haben. Zu dem Zeitpunkt war das für uns das passende Volumen und für das Restvolumen der Altanleihe gab es konkrete Pläne in Form einer Borrowing Base Finanzierung mit der Hausbank. Letztere konnte jedoch nicht wie geplant umgesetzt werden. Und dann kam – wie wir alle wissen – Corona. Damit und mit den Folgen u.a. für den Kapitalmarkt im ersten Halbjahr 2020 konnte niemand rechnen. Aber ich blicke lieber nach vorn und so haben wir uns in dieser Phase auf die völlig neuen Rahmenbedingungen eingestellt und andere Finanzierungsoptionen geprüft und vorbereitet.

„Ich blicke lieber nach vorn und so haben wir uns in dieser Phase auf die völlig neuen Rahmenbedingungen eingestellt“

Drei Emissionen 2015, 2019 und jetzt 2020: zweimal ein problematisches Umfeld – am Timing müsste noch etwas gearbeitet werden, könnte man sagen…
Am Ende zählt für uns vor allem das Ergebnis. Natürlich hätte es in der Vergangenheit auch Phasen mit weniger herausforderndem Umfeld gegeben, aber das ist nicht immer planbar. Wir bei Behrens befassen uns immer sehr frühzeitig und langfristig mit unseren Finanzierungsthemen und so sind wir das Thema Ablösung der Altanleihe 2015/20 auch nicht erst dieses Jahr angegangen. Aber die Märkte verändern sich manchmal ja sehr schnell und die Vorbereitung einer Anleiheemission benötigt immer etwas Zeit. Und ein bisschen Glück gehört beim Timing natürlich auch dazu.

Zusammen mit der Ankündigung einer 2020er Emission Anfang September gab Behrens bekannt, beim BMWi einen Antrag auf Garantieunterlegung bzw. stille Beteiligung aus dem WSF gestellt zu haben. Worum geht es da genau und wie ist der Stand der Dinge inzwischen?
Behrens hat aufgrund von signifikanten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Geschäftsentwicklung Anfang Juli 2020 proaktiv als eines der ersten Unternehmen beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, BMWi, einen Antrag auf Garantieunterlegung einer neuen Anleihe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF des Bundes gestellt. Erst Ende August wurde dann bekannt, dass diese Garantien nur für Anleihen mit einem Volumen von über 100 Mio. EUR vergeben werden können. Daraufhin haben wir in enger Abstimmung mit unseren Beratern und dem Bundesministerium unseren Antrag angepasst auf eine stille Beteiligung des Bundes. Hier geht es um eine Eigenkapitalstärkung der Gesellschaft. Die Gespräche dazu verlaufen sehr positiv und konstruktiv, so dass wir optimistisch sind und kurzfristig auf eine Bewilligung im einstelligen Millionenbereich hoffen.

Solch ein Antrag soll ja hochkompliziert sein, schließlich kommt nicht jedes Unternehmen dafür in Frage. Daher: Wer kommt denn in Frage und welche Voraussetzungen müssen vorliegen?
In der Tat war der Antrag sehr umfangreich und aufwendig für die Behrens-Gruppe und unsere Berater. Unternehmen müssen zwei von drei Zugangskriterien erfüllen, um überhaupt in Frage zu kommen für den Antrag auf eine stille Beteiligung aus dem WSF: eine Bilanzsumme von mehr als 43 Mio. EUR, mehr als 50 Mio. EUR Umsatzerlöse sowie mehr als 249 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt. Darüber hinaus gibt es aber natürlich eine Vielzahl an besonderen Bedingungen, die erfüllt werden müssen. Es geht dabei auch um Themen wie Bedeutung des Unternehmens für die Wirtschaft, Dringlichkeit, Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Wettbewerb sowie eine klare Fortführungsprognose des Unternehmens nach Überwindung der Corona-Pandemie.

Geht eine Involvierung des Bundes überhaupt, wenn praktisch andere Investoren herausgekauft würden – was eine Rückzahlung der 2015er Anleihe de facto heißen würde? Oder bedeutet es, dass Behrens parallel an einer Prolongierung der 2015er Anleihe arbeiten muss, damit dieser Casus vermieden wird?
Das geht insofern, als dass die Mittel aus der stillen Beteiligung des Bundes nicht der Ablösung der Anleihe 2015/20 dienen sollen, sondern der Eigenkapitalstärkung der Behrens-Gruppe. Wir würden in der Bewilligung ein sehr positives Signal an den Kapitalmarkt sehen, dass der Bund einerseits Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit unseres Geschäftsmodells zeigt und darüber hinaus unsere Bedeutung für den Markt und die Systemrelevanz der Behrens-Gruppe im Bereich der Palettenproduktion und Logistik anerkennt. Insofern hilft uns das indirekt natürlich auch bei der Platzierung unserer neuen Anleihe, die zusammen mit der Brückenfinanzierung des Debt Fonds und einer bereits zugesagten Finanzierung des Landes Schleswig-Holstein der Rückzahlung der Altanleihe dienen soll.

BeA Behrens

Hier 2018 bei Behrens in Ahrensburg am Firmensitz

Die Geschäftszahlen für das erste Halbjahr zeigten die zwei Seiten dieses Jahres: erstes Quartal noch normal, zweites naturgemäß sehr stark beeinträchtigt. Seit dem dritten sollte es Richtung Normalisierung gegangen sein. Aber irgendwie fehlen diesem Geschäftsjahr einfach zwei, drei Monate… Können Sie das so unterschreiben oder lässt sich in Folgemonaten/-quartalen tatsächlich noch etwas überkompensieren z.B. aufgrund von Nachholeffekten?
Behrens konnte im ersten Quartal noch ein leichtes Umsatzwachstum von 0,1% und eine insgesamt zufriedenstellende Entwicklung verzeichnen, bevor sich die Corona-Krise auch bei uns ausgewirkt hat. Hier war es in der Tat das zweite Quartal, in dem wir – wie im gesamten wirtschaftlichen Umfeld – in hohem Maße die Folgen gespürt haben. Erfreulicherweise hatten wir jedoch bereits im Juni wieder einen Anstieg der Umsatzerlöse und einige Tochtergesellschaften, wie Norwegen, Schweden und Österreich verzeichneten im ersten Halbjahr sogar ein leichtes Umsatzplus. Insgesamt fehlt aber natürlich der Umsatz der Monate April und Mai. Aktuell verzeichnen wir bei den Monatsumsätzen bereits eine deutliche Erholung mit Trend zum Vorjahresniveau, der Ausblick auf das Gesamtjahr 2020 ist jedoch nach wie vor durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Europa entwickelt sich dabei besser, die USA schwächer.

Konnten und können Sie den zwischenzeitlichen ‚Leerlauf‘ einigermaßen nutzen?
Wir nutzen den Einschnitt durch die Corona-Pandemie, um uns strategisch aufzustellen und vertrieblich ganz klar zu fokussieren auf Märkte mit besonderem Potential. Das ist für uns zum einen Europa als Absatzmarkt, zum anderen sind das bestimmte Produkte wie Nagelplatten und unsere BeFix-Schrauben. Neben der Erweiterung des Produktsortiments konzentrieren wir uns natürlich auch auf Kostensenkungen und Optimierungspotentiale innerhalb des Unternehmens, um unsere Marge weiter zu verbessern.

Zwischenmitteilung der Joh. Friedrich Behrens AG und der Behrens-Gruppe zum I. Quartal 2017

„Der Hinweis auf die Möglichkeit einer Insolvenz war aufgrund der Kurzfristigkeit der anstehenden Refinanzierung allein schon aus rechtlichen Gründen eine Notwendigkeit“

In besagter Pressemitteilung Anfang September verwiesen Sie gar auf die Möglichkeit einer Insolvenz, sollten die Bestrebungen zur Refinanzierung allesamt scheitern. War das eine ggf. auch wegen der möglichen Bundesbeteiligung vorgeschriebene Vorsichtsmaßnahme oder sähe es tatsächlich so arg aus?
Natürlich mussten wir vor dem Hintergrund der Kurzfristigkeit der anstehenden Refinanzierung allein schon aus rechtlichen Gründen darauf hinweisen werden, dass die Fortführung des Unternehmens davon abhängt. Leider nimmt der Markt solch einen Risikohinweis in der aktuellen Phase jedoch sehr sensibel auf, wie wir an den Kursbewegungen der Anleihen gemerkt haben. Wir sind jedoch sehr zuversichtlich, dass wir die Refinanzierung der Anleihe 2015/20 wie geplant erfolgreich und pünktlich realisieren werden.

Tobias Fischer-Zernin

Wie wäre es alternativ noch mit einer Restrukturierung einer oder beider Anleihen, z.B. Laufzeitverlängerung oder Zinsverzicht, möglicherweise gar ein Debt-to-Equity-Swap, wie ihn etwa Singulus und Ekotechnika vorgemacht haben?
Wir haben uns zu dem Zeitpunkt, als eine Anleiherestrukturierung mit Prolongation und Anpassung der Anleihebedingungen aufgrund der Fristen noch möglich war, bewusst dagegen entschieden. Natürlich haben wir auch diese Option geprüft – aber zum einen möchten wir weiterhin dem Vertrauen des Kapitalmarktes in uns als zuverlässigen und soliden Emittenten gerecht werden, zum anderen waren unsere Finanzierungsoptionen und damit die Rückzahlung der Anleihe zu dem Zeitpunkt aus unserer Sicht bereits überwiegend wahrscheinlich. Daher haben wir uns nach eingehenden Beratungen gegen eine Restrukturierung der Anleihen entschieden und uns vollständig auf den anderen Weg fokussiert. Viele Anleger begleiten Behrens bereits seit vielen Jahren am Kapitalmarkt und wir würden uns freuen, wenn das auch in Zukunft so sein wird!

Herr Fischer-Zernin, einmal mehr ganz herzlichen Dank an Sie für Ihre Zeit und die umfangreichen Einblicke!

Interview: Falko Bozicevic