Wachstum : Themenwechsel an den Märkten

Wir gehen davon aus, dass in nicht allzu ferner Zukunft das Wachstum an die Stelle der Inflation als wichtigstes Marktthema treten wird. Von Geraldine Sundstrom, PIMCO*

Die Rhetorik der Zentralbanken deutet allmählich in diese Richtung, aber wir werden es erst dann mit Sicherheit wissen, wenn der Höhepunkt der Inflation fest im Rückspiegel steht. Im Moment sind alle Augen auf die Verbraucherpreise gerichtet, und das Wachstum bleibt noch im Hintergrund.

Zwar hat sich der Inflationshintergrund vorerst gebessert, doch die andere Seite der Gleichung hat sich weiter verschlechtert: Der ISM-Einkaufsmanagerindex (einer der wichtigsten konjunkturellen Frühindikatoren) für das verarbeitende Gewerbe in den USA lag bei 49 Punkten und verzeichnete damit den ersten Rückgang seit 2020. Der europäische PMI des verarbeitenden Gewerbes liegt nun bei 47,1 und damit fest im Rezessionsbereich.

Hierbei schnitt das Vereinigte Königreich besonders schwach ab, wobei der Wert mit 46,5 Punkten zwar über den Erwartungen lag, aber dennoch den vierten Monat in Folge unter der 50er-Marke blieb. Auch die deutschen Exporte fielen deutlich schwächer aus als erwartet, was darauf hindeutet, dass die größte europäische Volkswirtschaft vor weiteren Problemen steht.

Während die Makrodaten der Industrieländer nach wie vor auf eine Rezession hindeuten, führten zunehmende Anzeichen dafür, dass China seine Haltung zu den COVID-Beschränkungen aufweichen könnte, zu einer Stärkung einiger Rohstoffpreise und anderer China Vermögenswerte mit China-Bezug. Eine deutliche Erholung der chinesischen Wirtschaftstätigkeit bis zum Jahr 2023 würde das Wachstum weltweit ankurbeln, doch ist weiterhin Vorsicht geboten, da Chinas Weg zur Wiedereröffnung alles andere als eindeutig ist.

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Einordnung der jüngsten US-Inflationsdaten

In der vergangenen Woche standen drei Ereignisse im Mittelpunkt des Interesses der US-Inflationsbeobachter (zu denen im Moment fast alle Marktteilnehmer gehören). Zunächst sprach der Vorsitzende Powell am Mittwoch vor der Brookings Institution in Washington D.C. Dann folgten am Donnerstag die US-PCE-Inflationsdaten (Personal Consumption Expenditure Price Index, das bevorzugte Inflationsmaß der Fed) und schließlich am Freitag die US-Arbeitsmarktdaten.

Für die Märkte war die Rede von Powell der wichtigste Impulsgeber. Powell nannte Gründe für Optimismus in Bezug auf die Güter- und Wohnungsinflation, merkte jedoch an, dass insbesondere die Lohninflation weiterhin Anlass zur Sorge gebe, womit eine Verlangsamung der Zinserhöhungen im Dezember so gut wie feststeht. Am Donnerstag wurde eine relativ schwache PCE-Kerninflation von 5,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat veröffentlicht. Im vorangegangenen Monat lag die Kennzahl noch bei 0,5 Prozent. Zwei wichtige Kennzahlen sind nun bekannt, eine steht noch aus, und die Marktstimmung ist bemerkenswert positiv.

Am Freitag wurde den Risiken etwas der Wind aus den Segeln genommen, als die monatlichen Daten zu den Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft stärker ausfielen als erwartet: 263.000 gegenüber den erwarteten 200.000 und ein Lohnwachstum von +0,6 Prozent gegenüber den durch die Fed prognostizierten +0,3 Prozent. Für risikobehaftete Anlagen reichten jedoch zwei von drei Punkten aus, und die Aktienmärkte beendeten die Woche trotz einiger Schwankungen aufgrund der Arbeitsmarktzahlen vom Freitag mit einem soliden Plus. Auch die vorläufige Gesamtinflation in Europa fiel mit 10,6 Prozent gegenüber 10,6 Prozent etwas schwächer aus und verzeichnete den ersten Rückgang seit 16 Monaten, was die Stimmung weiter aufhellte.

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Da die Inflation nach wie vor der wichtigste makroökonomische Treiber für alle Anlageklassen ist, zeigte sich der Effekt bei verschiedenen Asset-Klassen: Der S&P 500 erzielte eine Rendite von 1,2 Prozent und die Renditen von 10-jährigen US-Staatsanleihen fielen zum ersten Mal seit September unter 3,5 Prozent. Auch die implizite Volatilität ging zurück, und der Vix-Index fiel unter 20. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Anleger dem Jahresende mit mehr Zuversicht entgegensehen, was durch den schwächeren Dollar zusätzlich begünstigt wird. Was die Inflation und die Politik betrifft, so wird das nächste wichtige Ereignis die Veröffentlichung des US-Leitzinses am 13. Dezember sein, gefolgt von der Zinsentscheidung der Fed am 14. Dezember.

*) Geraldine Sundstrom ist Managing Director & Asset Allocation Portfoliomanagerin beim Vermögensverwalter PIMCO

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