Neuemission FC Schalke 04: „Schritt für Schritt weiter – weiter nach vorne“

Anleihe 2022/27 der Königsblauen / Knappen aka FC Schalke 04 steht in den Startlöchern – bzw. der Ball rollt bereits, die Zeichnungsfrist läuft schon. Jetzt noch ein wenig Fortune in den finalen Spielen der laufenden Saison und Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers könnte eine weitestgehende Planzielerreichung schon im ersten Drittel des im letzten Jahr kommunizierten Dreijahresplans verbuchen.

Frau Rühl-Hamers, wir hatten ja vor knapp einem Jahr gesprochen – wie steht es um die damals formulierten Ziele des FC Schalke 04?
Die nehmen wir äußerst ernst, wie Sie ja auch an unseren kürzlich veröffentlichten Geschäftszahlen gesehen haben. Ich habe damals schon betont, dass die wirtschaftliche Vernunft bei uns über allem steht, das heißt: Wir geben nur Geld aus, was wir haben und nicht das, von dem wir glauben es in Zukunft zu haben. Die Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2021 zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und diesen Weg gehen wir jetzt Schritt für Schritt weiter – weiter nach vorne.

Erfreulicherweise gingen die Verbindlichkeiten ja zurück.
Das stimmt, die weitere Senkung der Verbindlichkeiten ist eines unserer strategischen Ziele. Trotz Corona und dem Abstieg konnten wir diese im vergangenen Kalenderjahr – welches die Rückrunde der Abstiegssaison sowie die Hinrunde der laufenden Saison umfasst – deutlich reduzieren, von 217 auf 183,5 Mio. EUR, das entspricht rund 15 %.

Die berühmte Knappenschmiede: Die Königsblauen zählen in der Jugendarbeit mit zu den Erfolgreichsten.

Und sogar die operative Tätigkeit im vergangenen Kalenderjahr fiel besser aus als im Jahr 2020 – wie ging das?
Wir haben mit Weitblick agiert und frühzeitig Vorbereitungen für das durchaus komplexe Jahr 2021 angestoßen. Der notwendige und historisch einmalige Kaderumbau für die Zweite Liga, das strikte Kostenmanagement, über das wir Mitte des Jahres sprachen, und weitere umfangreiche Sparmaßnahmen – wie zum Beispiel der Stopp des Infrastrukturprojektes ‚Berger Feld‘ – waren der Schlüssel dazu. Ich möchte Ihre Frage deshalb so zusammenfassen: Wir sind auf dem richtigen Weg – und es ist ein positiver Trend erkennbar.

Eine Besonderheit beim Schalke 04 ist ja, dass Ihnen die VELTINS-Arena gehört. Ist die denn abbezahlt?
Die VELTINS-Arena ist sowohl abbezahlt als auch in wenigen Jahren abgeschrieben – aber natürlich wird sie noch erheblich länger genutzt werden können. Sie gehört zu den modernsten Multifunktionsarenen der Welt.

Garant für sportlichen Rückenwind: Goalgetter Simon Terodde

Bei dem Wert des Kaders muss man gemeinhin genau hinsehen: Werden die Spieler nach aktuellen Marktwerten ausgewiesen?
Nein – nach HGB werden die Werte von Spielern nach ihren Anschaffungskosten bilanziert. Gerade die Werte der Spieler, die wir durch die eigene Ausbildung in der Knappenschmiede schaffen, werden in der Bilanz gar nicht erfasst. Verkauft man einen Spieler über seinen damaligen Anschaffungskosten, so hebt man nach HGB stille Reserven. Das war z.B. bei Julian Draxler und Leroy Sané damals ganz erheblich – das gelingt nicht jede Saison, ist jedoch sicherlich Ziel vieler Profivereine. In der Vergangenheit ist dies ein Wettbewerbsvorteil des Clubs gewesen und er soll es auch in Zukunft sein.

Der FC Schalke 04 hat sich im letzten Jahr vom Geschäftsbereich e-Sports getrennt – der doch eigentlich stark im Kommen ist. Mit einem weinenden Auge?
Durchaus. Das sind die Handlungsoptionen, von denen ich immer spreche. Wir waren mutig und innovativ, als wir 2016 unser Engagement im e-Sports mit dem Kauf des LEC-Slots intensiviert haben. Mitte des letzten Jahres war uns bewusst, dass das Nichterreichen der sportlichen Ziele und die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona eine erhebliche Rolle spielen. Wir haben mit der Esports-Sparte einen wirtschaftlich sehr attraktiven Geschäftsbereich aufgebaut und der Verkauf des LEC-Slots hat uns dann enorm geholfen, unseren finanziellen Handlungsspielraum zu vergrößern. Vor diesem Hintergrund war dieser Schritt notwendig. Wichtig ist auch noch einmal zu betonen, dass im Verkaufspreis am Ende auch bereits viel zukünftiges Wachstumspotenzial eingepreist war. Wir haben den Bereich also nicht unter Wert verkauft.

Gute B-Note: Das Kopfballtraining macht auch vor der Vorstandsetage nicht Halt. Quelle: unbekannt

Die Platzierung der 2021er Anleihe verlief – nicht gänzlich überraschend – doch etwas schleppend, bei ca. 9 Mio. EUR wurde das Zielvolumen nicht erreicht. Wie sind die Unterschiede bei der diesjährigen Emission im Hinblick darauf, wie zuversichtlich Sie sind, dass die angestrebten 34,1 Mio. EUR auch wirklich annähernd zustande kommen?
Durch einige Nachplatzierungen hatten wir insgesamt ein Volumen von insgesamt über 10 Mio. EUR erreicht. Damit sind wir sehr zufrieden, und unsere Erwartungen wurden damit voll erfüllt. Grundsätzlich denken wir langfristig und wollen mit einer frühzeitigen Refinanzierung der Anleihe 2016/23 unsere Fälligkeitsstruktur anpassen und hohe Einmalfälligkeiten auflösen. Die ersten Rückmeldungen nach Zeichnungsstart waren sehr positiv und wir wären mit einem niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag bei der jetzigen Emission nicht unzufrieden.

… und wenn es nur sagen wir die Hälfte wird – gibt es einen Plan B?
Wir glauben fest an den Erfolg dieser Emission. Wir haben gezeigt, dass wir mit kaufmännischer Vernunft auf einem guten Weg sind, die strategischen Ziele des Vereins zu erreichen. Dennoch muss man sich mit verschiedenen Situationen und Szenarien auseinandersetzen – auch das gehört zu einer vernünftigen wirtschaftlichen Führung. Wie gesagt: Wir planen frühzeitig, kaufmännisch vernünftig und haben selbstverständlich Handlungsoptionen für die unterschiedlichen Szenarien.

Christina Rühl-Hamers

Die Zweite Liga ist aktuell die stärkste aller Zeiten, v.a. mit jeder Menge Traditionsvereinen wie St. Pauli, Darmstadt 98, dem HSV, Werder Bremen, Nürnberg und eben Schalke allesamt im vorderen Drittel. Mir ist bekannt, dass Sie ja ‚nur‘ einen Dreijahresplan ausgerufen haben mit Ziel Wiederaufstieg – kann der Club bis zu drei Saisons in Liga II wirtschaftlich verkraften oder droht aufgrund schleichenden Substanzverlusts eine Art HSV-isierung?
Wie gerade schon betont gehört es zu unseren Aufgaben, verschiedene Szenarien zu skizzieren und diese in die Entscheidungen mit einfließen zu lassen. Der Wiederaufstieg in die Bundesliga ist in unserer Strategie fest verankert, dennoch wäre es unvernünftig und auch nicht seriös, alles nur danach auszurichten. Wir haben im vergangenen Jahr durch umfangreiche Maßnahmen ein gutes und stabiles Fundament für die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Vereins geschaffen. Wir haben für alle Szenarien Handlungsoptionen entwickelt, um die Schalker Zukunft positiv zu gestalten.

Frau Rühl-Hamers, ganz herzlichen Dank und natürlich viel Erfolg!

Interview: Falko Bozicevic