Law Corner: Mittelstandsanleihen – attraktiver durch Garantie?

Dr. R. Kobabe (li.) und I. Wegerich, RAs, Luther

Der Law Corner Beitrag von Dr. Rolf Kobabe, Rechtsanwalt und Partner, und Ingo Wegerich, Rechtsanwalt und Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Garantierte Anleihen bieten eine höhere Bonität und damit einen größeren Platzierungserfolg. Lassen sich auch Mittelstandsanleihen ohne weiteres als Garantieanleihen strukturieren, ohne gegen das KWG zu verstoßen?

Mittelstandsanleihen erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit, nicht nur wegen ihrer häufig vergleichsweisen attraktiven Verzinsung. Gleichwohl wird immer wieder Kritik laut, die Anleiherisiken seien zu hoch, da die Bonität der Anleiheemittenten zu niedrig sei. Das erhöhte Risiko ist sicherlich nicht generell von der Hand zu weisen, z.B. bei jungen Emittenten ohne eine längere Bilanzhistorie oder wenn die eigentlichen Assets (wie z.B. Patente oder Schutzrechte) nicht beim Emittenten liegen, sondern bei einer anderen Gesellschaft.

Abhilfe kann dadurch geschaffen werden, wenn neben den Emittenten ein Unternehmen tritt, das gegenüber den Anleiheinhabern eine Garantie dafür abgibt, dass der Emittent seinen Verpflichtungen aus der Anleihe auch nachkommt. Man spricht in diesen Fällen von einer garantierten Anleihe.

Häufig werden solche Garantien von Konzernmüttern gestellt, die für die Anleihen ihrer Tochtergesellschaften im Ergebnis die Haftung übernehmen. Garantierte Anleihen sind am Markt durchaus verbreitet und sind vom Gesetzgeber auch ohne weiteres anerkannt.

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Das europäische Prospektrecht sieht für garantierte Anleihen ausdrücklich bestimmte zusätzliche Angaben zu dem Garanten und insbesondere zu den konkreten Garantiebedingungen vor. Der Vorteil einer Garantieübernahme geht daher einher mit einem erweiterten Umfang des Prospekts, mit dem sich die Anleger auch auseinandersetzen sollten und müssen.

Für den Garantiegeber ist aber nicht nur wichtig, welche Informationen über ihn im Prospekt aufgenommen werden müssen. Ihm muss auch bewusst sein, dass die Gewährung der Garantie grundsätzlich ein Bankgeschäft in Form des Garantiegeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 des Kreditwesengesetzes (KWG) darstellt und damit gemäß § 32 KWG einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bedarf. Dabei definiert das KWG das Garantiegeschäft relativ klar als die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein Kreditgeber – oder im Fall einer Anleihe der Investor als Anleihegläubiger – sich nicht allein darauf verlassen will, dass der Kreditnehmer – also der Emittent – in der Lage sein wird, seine Schuld bei Fälligkeit zu bedienen. Auf eine staatlich beaufsichtigte Bank als Garantiegeber kann sich der Anleihegläubiger jedoch verlassen. Man könnte auch sagen: Die Bank als Garantiegeber leiht dem Kreditnehmer ihre Kreditwürdigkeit und gibt ihm damit gleichsam selbst Kredit. Gleichzeitig muss die Garantie gebende Bank jedoch, jedenfalls wenn der Garantiefall nicht eintritt, keine eigene Liquidität aufwenden.

Nach Auffassung der BaFin verlässt sich der Rechtsverkehr darauf, dass Unternehmen, die geschäftsmäßig Gewährleistungen für bestimmte Risiken übernehmen, seien es materiell Kreditinstitute, zuverlässig sind und die erforderliche Vorsorge treffen, um ihre Zusagen einzulösen. Staatlich beaufsichtigte Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen bieten diese Gewähr. Das KWG stellt deshalb diese Art von Geschäft als Garantiegeschäft unter Erlaubnisvorbehalt.

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Es gibt jedoch Ausnahmen: Wenn nämlich das Garantie gebende Unternehmen demselben Konzern angehört wie der Kreditnehmer bzw. der Emittent, liegt nach der Verwaltungspraxis der BaFin kein Garantiegeschäft im Sinne des KWG vor, da im Sinne einer Gesamtbetrachtung die Garantie nicht „für andere“ gewährt wird.

Unternehmen mit „echten“ Konzernstrukturen können sich diese Ausnahme im Rahmen von Anleiheemissionen leicht zunutze machen, in dem z.B. die Konzernmutter für die Anleihen ihrer Tochter- oder Enkelgesellschaften eine Garantie gegenüber den Anleihegläubigern übernimmt.

Bei Mittelstandsanleihen sind solche Konzernstrukturen weniger verbreitet. Häufig genug gibt es nur den Emittenten als Unternehmen, hinter dem der Unternehmer als Prinzipal und Allein- oder jedenfalls Hauptgesellschafter mit entsprechendem Einfluss steht. Auch wenn Unternehmerpersönlichkeiten in solchen Konstellationen viel Geld in ihr Unternehmen gesteckt haben, verfügen sie gleichwohl über großes Privatvermögen, das als Haftungsmasse für die Anleihe ihres Unternehmens dienen könnte.

Sollten sie dazu bereit sein, mit ihrem privaten Vermögen auch ins Risiko zu gehen, z.B. um Vertrauen bei den Investoren zu gewinnen und damit den Platzierungserfolg der Emission ihres Unternehmens zu steigern, können sie auch als natürliche Person den Anleihegläubigern eine Garantie für die Verbindlichkeiten ihres Unternehmens aus der Anleihe gewähren. Denn nach der Verwaltungspraxis der BaFin gilt die Ausnahme für konzernangehörige Unternehmen nicht nur für juristische Personen, sondern eben auch für den hinter dem Unternehmen stehenden Prinzipal, der insoweit wie eine „Konzernmutter“ qualifiziert wird.

Somit können auch mitteständische Unternehmer Anleihen ihrer Unternehmen erlaubnisfrei mit Garantien ausstatten und damit die Bonität ihrer Anleihen deutlich steigern.