GUBOR: „Mithilfe der Anleihe flexibler agieren als bisher“

Mit der GUBOR Schokoladen präsentiert sich ein Debütemittent dem Kapitalmarkt – BondGuide zur Emission im Gespräch mit CEO Claus Cersovsky und CFO Udo Zimmer

BondGuide: Meine Herren, vielleicht zum Einstieg kurz einige Worten zu Ihnen selbst und Ihrem Background und natürlich parallel zum Unternehmen: Wer ist die GUBOR Schokoladen GmbH?
Cersovsky: Ich selbst bin CEO und geschäftsführender Gesellschafter der GUBOR Gruppe – familiengeführt in dritter Generation. Der Fachbegriff der Ausbildung lautet Süßwarentechnologe, die mein leider vor fünf Jahren viel zu früh verstorbener Bruder genießen durfte. Ich selbst hatte eine kaufmännische Ausbildung. Wie man Schokolade herstellt und wie all unsere Maschinen funktionieren, weiß ich natürlich ebenfalls.
Zimmer: Ich bin seit Mitte 2023 als CFO bei Gubor, bin aber insgesamt seit mehr als 30 Jahren in verschiedenen Unternehmen als CFO und CEO tätig gewesen.

BondGuide: Und die Nachfolge wäre auch gesichert?
Cersovsky: Mein Bruder hat zwei Söhne, die sind allerdings noch nicht so recht in Richtung Schokolade unterwegs. Ich selbst habe drei noch minderjährige Kinder, zwei Töchter und einen Sohn. Die finden zwar, dass ihr Vater einen Traumjob hat, aber ob das für sie selbst irgendwann mal in Frage kommt, das steht noch in den Sternen. In Familienhand soll GUBOR natürlich bleiben. Mit jetzt 61 arbeite ich nach wie vor sehr gerne und kann mir in den nächsten zehn Jahren noch keinen Ruhestand vorstellen.

BondGuide: Die fünf deutschen Standorte bis auf Wernigerode/Nordharz musste ich jeweils mit Google suchen. Sind diese Werke gründungsbedingt jeweils dort oder gibt es besondere Standortvorteile?
Cersovsky: In der Tat, die haben sich allesamt gründungsbedingt dort ergeben, wo sie nach wie vor sind. Unsere Hauptverwaltung, wo ich mein Büro habe, ist in Dettingen/Teck in der Nähe von Stuttgart. Nur den Betrieb in Polen haben wir sozusagen auf die grüne Wiese gesetzt, in der Nähe mehrerer unserer Zulieferer.

BondGuide: Und wem gehört die Gubor Schokoladen GmbH?
Cersovsky: Zu rund zwei Dritteln mir selbst und der Rest meinen beiden Neffen. Vor fünf Jahren hatte GUBOR die Firma Hans Riegelein & Sohn GmbH & Co.KG übernommen. Peter Riegelein scheidet altersbedingt, vorgeplant und auf eigenen Wunsch zum Jahreswechsel aus der Geschäftsführung von GUBOR aus. Die restlichen 49% an der gemeinsamen KG wollen wir in diesem Zuge übernehmen, wie ebenfalls vorgeplant.

BondGuide: Ist der Firmenname GUBOR irgendeine kreative Abkürzung?
Cersovsky: Ja, allerdings so kreativ, dass man nicht so leicht darauf kommt. Die Buchstaben gehen auf den Firmengründer sowie seinen einstmals Schweizer Gründungsstandort zurück. Dieser Standort wechselte nach dem 2ten Weltkrieg zu uns hier in den Schwarzwald, da in Deutschland wesentlich mehr Zulieferer angesiedelt waren. Das Label ‚Schweizer Schokolade‘ gab es damals so noch nicht, das ist ein Image der letzten Jahrzehnte – andernfalls hätte er sich das womöglich nochmal überlegt.

Produktion bei Gubor

BondGuide: Wo komme ich als Käufer mit Ihren Produkten konkret in Kontakt?
Cersovsky: Der einzige deutsche Einzelhändler, an den wir nicht liefern, ist die Drogeriekette dm. In allen anderen, also beispielsweise Aldi, Lidl, Edeka, Rewe oder Rossmann, liegen Produkte der GUBOR Gruppe aus, entweder unter unseren Marken oder unter Eigenmarken der Verbrauchermärkte.

BondGuide: Weihnachten und Ostern sind recht gut prognostizierbar. Wie konjunkturabhängig ist ansonsten Ihr Geschäft?
Zimmer: Solange Weihnachten und Ostern weiterhin stattfinden, und davon ist fest auszugehen, wird es auch uns in den Verbrauchermärkten geben. Beides zusammengenommen steht für rund 80% unserer Umsätze von ca. 312 Mio. EUR. Ostern ist noch ein wenig stärker als Weihnachten, da Weihnachten auf die Adventszeit konzentriert ist, während praktisch das gesamte erste Quartal auf Ostern hinausläuft.
Cersovsky: Und nicht zu vergessen, dass die Adventszeit auch stark von Lebkuchen geprägt wird, die mit Schoko-Artikeln natürlich konkurrieren. Diese Gebäck-Konkurrenzprodukte gibt es bei Ostern so nicht.

BondGuide: Auch bei der Schokoladenherstellung gewinnen ESG-Kriterien zunehmend an Bedeutung. Stichwort: z.B. fairer Handel mit dem Grundstoff Kakao. Haben Sie noch einen Überblick auf die ganzen Labels und was Sie als verantwortungsvolles Unternehmen bei Ihren Zulieferern zu beachten haben?
Cersovsky: Da haben Sie recht: Wir haben alle gängigen Labels. Von Vegan über RSPO bis CO2-Footprint decken wir alle ab, die nennenswert sind. Wir sind zudem einer der größten Fairtrade-Verwender. Als einer der Mitbegründer des Forums für Nachhaltigen Kakao spielt Nachhaltigkeit für unsere Unternehmensgruppe sowohl bei der Rohstoffbeschaffung als auch der Produktion eine sehr große Rolle.

BondGuide: Die Rohstoffe Kakaobohnen, Kakaobutter und Zucker sind in den letzten Jahren kräftig im Preis gestiegen. Wie viel davon lässt sich an die Abnehmer weitergeben?
Zimmer: Hier müssen Sie sehen, dass das Weihnachts- wie auch Ostergeschäft mit vielen Monaten Vorlauf über Kontrakte mit unseren Abnehmern abgeschlossen wird. In diesem Moment decken wir uns mit den dafür benötigten Rohstoffen für die Herstellung ein. Offene Positionen, die wir zu Spitzenpreisen nachkaufen müssten, haben wir nicht. Unser Einkauf ist kongruent mit dem Vertragsabschluss mit unseren Abnehmern. Das läuft also stets auf einen gleitenden Durchschnitt hinaus. Diesen gibt man an den Handel weiter, aber nicht einzelne Spitzen nach oben oder unten. Der Handel hat akzeptiert, dass Produkte auf Basis von Kakao in den vergangenen zwei Jahren deutlich teurer werden mussten und entsprechend gepreist. Das hat uns als Hersteller keine Marge gekostet.

Quelle Google Maps, Philip Kistner u.a.

BondGuide: Wie ist GUBOR durch die Krisenjahre 2020 bis 2023 gekommen?
Cersovsky: Von Corona und seinen Folgen haben wir in unserem Geschäft erst nur wenig gemerkt. Der eine oder andere Abnehmer war vorsichtiger, aber im Grunde gingen Schokoladenprodukte genau wie immer über die Kassen. 2022/23 hatten wir ein Problem mit einem Zulieferer, der unser größtes Werk in Wernigerode mehrere Wochen stillstehen ließ. Ein Monat Produktionsausfall hat Geld gekostet. 2023/24 waren wir wieder wie gewohnt unterwegs und hatten ein Rekordjahr.

BondGuide: Mit einem Umsatz von über 300 Mio. EUR sind Sie fast schon oberhalb der Definition eines KMU. Kennt man die Mitbewerber namentlich?
Cersovsky: Sicherlich gehören wir damit zu den größeren Mittelständlern und unter den deutschen Süßwarenherstellern zu den oberen 10%. Nennenswerte Mitbewerber sind beispielsweise Baronie, Frankreich, oder Brandt, Deutschland. In Deutschland sind wir mit Eigenmarkenschokolade der Marktführer. In Europa kommen dann die großen Nahrungsmittelkonzerne hinzu, aber mit denen konkurrieren wir hier in Deutschland nicht in unserem Metier.

BondGuide: Mit dem avisierten Anleihevolumen kann GUBOR was genau stemmen?
Zimmer: Im Weihnachtsgeschäft produzieren wir über Monate hinweg für die wenigen Wochen, in denen die Saisonartikel ausgeliefert werden. Das erfordert Effizienz von der Herstellung bis zur Logistik. Vorfinanzierung spielt für uns also eine sehr große Rolle. Also haben wir uns vor einiger Zeit überlegt, wie wir uns finanzierungsseitig für die Zukunft aufstellen wollen. Da kam eine Anleihe als Sockelfinanzierung ins Spiel. Bankenabhängig möchten wir für etwaige Saisonspitzen bleiben. Im Kern sichern wir mit dem Baustein Anleihe den Ausbau unserer guten Marktpräsenz und stellen uns so flexibler auf als bisher. Um das auch nach außen zu kommunizieren, haben sich die Gesellschafter für die ersten drei Jahre der Anleihelaufzeit jedwede Ausschüttungen untersagt.

BondGuide: Sie haben außerdem einen Modus Fill or Kill bei 50 Mio. EUR ausgelobt, d.h. mindestens 50 Mio. EUR Emissionserlös oder nichts. Wozu das?
Zimmer: Unser Finanzierungsrahmen basiert auf der Umsatz- und Liquiditätsplanung. Saisonale Finanzierungsspitzen decken wir über Bankkredite ab. Als Sockelfinanzierung nutzen wir die Anleihe, die ein Volumen von mindestens 50 Mio. EUR haben muss. Für institutionelle Investoren sind zudem ein gewisses Mindestvolumen sowie eine ausreichende Liquidität von Bedeutung.

BondGuide: Gibt es ein Einzelrisiko, dass Ihnen beiden ggf. Kopfzerbrechen bereitet – möglicherweise eines, auf das Sie keinen Einfluss haben wie seinerzeit mit den Lieferketten?
Cersovsky: Ein Unternehmen mit über 300 Mio. EUR hat natürlich jederzeit viele Themen – aber kein einzelnes so groß, dass es uns Kopfzerbrechen bereitet. Die schwierigen Jahre liegen bereits hinter uns, und auch diese haben wir gut gemeistert.
Zimmer: Und wir freuen uns, mit unserer Anleiheemission einen zusätzlichen Finanzierungsbaustein schaffen und unsere Finanzierung auf eine breitere Basis stellen zu können. Wir sind uns hierbei auch im Klaren darüber, dass wir künftig aktiv mit dem Kapitalmarkt und unseren neuen Investoren kommunizieren werden.

BondGuide: Meine Herren, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit direkt zum Emissionsstart und natürlich viel Erfolg!

Interview: Falko Bozicevic

Fotos: alle @GUBOR

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