Vergessen wir nicht, dass die letzte vergleichbare Schwächeperiode, die Finanzkrise 2007-09, schon sage und schreibe 1 ½ Jahrzehnte zurückliegt. Es folgte ein vergleichsweise beispielloses Jahrzehnt ungestörten Wachstums – auch und gerade an den Börsen. Aber die spiegeln ja ohnehin die wirtschaftlichen Gegebenheiten, heißt es zumindest.
Gemessen daran muss gleich die Frage anschließen, was die Kapitalmärkte denn da in den ersten beiden Wochen des neuen Jahres reflektieren – gab es überhaupt schon einen Tag ohne Kursgewinne?
Rezession jedenfalls sieht aus meiner Erinnerung anders aus. Berücksichtigt man die weiterhin vorherrschenden Unbekannten – die Ausgänge sind weiterhin ergebnisoffen –, Krieg um die Ukraine und Corona-Endphase, kommt mir die jüngste Entwicklung etwas wagemutig vor. Offenbar herrscht immenser Anlagedruck, der die Märkte nach oben schiebt, selbst wenn die Nachrichtenlage drumherum noch alles andere als erbaulich ist.
Gerade wird diskutiert, ob und wer Leopard II Kampfpanzer an die Ukraine liefert. Nach meinem Verständnis wollte man genau eine solche Ausstattung mit schwerem Offensiv-Gerät aus naheliegenden Gründen bisher unterlassen. Sollte es nun doch so kommen, wäre es höchst inkonsequent, spät und risikobehaftet. Und natürlich droht nun doch eine ideologische Spaltung der Unterstützungsmächte.
Lassen wir die politische Diskussion in einem Vorwort eines Börsen-Newsletters beiseite: Jedenfalls sehe ich für 2023 weiterhin mehr Frage- als Ausrufezeichen. Zwei ermutigende Nachrichten daher zum Schluss: 2022 war das einzige Jahr seit 1977, in dem die beiden wesentlichen Asset-Klassen Aktien und Anleihen gleichzeitig nachgaben. Das spricht dafür, dass lehrbuchmäßige Markttheorien heute außer Kraft gehebelt sind.
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Man zitiert dann gerne ‚Dieses Mal ist es anders‘. Das habe ich allerdings auch 1999 und 2007 gehört und beide Male wurden Wirtschaft und Kapitalmarkt auf dem gänzlich kalten Fuß erwischt. So muss es nicht kommen: Vielleicht ist auch Anderes anders.
Falko Bozicevic,
BondGuide
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