Die Politik der EZB läuft ins Leere

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Ist die Europäische Zentralbank (EZB) am Ende ein zahnloser Tiger? Sämtliche Geschütze hat die Zentralbank in den vergangenen Jahren aufgefahren und aus allen Rohren gefeuert. Darunter waren mehrere bis zu einer Billionen Euro schwere Finanzspritzen für Banken, die in Anlehnung an ein 42-cm-Geschütz der Deutschen aus dem Ersten Weltkrieg „Dicke Berta“ genannt wurden.

Alle erwiesen sich irgendwie als Rohrkrepierer oder zumindest als wenig wirkungsvoll, so wie es jetzt wieder mit dem laufenden Ankaufprogramm für Staatsanleihen zu sein scheint. Bis September 2016 soll das 1,1 Billionen EUR schwere „Geldflutungsprogramm“ laufen, und wenn die Zeichen der Zeit, die die EZB ständig sendet, nicht trügen, dürfte es darüber hinaus verlängert werden.

Dies glauben inzwischen auch alle maßgebenden deutschen Bankenvolkswirte, wie eine Umfrage von Dow Jones ergab. Gleichzeitig aber halten die Volkswirte die EZB-Politik für falsch, weil die Notenbank damit ihr wichtigstes Ziel, die Inflation mittelfristig auf 2% zu erhöhen, gar nicht erreichen könne. Trotz „Dicker Berta“ ist die Teuerungsrate von 3% im September 2011 auf 0,1% im September 2015 gesunken. In dieser Phase hat die EZB den Leitzins von 1,25% auf 0,05% gedrückt und den Einlagensatz von 0,50% auf minus 0,20% gesenkt.

Nach den Refinanzierungsprogrammen für die Banken folgten die Aufkäufe von Pfandbriefen, Kreditverbriefungen und schließlich auch Staatsanleihen. Gleichzeitig aber geraten Banken, Finanzdienstleister, Lebensversicherer und Pensionskassen reihenweise in Bedrängnis, ja, manche auch in existenzielle Nöte, weil sie keine Zinsmarge mehr generieren können. Nicht von Ungefähr schreibt die Bundesbank in ihrer Quartalsumfrage, dass die EZB-Politik der quantitativen Lockerung (QE) den deutschen Kreditinstituten nichts nützt, aber sie mindert deren Erträge. Die zusätzliche Liquidität etwa für die Kreditvergabe kam demnach fast ausschließlich von gestiegenen Kundeneinlagen und kaum vom Verkauf marktfähiger Aktiva durch die Banken selbst. QE habe keine nennenswerten Auswirkungen auf die Kreditvergabepolitik der Banken, sondern führe lediglich zu einer Belastung der Ertragslage, gaben die Banken in der zugrundeliegenden Umfrage an.

Als explizit kontraproduktiv kennzeichnet die Commerzbank das Anleihekaufprogramm der EZB. Es verfehle nicht nur die erhoffte Wirkung einer Ankurbelung der Konjunktur durch eine höhere Kreditvergabe, sondern es habe sogar den gegenteiligen Effekt und wirke wie eine restriktive Geldpolitik, meint Lutz Karpowitz, Analyst bei der zweitgrößten deutschen Bank. Begründung: Zusammen mit den zurzeit negativen Einlagezinsen bei der EZB erhöhe das Programm die laufenden Kosten für die Banken. Derzeit verlangt die Notenbank einen Strafzins von 0,2% auf Geld, das die Banken bei ihr parken. Höhere Refinanzierungskosten der Banken aber wirkten dämpfend auf die Kreditvergabe anstatt sie anzuregen, so argumentiert die Commerzbank. Banken werden laut Karpowitz durch das Anleihekaufprogramm geradezu dazu gezwungen, mehr Überschussreserven zu halten. „Denn jeder Euro, den die EZB zum Kauf von Wertpapieren ausgibt, landet zwangsläufig auf dem Konto einer Geschäftsbank, die diesen wiederum am Ende des Tages bei der EZB deponieren muss“, sagt er.

Als Ausweichmöglichkeiten sieht Karpowitz nur zwei Wege: Zum einen können Banken Bargeld halten, was angesichts der hohen Summen nicht realistisch sei. Die andere Möglichkeit ist das, was sich die Notenbanker wünschen: Die Kreditvergabe an Unternehmen. Es spreche aber einiges dagegen, dass die Institute diesen Weg gehen. Vielleicht muss die EZB ja einen Grundgedanken ihrer Politik revidieren. Denn die Annahme, mit billigem Geld die Kreditvergabe und damit die Inflation anzuheizen, funktioniert offenbar höchstens sehr langsam, und wenn, dann auch nur sehr beschränkt. Die Preisentwicklung hängt dagegen viel stärker etwa an der Ölpreisentwicklung, wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat. Erreicht hat die EZB allerhöchstens einen indirekten positiven Effekt: Durch ihre QE-Politik wurde der Euro zeitweise so geschwächt, dass sich die Exportwirtschaft die Hände reiben konnte (und immer noch kann).

Dennoch riskiert die Zentralbank mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik die Bildung neuer Blasen, ohne dass die Wirkung ihrer Strategie die gewünschten Effekte hätte. Die Frage also, ob die mit einer Materialschlacht vergleichbare EZB-Politik weitgehend ins Leere läuft, kann somit nur mit Ja beantwortet werden. Oder, um eine weitere Analogie zum Krieg zu bemühen, die EZB feuert aus allen Rohren und doch bleiben am Ende nur Verlierer übrig.

BHP sammelt insgesamt ca. 6,4 Mrd. USD ein
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In dieser Berichtswoche wagte sich trotz der Konjunkturängste in China erstmals ein Autobauer aus dem Reich der Mitte mit einer Euroanleihe an die internationalen Kapitalmärkte. Dongfeng Motor Hong Kong begab eine 3-jährige Anleihe (WKN A1Z9GC) im Volumen von 500 Mio. EUR. Das Unternehmen zahlt dem Anleger einen jährlichen Kupon von 1,6%. Der Bond wurde mit +150 bps über Mid Swap emittiert, was einem Ausgabepreis von 99,95% entsprach. Die Anleihe ist allerdings seitens des Emittenten mit einem jederzeitigen Kündigungsrecht (Make-whole-Option) ausgestattet und zielt wegen der Mindeststückelung von nominal 100.000 EUR insbesondere auf institutionelle Anleger ab.

Ebenso aktiv zeigte sich das australische Metall- und Bergbauunternehmen BHP Billiton durch die Aufnahme von Hybrid Anleihen im Gegenwert von ca. 6,4 Mrd. USD in verschiedenen Währungen (2x USD, 1x GBP und 2x EUR).

151021_OperationalReviewDie erste Euro Hybrid Anleihe (A1Z85Z) wurde im Volumen von 1,25 Mrd. EUR emittiert und ist am 22.04.2076 fällig. Der jährliche Kupon in Höhe von 4,75% ist bis zum 22.04.2021 fix. Im Anschluss daran erhält der Anleger in verschiedenen Zeitabschnitten, eine am dann gültigen 5-Jahres-Swapsatz ausgerichtete Verzinsung (+4,363% bis 22.04.2026, +4,613% bis 22.04.2041 und anschließend +5,113%). Der Emittent hat sich ein jährliches Sonderkündigungsrecht zu pari – erstmals zum 22.04.2021 – festschreiben lassen. Die Anleihe wurde mit +436,3 bps über Mid Swap gepreist, was einen Ausgabepreis von 100% ergab.

Die zweite Euro Anleihe (A1Z850) wurde im Volumen von 750 Mio. EUR mit einer Laufzeit bis zum 22.10.2079 begeben. Der Anleger erhält einen fixen Kupon von 5,625% bis zum 22.10.2024. Im Anschluss errechnet sich der Zinssatz auf Basis des 5-Jahres-Swapsatzes (+4,8% bis 22.10.2029, +5,05% bis 22.10.2044 und anschließend +5,55%). Auch bei dieser Anleihe hat sich der Emittent erstmals zum 22.10.2024 ein jährliches Kündigungsrecht zu pari genehmigen lassen. Das Papier wurde mit 100% gepreist, was einem Emissionsspread von +480 bps über Mid Swap entsprach.

Die kleinste Stückelung in Höhe von 100.000 EUR lässt auch in diesem Fall institutionelle Anleger als Zielgruppe erwarten.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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