Der weite Anwendungsbereich der Marktmissbrauchsverordnung für Anleiheemittenten im Freiverkehr

Für die BaFin sind  folglich insgesamt drei Arten der Zustimmung von MTF-Emittenten denkbar:

  1. Direkte Antragstellung auf Zulassung/Einbeziehung;
  2. Beauftragung eines Dritten einen solchen Antrag zu stellen;
  3. Genehmigung der Zulassung/Einbeziehung durch den Emittenten, wobei eine solche Genehmigung mehr beinhalten muss, als ein bloßes Zurkenntnisnehmen. Vielmehr muss der Emittent wissentlich und willentlich dem Handel zugestimmt haben.

Neben den antragsstellenden Anleiheemittenten in den Qualitätssegmenten (Punkt a oben)  sind also alle Primärlistings mit Anleiheplatzierung erfasst, da ein erstmaliger Handel mit gleichzeitiger Kapitalaufnahme ohne eine aktive Mitwirkung des Emittenten ausgeschlossen werden kann. Hier kann die Beauftragung eines Dritten (Punkt b oben) regelmäßig unterstellt werden. Eine Genehmigung liegt auch dann vor, wenn von einem Prädikatssegment in den normalen Freiverkehr gewechselt wird. In anderen Fällen, z.B. Sekundärlistings von Emittenten aus Drittstaaten, gilt es zu unterscheiden, ob der Emittent die Notierung aktiv unterstützt und somit genehmigt hat (Punkt c) oben). Eine Genehmigung kann z.B. aufgrund der Darstellung auf der Homepage (Investor Relations Rubrik) angenommen werden. Umgekehrt dürften „passive“ Emittenten (ohne jegliche Mitwirkung und Unterstützung der Notierung) nicht Adressat der Pflichten bezüglich Adhoc-Publizität, Insiderlisten bzw. Managers‘ Transactions sein.

griechische Schuldenkrise Griechenland

Wie sind diese MTF-Emittenten zukünftig zu erkennen? Gemäß Artikel 4 MAR sind die Handelsplätze, also die Börsen, verpflichtet, umfassende Listen mit Referenzdaten zu den dort jeweils gehandelten Finanzinstrumenten zu erstellen (sog. Referenzdatenmitteilung). In den entsprechenden Feldern der Referenzdatenmitteilung ist anzugeben, ob eine „Emittentenzustimmung“ gemäß der veröffentlichten BaFin Auslegung, für die Notierungsaufnahme in den MTF vorliegt.

Allerdings ist unklar, ab wann diese Liste europaweit veröffentlicht wird. Darüber hinaus hat die BaFin kürzlich ein Tabellenformat veröffentlicht (MTF Emittenten Zustimmung Excel-Tabelle), das sich an die Börsen richtet und worin diese aufgefordert werden, die MTF-Emittenten einzutragen. Ob diese Liste von der BaFin letztendlich veröffentlicht werden wird, ist ebenfalls noch unklar. Eine Aufnahme in diese Listen wird jedoch keinen konstitutiven Charakter haben. Das bedeutet, dass sich kein Emittent sicher sein kann, im Falle einer Nichtaufnahme in die Referenzdatenmitteilung bzw. die freiwillige „MTF-Emittenten Zustimmung Tabelle“ dem MAR Sanktions-Regime zu entgehen.

Businessmen falling downEinige Emittenten beschäftigen sich daher mit einem kompletten Delisting bzw. „Downlisting“. Mit Downlisting ist die Aufnahme in den bislang größtenteils nicht regulierten Telefonhandel gemeint. Hierbei ist jedoch erhöhte Vorsicht geboten. Zum einen dürfte der Telefonhandel mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) ab 1. Januar 2018 als OTF eingestuft werden, mit der Folge, dass die sich aus der MAR ergebenden Pflichten dann dort auch gelten. Zum anderen könnte BaFin diese Angebote im Telefonhandel in Einzelfällen als „öffentliche Angebote“ auslegen, mit den entsprechenden negativen Konsequenzen.

Michels-und-Hoffmann2

Autoren Michels und Hoffmann, Dentons

Frankfurt, Juli 2016