CFTC-Klage gegen Binance und Gründer Zhao: Wo ist da eigentlich die Rechtssicherheit?

Die US-Aufsichtsbehörde für den Derivatemarkt CFTC hat die Krypto-Börse Binance inklusive ihres Gründers Changpeng Zhao verklagt. Zumindest in Europa gibt es derzeit schon mehr Rechtssicherheit und unternehmerische Möglichkeiten. Von Hagen Weiss*

Durch die Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes bei Gericht hat die Behörde damit für einen regelrechten Paukenschlag gesorgt – gerade auch durch teils gewichtige Anschuldigungen, die von der Nichtbeachtung von Kapitalmarktstatuten bis hin zu Verletzungen von Geldwäschevorschriften und Terrorismusfinanzierung reichen.

Schwer wiegen die Behauptungen, dass Binance und Angestellte der Börse absichtlich die Nichtbeachtung von Börsenvorschriften zur Ausnutzung von Regulierungsarbitrage genutzt hätten.

Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich hierzu Folgendes festhalten: Auch wenn das Einreichen einer Klageschrift ein gewichtiger Schritt ist, ist eine Entscheidung damit gleichwohl noch lange nicht gefallen. Neben der Tatsache, dass die Aufsicht etwaiges Fehlverhalten gerade beweisen muss, bewegt sich das Verfahren in einem in den USA noch sehr diffusen Regulierungsumfeld.

Gleichzeitig kann ein Trend hin zu einer Politisierung des Krypto-Ökosystems in den USA beobachtet werden. Spätestens seit dem Zusammenbruch der Krypto-Börse FTX (einem der damals größten Wettbewerber von Binance) im November letzten Jahres und den damit zusammenhängenden rechtlichen und wirtschaftlichen Schockwellen formiert sich dort ein der Blockchain fast schon feindlich gesinntes Umfeld.

Striktes Vorgehen der US-Behörden gegenüber dem Krypto-Markt allgemein, nicht nur Binance

Das Vorgehen der amerikanischen Aufsicht reiht sich dabei in eine ganze Reihe weiterer Behördenentscheidungen ein, die massive Härte gegenüber dem Krypto-Sektor zeigen. So war zuletzt auch die Krypo-Börse Coinbase mit ihrem Versuch gescheitert, durch Kommunikation mit den Behörden eine marktgerechte und den Besonderheiten von auf Blockchain basierenden Finanztiteln Rechnung tragende Regulierung zu erreichen.

Foto: © Lucia – stock.adobe.com

Statt eines proaktiven Austausches wandte sich die Securities and Exchange Commission SEC nach Gesprächen mit Coinbase jedoch mit einer Aufforderung an die Börse, zu einer Reihe von Vorwürfen – darunter dem angeblichen unerlaubten Anbieten von Finanzinstrumenten – Stellung zu nehmen. Auch läuft mittlerweile eine Vielzahl an Klagen in den USA, in denen die Aufsichtsbehörden eine regulatorische Verantwortlichkeit stetig weiter ausdehnen – im Extremfall bis hin zum eigentlichen Programmieren von Blockchain-Werten oder dem reinen Halten dieser Kryprowerte.

In dieses strenge Regime reihen sich auch andere Auffälligkeiten der Situation für Blockchain-Unternehmen ein, nämlich eine sich stetig verschlechternde regulatorisch-politische Situation. Zwar gibt es einzelne Bundesstaaten, die einen spezifischen Rahmen für Blockchain-Unternehmen und Kryptowerte erlassen haben. Hierzu zählt etwa Wyoming, das speziell einen Rechtsrahmen für sog. DAOs (Decentralized Autonomous Organisations) hat, also auf Blockchain basierende Unternehmen, die keine klassische Corporate-Struktur aufweisen.

Sollten sich diese Unternehmen jedoch über die Grenzen ihres ursprünglichen, kryptofreundlichen Bundesstaates hinausbewegen, finden die Möglichkeiten für legales Anbieten der Dienstleistungen oftmals ein schnelles Ende – wie zuletzt im Fall der Custodia Bank, die zwar eine spezielle Krypto-Banking-Lizenz in Wyoming besitzt, durch das Federal Reserve Board allerdings nicht in das konventionelle Bankensystem aufgenommen wurde.

Diese problematische Haltung der Verwaltung und Regierung verwundert in den sonst so innovationsoffenen USA. Gleichzeitig zeigt sich, dass auch ein Unterwerfen von Krypto-Unternehmen unter das konventionelle Aufsichtsregime keineswegs der Königsweg sein kann. So verlor der US-Stablecoin-Anbieter Circle zumindest kurzfristig seine Preisbindung an den US-Dollar, nachdem mit der Silicon Valley Bank eine zwar innovative, aber konventionell regulierte Bank in schwieriges finanzielles Fahrwasser geraten war und die Circle-Einlagen mit sich nahm.

Andere Situation und Voraussetzungen in Europa

Ein angenehmeres Klima herrscht derweil im europäischen Bereich und derartige Situationen sieht man in der Bundesrepublik nicht. Auch wenn bisweilen gerade von Startup-Unternehmen der Krypto-Branche – oft zu Recht – ein offenerer und schnellerer Austausch mit der deutschen Aufsicht gefordert wird, steht ein kohärenter Rechtsrahmen zur Verfügung, der eine freiere Entfaltung des hiesigen Blockchain-Marktes erlaubt.

Es besteht zum einen die Möglichkeit Krypto-Wertpapiere auf dem Primärmarkt völlig compliant auf Grundlage des elektronischen Wertpapiergesetzes eWpG auszugeben, das in naher Zukunft neben Schuldverschreibungen auch Aktien auf Blockchain-Basis möglich machen wird.

Zum anderen ist es seit März dieses Jahres möglich, im Rahmen des sog. DLT Pilot Regimes über Blockchain-Marktinfrastrukturen den Sekundärmarkthandel von Krypto-Finanzinstrumenten abzubilden. Und sofern die Blockchain-Instrumente keiner MiFID-Finanzinstrumentendefinition unterfallen sollten, wird auf der europäischen Ebene zeitnah die MiCA-Verordnung (Markets in Crypto Assets) gelten: Als direkt anwendbares Recht statuiert sie einen weitreichenden Rahmen für Krypto-Titel, von deren erstmaliger Begebung über die Lizenzpflichtigkeit von Krypto-Dienstleistern bis hin zum Verbot der Marktmanipulation. Gleichzeitig wurde davon Abstand genommen, auch noch jede kleinste Besonderheit des Krypto-Ökosystems zu regulieren.

Dieser Rahmen wird dabei auch abgerundet durch politisch wichtige Weichenstellungen, wenn sich das Bundesministerium der Finanzen etwa zum Ziel der Schaffung des wettbewerbsfähigsten Krypto-Asset-Marktes in Deutschland bekennt.

Interessant ist auch: Nachdem die Kurse von Kryptowerten nach Bekanntwerden der Klage kurzzeitig negativ reagierten, zeigen diese sich mittlerweile wieder robust und sind damit ein Indiz für ein resilienter werdendes Ökosystem.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Blockchain-Unternehmen sind gut beraten, sich ihren Standort und den ihrer Kunden gut zu überlegen, die Klage gegen Binance ist dafür ein anschauliches Beispiel, dessen konkreter Ausgang abzuwarten bleibt. Grundsätzlich jedoch bietet sich für Blockchain-Unternehmen – zumindest in Europa – ein sich weiter verfestigender, solider Rahmen aus Rechtssicherheit und unternehmerischen Möglichkeiten.

*) Hagen Weiss ist Counsel im Frankfurter Büro der globalen Wirtschaftskanzlei Dentons. Er konzentriert sich auf den Bereich der digitalen Finanzierung – insbesondere DLT – und Blockchain-Thematiken MiFID-regulierter Unternehmen sowie Fragestellungen zu elektronischen Wertpapieren nach dem eWpG, der EU-Verordnung zu Krypto-Assets (MiCA) und des EU-DLT Pilot Regimes. Er war in seiner vorherigen Funktion bei der BaFin und dem Bundesministerium der Finanzen maßgeblich an der Erstellung des DLT-Rechtsrahmens auf nationaler und europäischer Ebene beteiligt.

——————————

Schon unsere Jahresausgabe ‚Anleihen 2022‘ (11. Jg., Erscheinungstermin Dez 2022) gesehen?

Die Ausgabe 3/2022 Biotechnologie 2022 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Unsere
BondGuide Jahresausgabe ,Green & Sustainable Finance 2022‘ ist im April erschienen und als kostenloses e-Magazin bequem heruntergeladen, gespeichert & durchgeblättert oder weitergeleitet werden!

Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter@bondguide !