Steuerliche Absetzbarkeit von Verlusten bei Ausfall einer Anleihe?

Dr. Lutz Pospiech (li) und Fabian Göken, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, und Fabian Göken, Associate, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Anleihegläubiger, die den Ausfall einer erworbenen Anleihe zu beklagen haben, müssen die Vorgaben der Finanzverwaltung beachten, damit die erlittenen Verluste steuerlich ggf. berücksichtigt werden können.

I. Verlustberücksichtigung bei Veräußerung
Bei einer Veräußerung der Anleiheforderungen erkennen die Finanzämter grundsätzlich die erlittenen Verluste an. Fraglich ist nur, ob der Veräußerungspreis zwingend die Transaktionskosten übersteigen muss.

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes stellte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 12.06.2018 (VIII R 32/16) klar, dass die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus der Veräußerung von Aktien (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG) weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallen den Veräußerungskosten abhängig ist. In dem zugrunde liegenden Fall hat der Kläger ursprünglich Aktien zum Preis von 5.759,58 EUR erworben und diese später für insgesamt EUR 14 an eine Sparkasse veräußert, die wiederum Trans aktionskosten in Höhe des Kaufpreises berechnete.

Aufgrund dieses Urteils wurde Rz. 59 des BMF-Schreibens vom 18.01.2016, das Einzelfragen zur Abgeltungssteuer verbindlich für sämtliche Finanzämter regelt, durch ein ergänzendes Schreiben vom 10.05.2019 neu gefasst. Demnach ist eine Veräußerung nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig.

Adobe

Foto: © photo 5000 – stock.adobe.com

Noch ungeklärt ist indes, ob die Finanzverwaltung künftig auch Verluste aus der Veräußerung von Anleihen unabhängig von der Höhe der Gegenleistung steuerlich anerkannt. Einerseits wurde das generelle Erfordernis, dass der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten übersteigen muss, gestrichen. Anderseits wurde nur die Behandlung von Verlusten bei der Veräußerung von Aktien explizit geregelt. Die künftige Behandlung durch die Finanzverwaltung bleibt daher abzuwarten.

II. Forderungsausfall ohne Veräußerung
Der bloße Forderungsausfall ohne Übertragung der Forderung auf einen Dritten ist nach Ansicht der Finanzverwaltung keine Veräußerung. Die Anschaffungskosten der Forderung seien insoweit einkommensteuerrechtlich ohne Bedeutung.

Entgegen dieser Rechtsansicht hat der BFH mit Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15) entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führe. Wirtschaftlich betrachtet mache es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert, oder ob er sie – weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft – behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden müsse. Der BFH wies allerdings darauf hin, dass der Verlust steuerlich erst dann geltend gemacht werden könne, wenn er endgültig feststeht. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens reiche hierfür grundsätzlich nicht aus. Etwas anderes gelte nur, wenn etwa die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist.

Das BMF hat dieses BFH-Urteil bisher nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Aus diesem Grunde sind die Finanzämter nicht verpflichtet, das Urteil bei der Bearbeitung gleichgelagerter Fälle zu beachten. In der Praxis können die Finanzämter daher derzeit im Falle der Insolvenz eines Anleiheemittenten Forderungsausfälle ohne Übertragungsakt steuerlich weiterhin nicht als Verlust anerkennen.

Fazit
Bei Ausfall einer Anleihe ist aus steuerlicher Sicht die Veräußerung der Anleiheforderung an einen Dritten zu empfehlen, um den Verlust absetzen zu können. Sicherheitshalber ist dabei zu beachten, dass der Veräußerungspreis die Transaktionskosten übersteigt. Anleihegläubigern, die keine Möglichkeit haben, ihre Forderung auf Dritte zu übertragen, bleibt der Weg, den durch den Ausfall einer Anleihe erlittenen Verlust in der Steuererklärung geltend zu machen – und ggf. die steuerliche Anerkennung des Verlustes vor den Finanzgerichten einzuklagen.

Das neue jährliche BondGuide Nachschlagewerk ‘Anleihen 2019′ kann als kostenloses e-Magazin bzw. pdf bequem heruntergeladen, gespeichert & durchgeblättert werden.

! Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter @bondguide !