Prospektinhalte bei Wandelanleihen

Von DR. MIRKO SICKINGER, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, KÖLN

Bei der Emission einer Wandelanleihe galten in Europa bisher unterschiedliche Vorgaben für den Prospektinhalt. Grundsätzlich sind die Prospektinhalte durch die EU-Prospektverordnung europaweit einheitlich geregelt. Die Prospektverordnung sieht allerdings unterschiedliche Anforderungen in Abhängigkeit von der Art der ausgegebenen Wertpapiere vor.

Die unterschiedlichen Anforderungen sind in Anhängen zur Prospektverordnung geregelt. Eine eindeutige Regelung, welche Anhänge bei Wandelanleihen gelten, gab es nicht. Daher entwickelte sich in der EU keine einheitliche Praxis für die Prospektierung von Wandelanleihen. Teilweise wurde eine größere Nähe zur Aktie, teilweise eine größere Nähe zur Anleihe gesehen.

Seit dem 28.08.2013 findet nunmehr die sogenannte Dritte Delegierte Verordnung (Nr. 759/2013) der EU Anwendung, die zu einer europaweit einheitlichen Rechtsanwendung im Bereich der Prospektierung von Wandelanleihen und somit zu einer weiteren Harmonisierung des Prospektrechts beitragen soll. Die Regelungen wurden in den Text der Prospektverordnung konsolidiert und haben zu einer Konkretisierung der Anforderungen an Wandelanleihen geführt. Danach wer-den auch in Zukunft teils die für Schuldtitel geltenden Anhänge und teils die für Aktien geltenden Anhänge der Prospektverordnung heran gezogen. Die Kombination soll aber nach Differenzierungsmerkmalen erfolgen, die in Anhang XVIII ausgewiesen sind:

Sofern die zugrunde liegenden Aktien an einem regulierten Markt zugelassen sind, richtet sich der Prospektinhalt für Wandelanleihen nach den Regeln für Anleiheprospekte. Es gelten also nicht die inhaltlich weitergehenden Anforderungen, insbesondere zur Darstellung des Geschäfts des Emittenten, die für Aktienprospekte gelten. Diese Erleichterungen beruhen auf der Erwägung, dass für Emittenten auf einem regulierten Markt bereits umfassende Regel- und Ad-hoc-Publizitätspflichten gelten.

Erfolgte hingegen keine Zulassung der zugrunde liegenden Aktien an einem regulierten Markt, muss nach dem Verhältnis des Emittenten der Wandelanleihen zum Emittenten der zugrunde liegenden Aktien differenziert werden:

Wurden die zugrunde liegenden Aktien vom Emittenten der Wandelanleihen oder einem Unternehmen derselben Gruppe emittiert, müssen den Anlegern nähere Informationen über das Geschäftskapital, die Kapitalbildung und die Verschuldung des Emittenten der Aktien bereitgestellt werden. Zudem sind gemäß Artikel 17 i.V.m. Anhang 14 Punkt 2 der Prospektverordnung über den Emittenten der Aktien alle Angaben auf-zunehmen, die im Anhang 1 der Prospektverordnung für Aktien gefordert werden: Diese Informationen entsprechen denjenigen bei einer Direktinvestition in Aktien.

Wurden die zugrunde liegenden Aktien jedoch von einem Dritten emittiert, sind nur die Schemata für Schuldtitel einschlägig. Nur bei der Wertpapierbeschreibung sind auch Angaben zu der Ausstattung der Aktien in den Prospekt aufzunehmen.

Fazit
Es mag zunächst irritieren, dass die Prospektanforderungen gesenkt werden, wenn die den Wandelanleihen zugrundeliegenden Aktien von Dritten stammen, so dass derartige Wandelanleihen im Umfang der Prospektierung Wandelanleihen gleichgesetzt werden, bei denen die zugrunde liegenden Aktien an einem regulierten Markt zugelassen sind. Als Argument wird in der Literatur teilweise angeführt, dass der Anleger Angaben über die dritteGesellschaft, die ihrerseits nicht prospektverantwortlich ist, ohne-hin nur sehr eingeschränkt vertrauen dürfe. Wesentlicher Grund für diese Regelung dürfte aber ein rein praktisches Argument sein: Der Drittemittent von Wandelanleihen dürfte regelmäßig gar nicht Zugang zu detaillierteren Informationen über das andere Unter-nehmen haben, das die zugrunde liegenden Aktien emittiert hat.