Law Corner: SPEED IS KEY – ein Plädoyer für die mögliche Verkürzung der Umsetzung der Anleiherestrukturierung nach dem SchVG

Becker (li.), Pospiech

Der Law Corner Beitrag von Dr. Christian Becker, Partner, und Lutz Pospiech, Rechtsanwalt, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

Die Restrukturierung einer Anleihe ist ein rechtlich komplexer und vor allem zeitintensiver Prozess. Entscheidend für das liquiditätsmäßige Durchstehen und den Erfolg einer Anleiherestrukturierung ist regelmäßig der Faktor Zeit. Allerdings lassen sich derzeit bei Umsetzung eines Restrukturierungskonzepts auf der Grundlage des SchVG Zeitverluste durch die im SchVG geregelten Verfahrensvorschriften nicht vermeiden. Nachfolgend stellen wir einige Reformüberlegungen an.

Eine Gläubigerversammlung sollte ausreichend sein
Eine erste Gläubigerversammlung ist nur dann beschlussfähig, wenn 50% der Anleihegläubiger teilnehmen. Dieses Beschlussfähigkeitsquorum wird in der Praxis in den allermeisten Fällen verfehlt. Der Emittent, der für die beschlussunfähige erste Versammlung erhebliche Kosten zu tragen hat, kann dann eine zweite Gläubigerversammlung zur erneuten Beschlussfassung einberufen. Diese zweite Versammlung ist grundsätzlich beschlussfähig. Für wesentliche Beschlüsse, die einer qualifizierten Mehrheit von 75% bedürfen, gilt allerdings ein Beschlussfähigkeitsquorum von 25%. Dieses wird in den zweiten Versammlungen in der Regel erreicht.

Da für die zweite Versammlung die gleichen Verfahrensregeln wie für eine erste gelten, muss jedoch erneut die vollständige Einberufungsfrist abgewartet werden. In der Krise kann ein Emittent dadurch wertvolle Zeit verlieren. Zu den konkreten Beschlussgegenständen entwickelt sich oft erst in der zweiten Versammlung eine intensive Diskussion. Daher erweist sich die Durchführung der beschlussunfähigen ersten Versammlung vielfach als reiner „Durchlauftermin“, der eigentlich überflüssig ist und die Restrukturierung einer Anleihe erheblich hemmt.

Vor diesem Hintergrund sollte das SchVG künftig nur noch eine erforderliche Gläubigerversammlung vorsehen. Diese sollte in Übereinstimmung mit den derzeit geltenden Regelungen zu einer zweiten Versammlung beschließen können: Für wesentliche Beschlüsse müssten 25% der Anleihegläubiger teilnehmen. Alle sonstigen Beschlüsse könnten ohne Einhaltung eines Quorums gefasst werden.

Verkürzung der Anfechtungsfrist
Im Interesse einer zügigen Umsetzung eines Restrukturierungskonzepts sollte ferner eine Verkürzung der Anfechtungsfrist (§ 20 III 1 SchVG) und daraus resultierend der Vollzugsfrist (§ 21 I 1 SchVG) erwogen werden. Da den Anleihegläubigern im Insolvenzfall der Totalverlust ihrer Anlage droht, halten wir auch unter Anlegerschutzgesichtspunkten eine Verkürzung der einmonatigen Anfechtungsfrist auf 14 Tage für vertretbar und wünschenswert.

Straffung des Freigabeverfahrens
Der mögliche Missbrauch der Anfechtungsklage hat auch das Anleiherecht erreicht (u.a. gescheiterte Sanierungsbemühungen in Sachen Pfleiderer und Q-Cells und versuchte Blockade des Vollzugs der Beschlüsse der SolarWorld-Anleihegläubigerversammlungen). Bei der Umsetzung eines Restrukturierungskonzepts ließe sich weitere wertvolle Zeit gewinnen, wenn die Frist für eine Entscheidung in Freigabeverfahren von 3 auf 2 Monate verkürzt würde.

Fazit
Die Umsetzung einer Anleiherestrukturierung nach den Regeln des SchVG ließe sich deutlich beschleunigen, wenn nur noch eine Gläubigerversammlung stattfinden müsste. In dieser sollte für wesentliche Beschlussgegenstände das Beschlussfähigkeitsquorum von 25% gelten; alle sonstigen Beschlüsse sollten die Anleihegläubiger ohne Quorum fassen können. Zudem sollte die Anfechtungsfrist für Beschlüsse von einem Monat auf zwei Wochen und die Entscheidungsfrist in Freigabeverfahren von 3 auf 2 Monate verkürzt werden.