Law Corner: Prospektfreiheit für Bezugsrechtsemissionen von bis zu 8 oder gar 16 Mio. EUR?

Dr. Th. Kuthe (li) und Dr. G. Lingen, RAs, Heuking

Der Law Corner Beitrag von Dr. Thorsten Kuthe und Dr. Gero Lingen, Rechtsanwälte, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln.

Das Bundesfinanzministerium hat im November einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem das gerade erst neu gefasste Wertpapierprospektgesetz schon wieder geändert werden soll. Der Gesetzgeber unternimmt damit einen zweiten Anlauf, um die Prospektfreiheit für Wertpapieremissionen weiter auszubauen.

Änderung aus dem Jahr 2018
Die ProspektVO eröffnet den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, öffentliche Angebote von Wertpapieren von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospektes auszunehmen, sofern diese Angebote u.a. einen Gesamtgegenwert über einen Zeitraum von 12 Monaten von 8 Mio. EUR nicht übersteigen. Der deutsche Gesetzgeber hat dies Mitte 2018 umgesetzt und dabei ein kaum noch nachvollziehbares Dickicht an Varianten geschaffen. Die in der Praxis wesentlichen Punkte lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen:

Aktien und Anleihen jeglicher Art können – unabhängig davon ob und wo sie börsennotiert werden – bis zu einem Emissionsvolumen von 1 Mio. EUR innerhalb von zwölf Monaten prospektfrei angeboten werden, wenn dafür ein Wertpapierinformationsblatt von drei Seiten veröffentlicht wird. Erste praktische Erfahrungen zeigen, dass es hierfür Anwendungsfälle gibt und nach der gemeinsamen Lernkurve mit der BaFin, wie wir sie schon in anderen gesetzlichen Neuerungen kennen gelernt haben, sind Zeit- und Kostenaufwand hierfür überschaubar.

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– Für Angebote von Wertpapieren zu einem Betrag von 1 Mio. bis 8 Mio. EUR gilt das gleiche. Allerdings muss dann die Emission über einen Wertpapierdienstleister, wie etwa eine Wertpapierhandelsbank, laufen und dieser Wertpapierdienstleister muss prüfen, dass von nicht qualifizierten Anlegern bestimmte maximale Anlageschwellen eingehalten werden, die bei max. 10.000 EUR pro Anleger liegen. Schon ab Vorlage des entsprechenden Gesetzesentwurfes war klar, dass damit die Bezugsrechtsemission nach dieser Ausnahmeregelung nicht prospektfrei möglich ist, da damit das Bezugsrecht der Anleger beschnitten wird. In der Praxis ist diese Ausnahme daher nur auf Anleihen ohne Wandlungsrecht anwendbar, die öffentlich angeboten werden.

– Für Aktien von Emittenten im regulierten Markt gab es dann noch eine zusätzliche Variante daneben. Diese können nämlich weitere bis zu 5 Mio. EUR innerhalb von zwölf Monaten prospektfrei anbieten. Gestrichen hat der Gesetzgeber aber Mitte des Jahres, dass diese Aktien dann auch direkt prospektfrei zugelassen werden können. Das kann man nur noch nach anderen Ausnahmen versuchen, was in der Praxis erhebliche Auswirkungen haben kann. Manchmal hilft dabei eine gestufte Zulassung in mehreren Schritten.

2019 der nächste Streich?
Dieses seit Juli geltende Konzept modifiziert der Gesetzgeber jetzt erneut. Zum einen wird die Ausnahme für Emissionen im regulierten Markt von 5 Mio. auf 8 Mio. EUR angehoben.

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Daneben wird die Pflicht, ein Angebot zwischen 1 Mio. und 8 Mio. EUR nur über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen durchzuführen unter Wahrung von maximalen Anlagegrenzen für Bezugsrechtsemissionen gestrichen. Das ist für die Praxis der börsennotierten Unternehmen eine ganz erhebliche Ausweitung der Möglichkeit, prospektfreie Angebote durchzuführen.

Für Unternehmen im Freiverkehr bedeutet das, Bezugsrechtskapitalerhöhungen können einmal in 12 Monaten bis zu 8 Mio. EUR prospektfrei durchgeführt werden. Im regulierten Markt wären nach der bisherigen Praxis sogar zwei solcher Emissionen, also in Summe 16 Mio. EUR Emissionserlös, prospektfrei möglich innerhalb von 12 Monaten (wobei ein Risiko besteht, dass die BaFin diese Praxis zukünftig ändert). Daneben steht dann noch der sogenannte 10%-er – da kommen dann u.U. ganz erhebliche Beträge prospektfrei zusammen, die das Volumen manches IPOs überschreiten können.

Sollte der Gesetzgeber hier wirklich den Kapitalmarkt fördern durch praxisrelevante Erleichterungen? Es wäre zu begrüßen. Ob es tatsächlich so kommt, wird sich zeigen, denn auch die Gesetzesänderung, die dieses Jahr in Kraft getreten ist, wurde auf den letzten Metern zum Nachteil der Emittenten noch verschlechtert. Drücken wir die Daumen.

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