Law Corner: Endlich: Die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen ist zurück

Dr. Josepha Rüberg, GÖRG
Dr. Josepha Rüberg, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Josepha Rüberg, Associate, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Nachdem die EU-Kommission im vergangenen Sommer nach über einjähriger Prüfung die Vereinbarkeit der Neureglungen zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen mit dem europäischen Beihilferecht bestätigt hat, konnten diese – nach erneutem Tätigwerden des Gesetzgebers – endlich in Kraft treten.

Ausgangslage
Verzichten Gläubiger zum Zweck der Sanierung eines Unternehmens in der Krise ganz oder teilweise auf ihre Forderungen, sind diese Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz des Schuldners ertragswirksam auszubuchen. Der dadurch entstehende Ertrag (Sanierungsgewinn) unterliegt grundsätzlich der Besteuerung. Nachdem die alte Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen (§ 3 Nr. 66 EStG a.F.) im Jahr 1998 abgeschafft wurde, eine auf den Sanierungsgewinn entfallende Steuerbelastung aber die Sanierungsbemühungen konterkariert hätte, hatte die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 27.3.2003 im sog. Sanierungserlass die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wieder eingeführt.

Diese Verwaltungspraxis hat der BFH im Jahr 2016 aber wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als unzulässig verworfen. Hierauf reagierte der Gesetzgeber zügig und schuf in den §§ 3a, 3c IV EStG die neue gesetzliche Grundlage für die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen.

Inkrafttreten der Neuregelungen
Aus Gründen der Rechtssicherheit stellte der deutsche Gesetzgeber das Inkrafttreten der Neuregelungen jedoch unter den Vorbehalt der formalen Zustimmung der EU-Kommission. Diese bestätigte schließlich im Juli 2018 – zwar nicht wie erforderlich durch Beschluss, sondern im Wege eines informellen Comfort Letters – die beihilferechtliche Unbedenklichkeit. In der Folge konnten die Steuerbefreiungstatbestände daher nicht automatisch in Kraft treten. Der Gesetzgeber musste erneut tätig werden, um die Neuregelungen im Dezember 2018 in Kraft zu setzen.

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Die Neuregelung des § 3a EStG
§ 3a I 1 EStG stellt Betriebsvermögensmehrungen oder -einnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung (Sanierungsertrag) steuerfrei. Voraussetzungen für das Vorliegen einer begünstigten Sanierung sind gemäß § 3a II EStG der Nachweis (i) der Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, (ii) der Sanierungseignung des Schuldenerlasses sowie (iii) der Sanierungsabsicht der Gläubiger. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der Sanierungsertrag kraft Gesetzes ohne Antrag des Steuerpflichtigen steuerfrei. Gem. § 7b GewStG n.F. gilt die Steuerfreiheit nunmehr auch für die Gewerbesteuer.

Die Steuerbefreiung des § 3a EStG findet gem. § 57 IVa EStG rückwirkend auf Fälle Anwendung, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 erlassen wurden.

Steuerfreiheit als ultima ratio
Die Steuerbefreiung ist auf das erforderliche Maß zu begrenzen. Sie kann nur gewährt werden, wenn der Unternehmer im Sanierungsjahr und im Folgejahr bestehende steuerliche Wahlrechte (z.B. Teilwertabschreibungen auf den niedrigeren Teilwert) gem. § 3a I 2 EStG steuermindernd ausübt (Hebung stiller Lasten). Dadurch soll ein größtmögliches Verlustausgleichsvolumen erreicht werden, mit dem der Sanierungsertrag zu verrechnen ist. Die Steuerfreiheit ist somit die ultima ratio: Bevor der Steuerpflichtige diese erlangen kann, sind alle Steuerminderungspotenziale zu verbrauchen.

Fazit
Durch die nun geltenden klaren und sanierungsfreundlichen Regelungen zum Umgang mit Sanierungsgewinnen besteht endlich Rechtssicherheit. Hierdurch hat sich die Ausgangslage für das Gelingen einer Sanierung notleidender Unternehmen erheblich verbessert – ein für die Sanierungspraxis wichtiger Schritt zur Steigerung der Effizienz frühzeitiger, die Insolvenz vermeidender Restrukturierungen. Dies gilt insbesondere auch für Sanierungsmaßnahmen zur Restrukturierung von Anleihen (z.B. einen Debt-Equity-Swap, Hair-Cut oder Zinsverzicht).

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