Law Corner: Die Anleihegläubigerversammlung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Dr. Klaus Felke, Rechtsanwalt/Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Köln
Dr. Klaus Felke, RE/Partner, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Klaus Felke, Rechtsanwalt/Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Köln

In letzter Zeit mussten gerade im Bereich der Mittelstandsanleihen einige Emittenten einen Insolvenzantrag stellen. Wenn über das Vermögen des Emittenten das Insolvenzverfahren eröffnet wird, stellt sich die Frage, wie die Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren effizient und bestmöglich gewahrt und geltend gemacht werden.

Dies betrifft zunächst die Geltendmachung der Insolvenzforderungen der Anleihegläubiger (z.B. die Forderungsanmeldung). Darüber hinaus ist es im Insolvenzverfahren häufig erforderlich, dass Anleihegläubiger an bestimmten Entscheidungen mitwirken, z.B. über die Verwertung von Sicherheiten oder die Zustimmung zu einem Insolvenzplan. Es ist daher häufig sinnvoll, wenn die Rechte der Anleihegläubiger durch einen gemeinsamen Vertreter gebündelt und mit dem notwendigen Nachdruck vertreten werden. Auf diese Weise kann häufig vermieden werden, dass Anleihegläubiger gegenüber anderen Großgläubigern, wie etwa finanzierenden Kreditinstituten, schlechter gestellt werden.

Um eine solche Bestellung eines gemeinsamen Vertreters zu ermöglichen, ist gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten vom Insolvenzgericht eine Anleihegläubigerversammlung einzuberufen, die es der Gesamtheit der Anleihegläubiger ermöglicht, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen. Diese Einberufung unterbleibt nur dann, wenn ein gemeinsamer Vertreter bereits bestellt ist.

Hingegen ist die Anleihegläubigerversammlung selbst nicht verpflichtet, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen: Der Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG stellt klar, dass die Anleihegläubiger einen gemeinsamen Vertreter bestellen „können“. Diese Bestellung mag in vielen Fällen zwar wünschenswert sein, ist aber eben nicht verpflichtend. Es bleibt Anleihegläubigern somit unbenommen, eine Bestellung nicht zu beschließen und ihre Rechte nach Maßgabe der Insolvenzordnung im Insolvenzverfahren eigenständig wahrzunehmen.

Wird ein gemeinsamer Vertreter nach § 19 SchVG bestellt, so ist dieser nach § 19 Abs. 3 SchVG allein berechtigt und verpflichtet, die Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Er verdrängt insoweit den einzelnen Anleihegläubiger von der individuellen Geltendmachung seiner Rechte.

Die Einberufung erfolgt unverzüglich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (nicht schon unverzüglich nach Stellung des Insolvenzantrags). Die Einberufungsfrist beträgt gemäß § 10 Abs. 1 SchVG mindestens 14 Tage, je nach Regelung in den Anleihebedingungen (vor allem bei einem Anmeldeerfordernis) auch länger. Sie wird neben den üblichen Wegen (Bundesanzeiger, Internet) auch unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Wird ein gemeinsamer Vertreter bestellt, so hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Dieser Anspruch richtet sich gegen die Insolvenzmasse, und zwar nach überwiegender und richtiger Ansicht als Masseverbindlichkeit – und ist mithin in voller Höhe aus der Masse zu bedienen.

Für die Beschlussfähigkeit gelten besondere Maßstäbe: Es gibt kein Quorum für die Beschlussfähigkeit, die Anwesenheit eines Anleihegläubigers genügt. Für Beschlüsse genügt grundsätzlich die einfache Mehrheit der bei der Beschlussfassung vertretenen Forderungen.

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