Law Corner: Besicherte Anleihen – (k)ein hoher Schutz vor Zahlungsausfällen?!

Dr. Christian Becker, GÖRG

Von Dr. Christian Becker, Partner, und Lutz Pospiech, Rechtsanwalt, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

Für Anleger gab es in letzter Zeit gerade im Bereich der Mittelstandsanleihen herbe Enttäuschungen und hohe Zahlungsausfälle, teilweise bereits vor der Zahlung des ersten Zinskupons. Um sich im derzeitigen Marktumfeld dennoch Fremdkapital beschaffen zu können, stellen Unternehmen Anlegern bei der Emission einer Anleihe vermehrt Sicherheiten zur Verfügung. Bei diesen sog. covered bonds ist genaues Hinsehen gefragt: Nicht jede Sicherheit hält, was sie verspricht…

Besicherung von Anleihen
Anders als bei unbesicherten Unternehmensanleihen, bei denen der Anleger nur auf die Bonität des Emittenten setzt, kann der Anleger in bestimmten Fällen bei besicherten Anleihen den Erlös aus der Verwertung der entsprechenden Sicherheiten beanspruchen. Angesichts der Vielzahl an Möglichkeiten zur Besicherung einer Anleihe werden die Sicherheitenkonzepte jeweils spezifisch für die betreffenden Anleihen konzipiert. Häufig anzutreffende Formen der Besicherung sind Grundschulden, Hypotheken, Bürgschaften, Patronatserklärungen, aber auch Sicherheiten in Form von beweglichen Sachen, Gesellschaftsbeteiligungen oder Wertpapieren.

Um in der Praxis bei der Sicherheitenverwertung eine gleichmäßige Befriedigung der Vielzahl von wechselnden Gläubigern erreichen zu können, wird häufig ein Sicherheiten-Treuhänder eingesetzt. Der Emittent einer besicherten Anleihe kann oftmals die Höhe des Zinskupons und damit seine Finanzierungskosten im Vergleich zu einer unbesicherten Anleihe reduzieren. Ob durch die Gewährung der Sicherheiten das Anlagerisiko deutlich reduziert wird, ist hingegen in jedem Einzelfall kritisch zu hinterfragen.

Sicherheitenkonzept
Zunächst einmal sollte der Anleger das zugrunde liegende Sicherheitenkonzept gründlich prüfen. Wenn z.B. große Teile des Emissionserlös dazu verwendet werden, Darlehen der Banken und der Gesellschafter komplett zurückzuführen und danach die Verbindlichkeiten gegenüber den Anleihegläubigern mit über 90 % die wesentliche Position auf der Passivseite der Bilanz des Emittenten darstellen, ist eine gewährte Sicherheit im Insolvenzszenario nicht viel wert, da sie wirtschaftlich allenfalls zu einer marginalen „Quotenerhöhung“ führt.

Wenn beispielsweise ein Garantiegeber als einziges Vermögen die Anteile an dem Emittenten hält, ist auch diese Garantie im Insolvenzfall nichts wert.

Werthaltigkeit der Sicherheiten
Im Hinblick auf die Werthaltigkeit einer Sicherheit sollte der Anleger (i) die Relation des ermittelten Wertes der Sicherheit zum Emissionsvolumen der Anleihe und (ii) die voraussichtliche Wertentwicklung der Sicherheit bis zur Endfälligkeit der Anleihe berücksichtigen. Ferner sollte der Anleger den Rang der konkreten Sicherheit beachten und sich vergewissern, ob Lieferanten, Warenkreditgeber, Banken und/oder andere Fremdkapitalgeber vorrangig befriedigt werden. Bei Personalsicherheiten muss man sich zudem unbedingt Klarheit über die Bonität des jeweiligen Sicherheitengebers verschaffen.

Verwertungsmöglichkeiten
Die Verwertung einer Sicherheit wird im Falle der Insolvenz bzw. jedenfalls einer Krise des Emittenten erfolgen. Der Anleger hat also vorausschauend zu überblicken, ob in einer derartigen Situation überhaupt Verwertungsmöglichkeiten für die konkrete Sicherheit bestehen. Zudem sollte der Anleger einplanen, dass es bei der Verwertung der Sicherheit unter Umständen zu Wertabschlägen kommen kann.

Fazit
Im derzeitigen Marktumfeld wird die Bedeutung der Besicherung von Anleihen weiter zunehmen. Um das Ausfallrisiko einer besicherten Anleihe zutreffend bewerten zu können, sollte ein Anleger neben der Bonität des Emittenten insbesondere das Sicherheitenkonzept und seine Werthaltigkeit im Verwertungsfalle genau überprüfen.