Ab wann darf eine Anleihe angekündigt und beworben werden?

Dr. Anne de Boer

Anleihen werden regelmäßig bereits frühzeitig angekündigt.Vereinzelt wird jedoch mit der Werbung abgewartet, bis der für die Emission notwendige Wertpapierprospekt gebilligt vorliegt. Immer wieder entstehen Diskussionen, ab wann und in welchem Umfang Informationen über zukünftig auszugebende Wertpapiere veröffentlicht werden können.

Veröffentlichung der Emission und öffentliches Angebot
Emittenten dürfen Wertpapiere erst mit einem gebilligten Wertpapierprospekt öffentlich anbieten, es sei denn, es bestehen Ausnahmen von der Prospektpflicht¹. Mitteilungen und Bewerbungen von Wertpapieren, die nicht die Qualität eines öffentlichen Angebots haben, sind dagegen bereits vorher zulässig.

Ein öffentliches Angebot ist nach § 2 Nr. 4 WpPG eine Mitteilung an das Publikum …, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden.

Nach der Internetseite der BaFin² liegt ein öffentliches Angebot vor, wenn die Ausstattung durch Kaufgegenstand, Preis bzw. Preisrahmen, Lieferzeitpunkt und Währung ausreichend konkretisiert ist. Soweit es bei Werbemaßnahmen oder anderen Hinweisen und Veröffentlichungen an solchen Angaben fehlt, läge noch kein öffentliches Angebot vor.

Teilweise wird verlangt, dass für ein öffentliches Angebot zudem eine konkrete Möglichkeit zum Erwerb der Wertpapiere besteht. Nach etlichen juristischen Stimmen verlangt die Definition nach § 2 Nr. 4 WpPG dagegen keine konkrete Erwerbsmöglichkeit.

Vorsorglich sollten damit in der Praxis wesentliche Details für eine Investitionsentscheidung, wie z.B. der Zinssatz und/oder Ausgabepreis, bei Mitteilungen vor der Veröffentlichung des gebilligten Prospekts weggelassen oder ausreichend grob angegeben werden. Auch bei den so genannten Vorreservierungen ist damit Vorsicht geboten und der Investitionsentschluss muss ausreichend offen gehalten werden.

Nach § 15 WpPG muss bei jeder Werbung der Hinweis erfolgen, dass ein Prospekt veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo die Anleger diesen erhalten können.

Mitteilungspflicht über eine Folgeanleihe
Häufig besteht sogar eine Pflicht, die geplante Emission frühzeitig allgemein bekannt zu geben. Dies kann sich aus der Quasi-Ad-hoc-Pflicht nach § 15 WpHG oder den Regelungen der jeweiligen Börsensegmente ergeben³.

Angaben in der Werbung und Wertpapierprospekt
Zwischen den Werbeaussagen und den Angaben im Prospekt darf zudem kein Widerspruch bestehen und alle Informationen über das öffentliche Angebot müssen mit den im Prospekt enthaltenen Angaben übereinstimmen.

Einheitliche Informationen an alle Anleger
Nach § 15 Abs. 5 WpPG müssen allen Anlegergruppen dieselben Informationen zur Verfügung gestellt werden. Alle wesentlichen Informationen, die z.B. institutionelle Investoren erhalten, müssen auch im Prospekt enthalten sein.

Fazit
Wertpapiere wie Anleihen können bereits vor der Billigung des Wertpapierprospekts angekündigt und auch beworben werden. Allerdings darf noch kein öffentliches Angebot vor der Veröffentlichung des gebilligten Wertpapierprospekts vorliegen.

 

Dr. Anne de Boer, Partnerin, GSK Stockmann + Kollegen

 

¹ vgl. §§ 3, 4 WpPG.
² http://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Prospekte/ProspekteWertpapiere/Prospektpflicht/prospektpflicht_node.html
³ vgl. § 19 Abs. 1 (c) (aa) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutsche Börse AG für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse