iMaps ETI: „Die deutschen Behörden haben lange hin und her laviert“

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Krypto-Experte Andreas Woelfl* hält Deutschland in dieser Beziehung inzwischen gar für das kryptofreundlichste Land weltweit – das und vieles Weitere ließ sich BondGuide einmal im Detail erläutern.

BondGuide: Herr Woelfl, was macht die iMaps ETI?
Woelfl: ETIs oder Exchange Traded Instruments heißen in Deutschland meist einfach ‚Zertifikate‘. Hierbei gibt es ganz verschiedene Gestaltungen und Basiswerte, z.B. Rohstoffe oder Währungen. Der Unterschied zwischen Instruments und Notes liegt in der Verpfändungsmöglichkeit, d.h. Notes sind nur durch die begebenden Banken garantiert, während unsere Instruments durch einen Treuhänder pfandbesichert sind. Unser Schwerpunkt ist, diese ETIs für Vermögensverwalter aufzulegen. Ich selbst beschäftige mich schon seit mehreren Jahren mit Kryptoprodukten – das halte ich für eine Voraussetzung, wenn man in diesem Business aktiv sein möchte. So viele Emittenten, die ETIs auflegen können und gleichzeitig über Knowhow im Kryptobereich verfügen, gibt es nämlich aktuell nicht wirklich.

BondGuide: Woran hapert es denn?
Woelfl: Es gibt noch kein Fonds-Regularium für Krypto-Assets. Diese können rein rechtlich nicht als Publikumsfonds oder auch ETFs aufgelegt werden. Dies führt dazu, dass Produktinnovationen im Kryptobereich heute fast ausschließlich als Exchange Traded Products oder Zertifikate lanciert werden.

BondGuide: Warum nur für Vermögensverwalter, nicht für Privatpersonen?
Woelfl: Wiederum aufgrund bestehender Regularien. Wenn wir ein Fondsprodukt auf Basis der Ideen eines Privatanlegers auflegen würden, wäre das hart an der Grenze zur Anlageberatung und Abschlussvermittlung. Auf jeden Fall wäre man in einem schwer einschätzbaren Graubereich. Das betrifft aber nur die Auflage der Produkte: Zielgruppe als Investoren sind sehr wohl auch Privatanleger, die diese Produkte über die Börsen handeln können.

„Die Erwartungshaltung für die nahe Zukunft bei neuen Technologien ist fast immer stark übertrieben – langfristig jedoch werden die Auswirkungen unterschätzt.“

BondGuide: Wo gibt es denn inzwischen die beste Regulierung bei all diesen Krypto-Aspekten?
Woelfl: Vor einigen Jahren hätte man da die Schweiz genannt, aber Deutschland hat sie in dieser Beziehung mittlerweile überholt. Deutschland halte ich aktuell für das kryptofreundlichste Land – sogar weltweit. Die Schweiz ist immer noch gut, aber weniger als Deutschland. Die deutschen Behörden haben lange hin- und her laviert, dann aber zum großen Wurf ausgeholt. Man könnte fast sagen, Behörden und Gesetzgeber haben die Kindergartenzeit ausgesessen und traten stattdessen lieber schon mit einem jungen Erwachsenen auf den Plan.

Kursentwicklung Ethereum; Quelle: onvista

BondGuide: Vor vier Jahren, so erinnere ich mich, war ja eigentlich schon der Durchbruch für Kryptoprodukte ‚direkt vor der Haustür‘. Das erinnert mich etwas an den Stand bei Elektroautos… vor zwölf Jahren auf der IAA.
Woelfl: Der Vergleich passt absolut. Die Erwartungshaltung für die nahe Zukunft bei neuen Technologien ist fast immer stark übertrieben – langfristig jedoch werden die Auswirkungen unterschätzt. Denken Sie an die Erfindung des Internets, erneuerbare Energien u.v.a.m.

BondGuide: Und was ist aktuell anders bei Krypto-Assets?
Woelfl: Die Investorenseite fährt nunmehr wirklich hoch. Millennials kommen langsam in Entscheidungspositionen – sie denken und handeln anders. Vorher wurden Kryptoprodukte von wenigen Idealisten ins Leben gerufen, aber die Nachfrage war noch gar nicht da. Aktives Management bei Fonds geriet in den vergangenen Jahren unter starken Druck durch das Aufkommen von passiv gehaltenen ETFs. Eine Basis für Managementgebühren gibt es heute nur noch bei speziellen Themen wie etwa ESG oder eben Krypto. Und gerade unseren heutigen Millennials liegt an beiden Themen. Der Link Energieeinsparung verbindet im Übrigen das Kryptothema mit der heutzutage geforderten ESG-Konformität.

BondGuide: Und was sagt der Experte, welche Kryptowährung sich langfristig durchsetzen wird?
Woelfl: Das hatte ich schon häufiger kommentiert und ich bleibe auch dabei: Das dürfte der Ether von Ethereum sein. Mit Smart Contracts hat der Ether einen echten wirtschaftlichen Nutzen und Mehrwert, während man in puncto Energieeinsparung auch einiges tut. Dieser Mehrwert kann zu neuen Formen von Finanzen bis zu Metabörsen reichen.

Kursentwicklung Bitcoin; Quelle: onvista

BondGuide: Bleibt dem Bitcoin wenigstens sein Status als Privatanleger-Fanartikel?
Woelfl: So hätte ich es nicht bezeichnet, aber im Kern trifft es zu: Der Bitcoin kann von mir aus künftig seine Rolle als Inflationsschutz und Wertspeicher behaupten – wie beispielsweise Gold. Im Übrigen hat das Extrahieren von Gold das gleiche Energieproblem wie der Bitcoin, daher ist der Vergleich keineswegs abwegig.

BondGuide: Gibt es denn im Bereich Finanzen heute noch echte Innovationen?
Woelfl: Ein Spruch besagt, die letzte wirkliche Innovation sei der Geldausgabeautomat gewesen. Es gibt viele Branchen, die man als innovativer bezeichnen muss als unsere Finanzsparte. Tokenisierung wird einiges verändern, aber die Basis sehe ich da eher in der zugrundeliegenden Technologie.

BondGuide: Darf man Innovatives von großen Finanzhaus-Flaggschiffen überhaupt erwarten?
Woelfl: Die Innovationen finden bei Startups statt, die dann gegebenenfalls von den Bankhäusern gekauft werden, falls sie vielversprechend sind. Das ist ähnlich dem Verhältnis zwischen Big Pharma und Biotechnologie-Startups. Die heutigen Dinosaurier sterben nicht aus, müssen aber clever und weitsichtig agieren. Ein Startup entwickelt sich nur äußerst selten selbst noch zu einem großen Konzern.

BondGuide: BondGuide-Leser sind der Definition nach vorrangig an Zinseinnahmen interessiert. Sollten Sie sich auch für ETIs interessieren?
Woelfl: Natürlich, und zwar allein deshalb, da es hier auch zahlreiche Möglichkeiten zur Vereinnahmung von Zinsen oder festen Cashflows gibt. Token und Zinsen sind doch kein Widerspruch, es gab schon einige Beispiele. Technisch regelt man das über sogenannte Leihen oder Leihgeschäfte. Token auf dieser Basis können Zinsen an ihre Anleger ausschütten. Hier schließt sich auch der Kreis zum eingangs Gesagten: Die Strukturierung dieser Produkte ist etwas für Profis, aber das Endprodukt ist für ‚Laien‘ genauso investierbar wie für Vermögensverwalter.

BondGuide: Herr Woelfl, ganz herzlichen Dank für ihre überaus spannenden Einblicke in eine nicht minder spannende Branche!

Interview: Falko Bozicevic

Andreas Woelfl, iMaps ETI

*) Andreas Woelfl ist Gründer und Chairman der iMaps ETI AG, Liechtenstein. Das gesamte vierköpfige Team verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche.

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