Mittelstandsanleihen: Wer traut sich? – ein Kommentar von Ralf Meinerzag, Steubing

Frankfurt am Main

Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstands- und Hochzinsanleihen. Dieses Mal: „Wer traut sich?“

Seit dem Antritt des amerikanischen Präsidenten Mitte Januar haben die Börsen weltweit massive Zugewinne verzeichnen können. Der Markt für Mittelstandsanleihen stagniert jedoch weiterhin. Das liegt sicherlich auch an den massiven Unsicherheiten, die von den ehemaligen Emittenten verbreitet werden. Während bei der Insolvenz der Gebr. Sanders wohl zumindest für die Anleihegläubiger mit einer Quote zwischen 20 und 30% gerechnet werden kann, müssen die Anleihegläubiger der KTG Energie wohl auf alles verzichten.

Im Insolvenzverfahren der KTG Energie AG hat das Amtsgericht Neuruppin per Beschluss vom 10. Februar 2017 den Insolvenzplan bestätigt und die fehlende Zustimmung der Anleihegläubiger ersetzt. Trotz eines klaren Votums der Anleihegläubiger gegen den Plan wurde damit die weitaus größte Gläubigergruppe ignoriert – das Gericht folgte insofern der Argumentation der Eigenverwaltung.“ (BondGuide 14.02.2017).

One Square Advisory Services GmbH: KTG Energie AG: Gericht bestätigt Insolvenzplan und ersetzt die fehlende Zustimmung der Anleihegläubiger

Foto @ KTG Energie AG

Aus unserer Sicht hat hier wieder ein Unternehmen mit Hilfe verschiedener Investoren den Notausgang ESUG genutzt, um sich erfolgreich von seinen Fremdkapital-Belastungen – gleich Anleihegläubiger – zu entledigen. 50 Mio. EUR werden so einfach mal weggezaubert.

In diesem Zusammenhang werden auch Erinnerungen an die Pleite von Zamek wach. Auch hier bekamen Anleihegläubiger nichts, da sie ihr Geld an die Holding vergeben hatten, die rein formal einfach keine Substanz vorzuweisen hatte, nachdem die Tochtergesellschaften das einzig noch werthaltige Asset, das Grundstück in Düsseldorf, erfolgreich in ihre eigene Masse zurück geklagt hatten.

Ein solch „genialer Schachzug“ wurde auch bei der KTG Energie angewandt: „Die neuen Chefs meldeten auch für die KTG Energie Insolvenz an. Für die Holding, nicht aber für die rund 20 Tochterunternehmen, die das Biogas produzieren. Diese sind ja dank der festen Einspeisevergütungen profitabel. Die Holding, so argumentierten die Anwälte, war durch die Insolvenz der Mutter KTG Agrar selbst so in finanzielle Bedrängnis gekommen, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen konnte: Die Auszahlungen an die Anleihegläubiger und die Zwischenfinanzierung für die Biogas-Töchter.“ (HandelsBlatt vom 09.02.2017)

Wer traut sich?
In dieser Gemengelage versucht nun erneut ein Modeproduzent seine Anleihe zu prolongieren: Hemdenproduzent Eterna. „Der Markt für Mittelstandsanleihen gilt zwar vielen als tot, aber nicht alle Unternehmen ficht diese Auffassung an. Der Hemden- und Blusenhersteller Eterna bietet nun als Teil der Refinanzierung einer Alt-Anleihe eine neue Schuldverschreibung an, die mit einem Volumen von 25 Mio. EUR sogar verhältnismäßig groß ausfallen soll. Sie deckt zwar weniger als das halbe Volumen der Anfang Oktober fälligen, mit 8% verzinsten Anleihe ab, der Rest von rund 28 Mio. EUR soll indes aus einem Schuldscheindarlehen im Umfang von 33 Mio. EUR kommen.

ETERNA legt wichtigen Grundstein für erfolgreiche Anschlussfinanzierung der Anleihe 2012/2017

Foto @ ETERNA Mode Holding GmbH

Dieses laufe bei einem Zinssatz von 4,75% über dem Zinssatz 3-Monats Euribor (aktuell also 4,42%) bis zum Jahr 2021 und sei ’mit einer deutschen Geschäftsbank mit Investment Grade Rating vereinbart’“. (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.02.2017)

In dem von uns beschriebenen Umfeld am Anfang des Jahres 2017, kann es durchaus mutig genannt werden, eine Anleihe über 25 Mio. EUR platzieren zu wollen. Insbesondere kommt auch das Schuldscheindarlehen nur zur Auszahlung, wenn die Anleihe vollumfänglich platziert worden ist. Mutig ist das Unterfangen auch aus einem anderen Grund: Die Eigenkapitalquote liegt bei unter 10%. Damit käme im betriebswirtschaftlichen definierten Finanzierungsmix im Normalfall keine weitere oder erneute Fremdkapitalaufnahme in Frage, sondern es müsste eigentlich eine Eigenkapitalerhöhung durch Einlagen oder vom Kapitalmarkt angestrebt werden.

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.) und Roger Bürgin

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.) und Roger Bürgin

Die Situation am Markt für Mittelstandanleihen ist Anfang des Jahres 2017 noch immer stark von Unsicherheiten geprägt. So lange die Pleiten des vergangenen Jahres nicht seriös zusammen mit den Anleihegläubigern verarbeitet worden sind, wird es schwer fallen, Neuplatzierungen vorzunehmen.

20. Februar 2017
Kontakt: Ralf Meinerzag +49 69 297 16 172, sgmf@steubing.com, www.germanmittelstandfund.de

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