NZWL: „Tadelloser Track Record über mittlerweile acht Jahre“

Foto @ Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH

Die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH, kurz NZWL, tritt wie schon jährlich fast gewohnt mit einem neuen Anleihevorhaben an den Kapitalmarkt heran. BondGuide sprach dazu einmal mehr mit Geschäftsführer Dr. Hubertus Bartsch.*

BondGuide: Herr Dr. Bartsch, wie läuft es denn aktuell inmitten einer ‚Multikrise‘ mit Covid und Ukraine für einen Automobilzulieferer?
Bartsch: Gesamtwirtschaftliche Krisen, die wie derzeit die gesamte Welt betreffen, gehen natürlich auch an uns nicht spurlos vorüber. Mit der Transformation in der Energiewirtschaft haben wir als Automobilzulieferer noch ein Stück weit eine besondere Situation. Der Automobilmarkt wächst derzeit etwas abgeschwächt, aber für uns noch relativ okay. Im 1. Halbjahr 2022 konnten wir den Konzernumsatz von 76,7 auf 78,1 Mio. EUR steigern. Allerdings wurde auch unsere Ertragsentwicklung von höheren Materialpreisen geprägt – zusätzlich zur weiterhin herausfordernden Entwicklung im chinesischen Markt und niedrigeren sonstigen betrieblichen Erträgen. Vor diesem Hintergrund erreichte unser Konzern-EBITDA 11,2 Mio. EUR, nach 13,5 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2021; und unser Konzernhalbjahresüberschuss betrug 1,5 Mio. EUR nach 3,0 Mio. EUR vor einem Jahr. Das Konzerneigenkapital stieg von 25,8 auf 28,1 Mio. EUR zum 30. Juni 2022 versus dem Jahreswechsel, was einer Konzerneigenkapitalquote von 18,5% entspricht, gegenüber 17,9% zum Jahreswechsel. Unsere liquiden Mittel erhöhten sich gegenüber dem 31. Dezember von 20,6 auf 32,0 Mio. EUR zum 30. Juni 2022. Unser operativer Cashflow nahm im Halbjahresvergleich im Wesentlichen dank der Optimierung unseres Working Capitals von 7,6 auf 12,2 Mio. EUR zu.

„Die Lieferzeit von China nach Europa hat sich von zwischenzeitlich vier Monaten auf zwei reduziert.“

BondGuide: China, wo die NZWL ja ein wichtiges Werk unterhält, scheint aktuell eher hausgemachte Probleme durch seine Null-Covid-Politik zu haben. Wie wird die NZWL dadurch getroffen?
Bartsch: Covid war 2021 in China praktisch nicht mehr als Problem existent. Damit es so bleibt, hat sich die chinesische Regierung zur besagten Null-Covid-Strategie entschlossen. Diese hat aber Nebenwirkungen auf Lieferketten, wie wir alle wissen. Zwar nicht so sehr in Tianjin, wo wir unser Werk haben, doch deutlich spürbar in Shanghai und Chanchung, wo die Produktionen bei SAIC- und FAW-Volkswagen erheblich reduziert wurden. Durch unseren zweiten Großkunden neben Volkswagen, dem chinesischen Automobilhersteller Great Wall, konnten wir dies in China einigermaßen ausgleichen. Die Lieferzeit von China nach Europa hat sich von zwischenzeitlich vier Monaten auf zwei Monate reduziert. In Europa liegen wir im Großen und Ganzen im Plan, nach neun Monaten sogar rund 3% über dem Vorjahr beim Umsatz. In China sind wir nach dem zweiten Quartal wieder zurück im Plan. Traditionell ist das vierte Quartal das stärkste in unserem China-Geschäft. Wir sind also recht zuversichtlich, im laufenden Jahr insgesamt doch wieder im oder sogar leicht über Plan herauszukommen.

BondGuide: Wann konnten Sie denn zuletzt Ihrerseits im chinesischen Werk der NZWL mal nach dem Rechten sehen?
Bartsch: Ich bin eigentlich täglich in China – allerdings nur virtuell. Die aktuell weiterhin umfangreichen Quarantäne-Auflagen sind leider zu einschränkend für persönliche Besuche. Unsere Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitern vor Ort wie auch mit den chinesischen Partnern und Verantwortlichen ist jedoch weiterhin sehr gut und eng. Hier profitieren wir sicherlich stark davon, dass wir die Beziehungen bereits seit 2015 kontinuierlich und intensiv pflegen.

„Ich bin eigentlich täglich in China – allerdings nur virtuell. Die dortigen Corona-Auflagen sind leider zu einschränkend.“

BondGuide: Hilft denn aktuell, dass im Rahmen der Null-Covid-Vorgabe der chinesischen Behörden die NZWL mit Great Wall noch einen zweiten Großkunden hat, und zwar direkt vor Ort?
Bartsch: Ja, es ist definitiv sehr hilfreich, dass wir ca. 1/3 unseres Konzernumsatzes in China und davon ca. 1/3 mit Great Wall erzielen. Trotz des Commitments und der Unterstützung von VW war es uns von Anfang an wichtig, dass wir in China auch bei anderen OEMs zusätzliches Wachstumspotenzial nutzen können – genau das ist uns auch gelungen. Diese Strategie hat sich also als absolut richtig erwiesen und hilft uns sehr dabei, die aktuellen Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

BondGuide: Was macht ihr Werksanbau in Leipzig?
Bartsch: Die Werkserweiterung geht voran, wenn auch mit einer gewissen Verzögerung. Hier wirkt sich aus, dass Produkte wie zum Beispiel Trafos, Verkabelungen etc. aktuell nicht schneller beschafft und integriert werden können. Da hier bei uns nun permanent gebaut wird, mussten wir uns auch auf engeren Raum beschränken. Aber wir waren und sind immer lieferfähig. Wenn unser Anbau voraussichtlich 2023 fertiggestellt sein wird, erfahren Sie es als einer der Ersten – und wir werden Sie natürlich gerne zur Einweihung einladen.

„Wir waren und sind immer lieferfähig.“

BondGuide: Wenn Volkswagen ATJ oder Great Wall, also Ihre beiden großen Auftraggeber, neue innovative Teile plant, wer finanziert diesen Aufwand zur Neuentwicklung dann eigentlich? – da muss man als Zulieferer doch ganz schön in Vorleistung gehen, oder?
Bartsch: In der Tat müssen wir das selbst übernehmen. Allerdings hatten wir zum Beispiel vor dem Bau des Werkes in China auch eine entsprechende Zusage der chinesischen Verantwortlichen erhalten, dass wir adäquate Aufträge erhalten würden. Zudem besteht auch eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern, dass man uns Zulieferern eine faire Chance gibt, die Entwicklungskosten bis zur Serienreife und -fertigung wieder hereinzuholen – eben aus dem späteren Auftragsvolumen.

BondGuide: Wie sieht nun das aktuelle Anleihevorhaben aus in eigenen Worten?
Bartsch: Wir bieten zum einen den Inhabern der Anleihe 2017/23 einen Umtausch in die neue Anleihe 2022/27 an. Zum anderen ermöglichen wir allen interessierten Privatanlegern und institutionellen Investoren eine Neuzeichnung. Schon 2020 und auch 2021 war das Umfeld schwierig, aber wir haben trotzdem jeweils eine gute Umtauschquote und eine gute Platzierung erreicht. Daran möchten wir auch dieses Jahr wieder anknüpfen. Der Kurzläufer 2020/22 wurde pünktlich und vollständig zurückgezahlt. Unsere Investoren sehen: Wir sind ein sehr zuverlässiger Emittent. Die neue Anleihe ist für alle Investoren gedacht, die uns schon bisher die Treue hielten und damit gut gefahren sind. Und wir freuen uns natürlich auch ganz besonders über neue Interessenten, die nun auf die NZWL aufmerksam werden.

„Aus Investorensicht hat sich eine Vertrauensbeziehung zur NZWL entwickelt.“

BondGuide: Wie sehen denn mit der neuen Anleihe die Fälligkeiten für die NZWL aus? – inzwischen wird ja jedes Jahr eine Ihrer Anleihen fällig.
Bartsch: Als wir 2014 gestartet sind, haben wir uns gefragt: Passt ein börsennotiertes Produkt zur NZWL? Wie würden Investoren unser Unternehmen wahrnehmen? Inzwischen haben wir einen tadellosen Track Record über mittlerweile acht Jahre. Aus Investorensicht hat sich damit eine Vertrauensbeziehung zur NZWL entwickelt; und wir wiederum verfügen mit den Kapitalmarktprodukten über sehr gute alternative Finanzierungsmöglichkeiten. Aufgrund unserer positiven Erfahrungen mit dem Produkt börsennotierte Anleihe gibt es für die NZWL bis heute keinerlei Grund zur Klage. Deshalb werden wir dem Kapitalmarkt auch langfristig erhalten bleiben.

Dr. Hubertus Bartsch, CEO, NZWL

BondGuide: Herr Dr. Bartsch, ich bin froh, dass ich Ihnen dies zum Abschluss noch entlocken konnte – ganz herzlichen Dank wie gewohnt an Sie für Ihre Zeit und das Update!

Das Interview führte Falko Bozicevic.

*) Das Interview ist bereits am 18.11.2022 im BondGuide #23-2022 erschienen.

Fotos @ Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH