Ein großer Wurf zur Vermeidung von Corona-Insolvenzen – Wesentliche Aspekte des Entwurfs des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) – Teil I

Dr. Christian Becker (li) und Dr. Lutz Pospiech, GÖRG

Die Law Corner von Dr. Christian Becker, Partner, und Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat am 19.9.2020 den Entwurf zum Sanierungsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) veröffentlicht. Dieser beinhaltet unter anderem die Umsetzung der Richtlinie über den präventiven Restrukturierungsrahmen (Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20.6.2019) in deutsches Recht sowie Gesetzesänderungen auf der Grundlage der Evaluation des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (ESUG). Kernstück des SanInsFoG ist das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG-E). Mit dem StaRUG-E wird ein Rechtsrahmen für insolvenzabwendende Sanierungen geschaffen, die es Unternehmen ermöglicht, sich auf der Grundlage eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans zu sanieren. Einzelne Gläubiger sind nach den Regelungen dieses Gesetzes nicht mehr in der Lage das Sanierungsvorhaben zu blockieren und damit zu Fall zu bringen.

Mit diesem Gesetz können in Zukunft Unternehmen durch Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger, die von der Sanierung betroffen sein sollen, im Vorfeld und außerhalb einer Insolvenz Sanierungen rechtssicher durchführen. Das Gesetz soll bereits zum 1.1.2021 in Kraft treten: zu dem Zeitpunkt, zu dem die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen insolvenzrechtlicher Überschuldung endet.

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über wesentliche Regelungen des StaRUG-E.

Allgemeines
Das StaRUG geht davon aus, dass im Falle einer Krise das Unternehmen mit seinen wesentlichen Gläubigern einen Restrukturierungsplan entwickeln kann. Der Restrukturierungsplan ist auch das Kernstück des neuen StaRUG. Nach dessen Regelungen kann das Unternehmen diesen Restrukturierungsplan weitgehend autonom mit den betroffenen Gläubigern verhandeln und von der Mehrheit der betroffenen Restrukturierungsgläubiger beschließen lassen. Zudem kann das Unternehmen auf Sanierungsinstrumente aus einem vom neuen Gesetz zur Verfügung gestellten modularen Baukasten zugreifen, um das Sanierungsvorhaben durch Inanspruchnahme verfahrensmäßiger Unterstützungen durch das neu zu schaffende Restrukturierungsgericht und verschiedene neu geschaffene Instrumente zur Sanierung der Unternehmen zu ermöglichen und umzusetzen.

Foto: © knautschbaer – stock.adobe.com

Zugang zum präventiven Restrukturierungsrahmen
Zugang zum Instrumentenkasten des StaRUG erhalten Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig i.S.d. § 18 InsO sind (§ 29 I StaRUG-E), bei denen also innerhalb eines Prognosezeitraums von in der Regel 24 Monaten mit dem Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit zu rechnen ist. Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig oder insolvenzrechtlich überschuldet sind, haben keinen Zugang zum präventiven Restrukturierungsrahmen. Das SanInsFoG regelt neu, dass für die Annahme einer positiven Fortführungsprognose, die eine insolvenzrechtliche Überschuldung ausschließt, ein Zeitraum von 12 Monaten zugrunde zu legen ist (§ 19 II InsO-E).

Mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht wird die Restrukturierungssache rechtshängig. (§ 31 III StaRUG-E). Einer Zustimmung des Gerichts bedarf es nicht. Ab diesem Zeitpunkt kann das Unternehmen Instrumente des Stabilisierung- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch nehmen § 31 I StaRUG-E.