Law Corner: Kein gesetzlicher Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters gegen Schuldverschreibungsgläubiger

Sven Radke, RA, Heuking
Sven Radke, RA, Heuking

Der Law Corner Beitrag von Sven Radke, LL.M., Rechtsanwalt und Salaried Partner, Heuking Kühn Lüer Wojtek

In zwei Urteilen haben die Amtsgerichte Essen-Borbeck (Urt. v. 14.3.2019 – 24 C 33/18) und Detmold (Urt. v. 1.2.2019 – 6 C 287/18) das Bestehen eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs des nach Insolvenzeröffnung bestellten gemeinsamen Vertreters gegen Anleihegläubiger verneint. Die Urteile reihen sich ein in vorangegangene Gerichtsentscheidungen zur Vergütung des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren.

Den Entscheidungen lag in beiden Fällen die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Emittentin gemäß § 19 Abs. 2 SchVG zugrunde.

Der gemeinsame Vertreter hatte jeweils einzelne Anleihegläubiger auf Zahlung seiner Vergütung in Anspruch genommen.

Beide Gerichte sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass der gemeinsame Vertreter weder vertragliche noch gesetzliche Ansprüche gegen die Anleihegläubiger hatte:

Zunächst schied ein vertraglicher Anspruch mangels Vorliegen einer Vereinbarung zwischen dem gemeinsamen Vertreter und den Anleihegläubigern aus. Auch in der Beschlussfassung der Gläubigerversammlung zur Bestellung des gemeinsamen Vertreters konnte kein (konkludenter) Vertragsschluss gesehen werden. Dem stehe das Verbot der Nachschusspflicht der Anleihegläubiger gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG entgegen.

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Auch ein gesetzlicher Anspruch bestehe nach Auffassung der Gerichte nicht. Denn nach § 7 Abs. 6 SchVG ist die Vergütung des gemeinsamen Vertreters von der Emittentin zu tragen. Nach der Gesetzesbegründung beruhe dies darauf, dass die Schuldverschreibungsgläubiger über keine gemeinsamen Mittel verfügen. Im Einklang mit dieser Begründung gelte die Kostentragungspflicht der Emittentin nach Auffassung der Amtsgerichte auch für den Fall der Bestellung des gemeinsamen Vertreters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Denn weder die Regelung des § 19 SchVG noch die Insolvenzordnung sehen abweichende Regelungen vor.

Dem für den gemeinsamen Vertreter unbefriedigenden Ergebnis, den Vergütungsanspruch nur gegen die oftmals vermögenslose Emittentin geltend machen zu können, könne der gemeinsame Vertreter allerdings dadurch entgegenwirken, dass er die Übernahme seiner Tätigkeit von der Kostentragung durch die Anleihegläubiger oder der Begleichung seiner Vergütung aus der vom gemeinsamen Vertreter erzielten Befriedigungsquote abhängig macht.

Die Urteile sind im Zusammenhang mit vorangegangenen Urteilen des BGH zu sehen: So hatte der BGH 2017 entschieden, dass die Vergütung des nach Insolvenzeröffnung bestellten gemeinsamen Vertreters grundsätzlich keine Masseverbindlichkeit darstellt und somit nur zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann. Zwar kann unter gewissen Voraussetzungen durch Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter eine Masseverbindlichkeit begründet werden (vgl. hierzu Becker/Pospiech, in: Law Corner v. 10.4.2017).

Offenbar lag aber in den von den Amtsgerichten nun entschiedenen Fällen eine solche Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter nicht vor, so dass der gemeinsame Vertreter jeweils versuchte, Anleihegläubiger direkt in Anspruch zu nehmen.

Eine Inanspruchnahme der Anleihegläubiger erfordert allerdings eine vertragliche Vereinbarung, wie die Entscheidungen der Amtsgerichte noch einmal gezeigt haben. Diese ist insbesondere im Hinblick auf etwaige Prozesskosten des gemeinsamen Vertreters zur Durchsetzung der Ansprüche der Anleihegläubiger ratsam. Denn nach einer Entscheidung des BGH sind diese Kosten nicht nach § 7 Abs. 6 SchVG von der Emittentin, sondern den Anleihegläubigern zu tragen. In diesen Fällen sollte der gemeinsame Vertreter daher unbedingt eine Vereinbarung mit den Anleihegläubigern treffen, um das Risiko einer Vorfinanzierung der Prozesse durch ihn zu vermeiden (vgl. hierzu Pospiech/ Rüberg, Law Corner v. 22.2.2019).

Fazit
Die Entscheidungen der Amtsgerichte verdeutlichen einmal mehr, dass der gemeinsame Vertreter bei einer Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens frühzeitig Regelungen zur Absicherung seiner Vergütung treffen sollte.