Law Corner: BGH: Emittent trägt keine Prozesskosten des gemeinsamen Vertreters in Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen der Anleihegläubiger

Der Law Corner Beitrag von Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, und Dr. Josepha Rüberg, Associate, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Anm.d.Red: Einen aktuellen und auch auf Privatpersonen zugeschnittenen Ratgeber-Artikel zum Thema Prozesskostenhilfe finden Sie unter diesem Link.

In seiner zwar bislang im Schrifttum kaum thematisierten, aber praxisrelevanten Entscheidung vom 14.7.2016 hat der BGH klargestellt, dass die Prozesskosten eines gemeinsamen Vertreters in Verfahren, die Anleihegläubiger zur Durchsetzung ihrer Ansprüche aus den Schuldverschreibungen anstrengen, nicht zu den vom Emittenten zu tragenden Aufwendungen des gemeinsamen Vertreters gehören. Die Kosten eines im Gläubigerinteresse geführten Prozesses sind vielmehr von den Anleihegläubigern selbst aufzubringen.

Urteil des BGH (Az. IX ZA 9/16)
In dem der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt hatte der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger der Forderungsanmeldung eines anderen Gläubigers zur Insolvenztabelle widersprochen. Zur Rechtsverteidigung gegen die von diesem angestrengte Forderungsfeststellungsklage hatte der gemeinsame Vertreter Prozesskostenhilfe (PKH) kraft Amtes nach § 116 ZPO beantragt. Nachdem die Vorinstanzen dies abgelehnt hatten, begehrte der gemeinsame Vertreter die Bewilligung von PKH für das Rechtsbeschwerdeverfahren.

Der BGH hatte die Frage zu klären, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH vorlagen.

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Gemeinsamer Vertreter keine Partei kraft Amtes
Laut BGH ist der gemeinsame Vertreter keine Partei kraft Amtes, sondern ein rechtsgeschäftlicher Vertreter. Die einzelnen Bestimmungen des SchVG zum gemeinsamen Vertreter wie etwa das Weisungsrecht oder die Befugnis der Anleihegläubiger, den gemeinsamen Vertreter jederzeit ohne Angabe von Gründen abzuberufen, seien typisch für einen rechtsgeschäftlichen Vertreter. Das SchVG enthalte keinen Anhaltspunkt, dass der gemeinsame Vertreter ein Amt ausüben soll, das von der auf den Mehrheitsbeschluss der Gläubiger zurückgehende Bevollmächtigung unabhängig ist. Aufgabe des gemeinsamen Vertreters sei es vielmehr, die Interessen der von ihm vertretenen Anleihegläubiger zu wahren.

Die Bewilligung von PKH für den gemeinsamen Vertreter richte sich somit nicht nach § 116 ZPO, sondern nach den allgemeinen Regeln der §§ 114, 115 ZPO. Danach kommt es für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen gemeinsamen Vertreter allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der vertretenen Anleihegläubiger an. Hierzu hatte der gemeinsame Vertreter jedoch nichts vorgetragen.

Keine Kostentragungspflicht des Emittenten
Zudem hat der BGH klargestellt, dass Prozesskosten jedenfalls dann nicht zu den nach § 7 VI SchVG vom Emittenten zu ersetzenden Aufwendungen des gemeinsamen Vertreters gehören, wenn sie für Prozesse anfallen, die Anleihegläubiger zur Durchsetzung ihrer Ansprüche aus den Schulverschreibungen führen. Das SchVG enthalte keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Emittent verpflichtet werden sollte, die Kosten einer von den Gläubigern in ihrem eigenen Interesse angestrengten Prozessführung zu finanzieren.

Ob der Emittent dem gemeinsamen Vertreter darüber hinausgehende Prozesskosten zu ersetzen hat, konnte der BGH offenlassen.

Fazit
Zwar überzeugt u.E. die Argumentation des BGH, dass der gemeinsame Vertreter mit den anerkannten Fallgruppen einer Partei kraft Amtes, die kraft gesetzlicher Anordnung fremde Interessen wahrnimmt, nicht vergleichbar ist. Doch wird ihm durch die Entscheidung des BGH die Erfüllung seiner Pflichten in der Praxis erheblich erschwert: Hat der gemeinsame Vertreter ein umfassendes Mandat inne, ist er ggf. auch zu einer gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche der Anleihegläubiger verpflichtet. Die Gewährung von PKH ist dann wegen der Anonymität der Anleihegläubiger nahezu ausgeschlossen. Wegen des Verbots der Nachschusspflicht (§ 5 I S. 3 SchVG) können die Anleihegläubiger ebenso wenig eine kollektive Prozessfinanzierung beschließen. Möchte der gemeinsame Vertreter den Prozess nicht selbst vorfinanzieren, ist er daher auf die Bereitschaft einzelner Anleihegläubiger, die Prozesskosten vorzuschießen, angewiesen.

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