Dr. Horst Wiesent, SeniVita Social Estate AG: „Neuen Standard für Pflegebedürftige schaffen“

Immer mehr Nachfrage gibt es nach Projekten der SeniVita Sozial gGmbH, seniorengerechtes Wohnen mit ambulanter Pflege und Tagespflege zu verbinden. Um mehr solcher Pflegezentren mit Appartements bauen und vermarkten zu können, hat der Seniorenheimbetreiber mit dem Baukonzern Ed. Züblin ein Joint Venture gegründet, das in Kürze eine Wandelanleihe mit einem Volumen bis zu 50 Mio. EUR anbietet. Im Gespräch mit BondGuide erläutert CEO Dr. Horst Wiesent die Ziele der neuen Gesellschaft, warum er auf mehr Eigenkapital setzt und welche Sicherheiten die Wandelanleihe bietet.

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BondGuide: Herr Dr. Wiesent, manche Unternehmen begeben seit zehn Jahren immer wieder neue Anleihen. Sie haben 2011 einen Bond und im letzten Jahr einen Genussschein emittiert. Jetzt gehen Sie mit einer Wandelanleihe an die Börse.
Wiesent: Die Anleihe kam von der SeniVita Sozial und war eine Wachstumsfinanzierung für unser Konzept „Altenpflege 5.0“. Wir haben damit Immobilien gekauft und drei Häuser gebaut. 2014 machte ein Genussschein Sinn, da wir Eigenkapital benötigten. Das war auch mit einer gewissen Strategieänderung verbunden: Wir wollten nicht mehr über Fremdkapital, sondern über Eigenkapital wachsen. Mit der jetzigen Wandelanleihe soll das neugegründete Joint Venture SeniVita Social Estate finanziert werden. Wir brauchen Fremdkapital, da wir aktuell eine Reihe von Projekten für Wohnanlagen in der Schublade haben, die wir sonst verschieben oder aufgeben müssten. Später wollen wir die Gesellschaft aber mit mehr Eigenkapital ausstatten.

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BondGuide: Anlegern bietet eine Wandelanleihe zusätzliche Renditechancen. Wo liegen die Vorteile auf Ihrer Seite?
Wiesent: Mit dem Volumen von 50 Mio. EUR können wir bankenunabhängig 5 bis 10 neue Grundstücke erwerben und Pflegewohnanlagen nach dem Konzept der „Altenpflege 5.0“ bauen. Diese Wohnungen werden verkauft und mit den Erlösen lassen sich neue Projekte realisieren. Jedes Jahr möchten wir 5 bis 10 solcher Einrichtungen entwickeln und die Wohnungen verkaufen – bis auf einen Anteil von etwa 20%, den die Social Estate selbst im Bestand behalten wird. Das lässt sich aber nur mit einer Anleihe finanzieren. Bei einer reinen Bankenfinanzierung müssten wir bereits vor dem Projektstart 60-70% Abverkäufe der Wohnungen vorlegen. Die Wandlung ist auch für Anleger interessant, da sie an einem möglichen Unternehmenserfolg teilhaben können. Mein Ziel ist, mit der Wandelanleihe möglichst viel Eigenkapital ins Unternehmen zu holen. 2018 wollen wir mit der Social Estate an die Börse gehen. Dann sollte der Aktienkurs so attraktiv sein, dass die meisten der Anleger ihre Anleihen in Aktien umtauschen werden.

BondGuide: Weshalb war für Ihre Wandelanleihe ein Joint Venture notwendig?
Wiesent: Die SeniVita Sozial ist gemeinnützig und soll dauerhaft gemeinnützig bleiben. Damit lässt sich ein Geschäftsmodell, das Pflegeimmobilien bauen und die Wohnungen gewerblich verkaufen will, nicht verwirklichen. Mit „Altenpflege 5.0“ wollen wir einen neuen Standard für Pflegebedürftige schaffen. Dazu brauchen wir allerdings eine viel größere Zahl solcher Einrichtungen. Allein können wir sie nicht entwickeln. Ein so starkes Wachstum ist nur gemeinsam mit unserem großen Baupartner Ed. Züblin zu erreichen.

BondGuide: Sie wollen Einrichtungen kaufen und nach Ihrem Konzept „Altenpflege 5.0“ umbauen. Wie soll nach Ihren Vorstellungen Seniorenpflege in Zukunft aussehen?
Wiesent: Altenpflege 5.0“ bedeutet, dass seniorengerechtes Wohnen in der Mietwohnung, Pflege in der Wohnung und Tagesbetreuung unter einem Dach möglich sind. Die Bewohner entscheiden selbst, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen wollen. Für sie bietet das Konzept viele Vorteile: mehr Wohnkomfort, mehr Privatheit, mehr Wahlmöglichkeiten und mehr Pflegequalität. Durch individuellere Leistungen und die stärkere Förderung durch Kostenträger und Politik ergeben sich für die Bewohner günstigere Angebote. Dies erhöht die Nachfrage, was sich wiederum positiv auf den Verkauf der Wohnungen auswirkt.

BondGuide: Wozu wollen Sie die Finanzmittel aus dem Bond konkret verwenden?
Wiesent: Wir haben aktuelle Projekte in Maisach, Bad Wiessee und Ebelsbach, bei denen wir uns zum Teil bereits die Grundstücke gesichert haben. Wir wollen in Oberbayern auch eine bestehende Einrichtung kaufen. Sie wird in Wohnungen aufgeteilt, die wir weiterverkaufen. Wir haben noch weitere Projekte in der Pipeline, bei denen wir sofort loslegen können, sobald die Anleihegelder da sind. Deshalb werden wir die 50 Mio. EUR sehr schnell verwerten können. Unser Ziel ist, unmittelbar nach dem Bau mit dem Verkauf der Wohnungen zu starten, damit das Geld wieder zurückfließt. So wollen wir jedes Jahr 5 bis 10 Projekte an verschiedenen Standorten realisieren.

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BondGuide: Euler Hermes hat Ihre Wandelanleihe mit BB bewertet. Wo sehen Sie die Risiken?
Wiesent: Wir schätzen die Risiken geringer als die Ratingagentur ein, da wir uns nicht als Startup-Unternehmen einstufen. Das Geschäftsmodell der SeniVita Social Estate ist jahrelang bewährt. Auch die Zusammenarbeit mit Ed. Züblin funktioniert seit sechs Jahren problemlos. Die größten Risiken bestehen im Franchise-Konzept. Die Betreiber müssen ausgesucht und der Betrieb vor Ort sichergestellt werden. Das sehen wir als größte Herausforderung. Wir sind in Verhandlungen mit mehreren großen Partnern. Außerdem haben wir die SeniVita Sozial mit 50 Mio. EUR Eigenkapital im Rücken, die den Betrieb auch übernehmen kann.

BondGuide: Anleger schauen bei kleineren Anleihen immer mehr auf Sicherheiten. Bieten Sie besondere Schutzrechte?
Wiesent: Ja, es gibt ein besonderes Sicherungskonzept. Unsere Wandelanleihe ist natürlich mit den üblichen Sonderkündigungsrechten wie Kontrollwechsel und Drittverzug ausgestattet. Zudem darf die Gesellschaft höchstens 30% des Vorjahresüberschusses ausschütten.

BondGuide: Ihre Anleihe bietet Anlegern erstrangige Grundschulden auf angekaufte Grundstücke. Wie sieht die Besicherung genau aus?
Wiesent: Den gesamten Mittelzufluss aus der Anleihe bekommt zunächst ein Treuhänder. Er darf nur auszahlen, wenn ein Baugutachten über Grundstück und zu errichtendes Gebäude vorliegt. Außerdem muss eine adäquate Grundschuld zugunsten des Treuhänders eingetragen werden. Erst danach darf der Treuhänder eine Rechnung bezahlen. Nicht zuletzt gibt es eine Sicherungsabtretung hinsichtlich aller Ansprüche auf Veräußerungserlöse und Mietzahlungen sowie eine fortlaufende Verwahrung von Projekterlösen und Mietzahlungen als Barsicherheit. Der Wert aller Sicherheiten deckt also den Nominalbetrag der Wandelanleihe.

BondGuide: Sie verfolgen das Ziel, später auch aktienseitig die Börse zu gehen. Warum gerade 2018?
Wiesent: Zum einen verpflichten wir uns mit der Wandelanleihe dazu. Ansonsten würde eine Wandelanleihe keinen Sinn machen. Zudem verfolgen wir das Ziel, mehr Eigenkapital in das Unternehmen zu bringen, damit wir weiter wachsen können und Immobilienbesitz im Unternehmen haben. 2018 ist für uns ein wichtiges Jahr, weil dann die relativ geburtenstarken Jahrgänge 1933 bis 1942 in die Pflege kommen werden.


BondGuide:
Herr Dr. Wiesent, vielen Dank für das interessante Gespräch!

Das Interview führte Thomas Müncher.