Value-Titel vor Big Tech vorzuziehen

Für Aktien gibt es nach wie vor aussichtsreichen Spielraum für Kurssteigerungen – allerdings vorzugsweise bei Value-Titeln, weniger bei Big Tech . Von Guillaume Brisset, CEO und Fondsmanager bei Clartan Associés

Die Konjunkturaussichten sind nach wie vor gedämpft, der Internationale Währungsfonds rechnet inzwischen mit einem weltweiten Wachstum von 3,2% in diesem Jahr. Doch trotz des allgegenwärtigen Schreckgespenstes eines weitreichenden globalen Abschwungs ging es an den Aktienmärkten zuletzt aufwärts. Begründet liegt dies vor allem darin, dass der größte Teil des Zinserhöhungsweges bereits zurückgelegt zu sein scheint und die Konjunkturschwäche in den Börsenkursen weitgehend eingepreist ist.

In der Folge rutscht der Anlegerblick vom makroökonomischen Gesamtumfeld wieder stärker hin zur mikroökonomischen Prüfung von Unternehmen. Insbesondere solche mit nachhaltiger Preismacht und vernünftigen Bewertungskennzahlen profitieren von dieser Entwicklung.

Value im Aufwind

Ins Gewicht fällt auch die jüngste Salve von Gewinnveröffentlichungen, welche die Resilienz von Value-Titeln wieder sichtbar gemacht hat. So verzeichnet Publicis im dritten Quartal ein Geschäftswachstum von +23,5% und erhöht zum zweiten Mal seine Ziele für das organische Wachstum und die Margen. In ähnlicher Weise erwartet Sanofi für das Gesamtjahr einen Gewinnanstieg von ca. 16%, nachdem die operative Performance die eigenen Erwartungen deutlich übertroffen hat. Ein weiteres Beispiel ist der schwedische Anbieter von Lösungen zur energieeffizienten Luftbehandlung Munters. Mit einem gestiegenen Auftragsbestand um 145% weist das Unternehmen eine beeindruckende Geschäftsdynamik auf.

Big Tech lässt Federn

Die Euphorie ist allerdings nicht allgemeingültig. Auch wenn einige Marktteilnehmer aufgrund ihrer Qualität und Stellung im Markt einem Turnaround entgegenblicken mögen, ist die Situation für Akteure mit hohem Fremdkapitaleinsatz immer noch prekär. Die erwartete weltweite Inflation für dieses Jahr beträgt 8,8%, dementsprechend werden die Zentralbanken die Geldschraube weiter anziehen.

Die Zinsen für 10-jährige US-Staatsanleihen liegen inzwischen bei 4,1 % – die finanzielle Gleichung für verschuldete Wirtschaftsakteure ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren nicht wiederzuerkennen. Die Schuldner schauen nun auf die Entscheidungen der FED oder der EZB und deren soziale Auswirkungen. Neben Staaten und Haushalten gehören dazu eben auch Unternehmen, viele davon im Technologiesektor beheimatet.

Guillaume Brisset

Vor allem bei den großen Tech-Unternehmen waren die veröffentlichten Zahlen weniger zuträglich und lagen unter den Erwartungen, die durch ihre zuvor hohen Bewertungen geweckt wurden. Die Kurse von Alphabet, Amazon oder Meta fielen in der Folge allesamt um 9,5%, 15% bzw. 32%. Die NASDAQ stieg im Oktober nur um 4,5%, während der S&P 500 um 8,6% zulegte. Aber auch für Anleiheinvestoren ist 2022 ein schlechtes Jahr, da Anleihen im Zuge des Zinsanstiegs an Wert verloren haben. Für Aktien gibt es nach wie vor aussichtsreichen Spielraum für Kurssteigerungen – allerdings vorzugsweise bei Value-Titeln.

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